«Wir sind es gewohnt, unter Druck zu sein»
15.08.2025 Bezirk Sissach, Finanzen, Wirtschaft, Tenniken, BaselbietRego-Fix-CEO Richard Weber zu den Massnahmen nach dem Zollhammer
Rund ein Drittel des Umsatzes erzielt die Tenniker Rego-Fix in den USA. Der US-Zollhammer trifft sie hart. Die USA werden für die Herstellerin hochpräziser Werkzeugspannsysteme aber ein wichtiger Markt bleiben. ...
Rego-Fix-CEO Richard Weber zu den Massnahmen nach dem Zollhammer
Rund ein Drittel des Umsatzes erzielt die Tenniker Rego-Fix in den USA. Der US-Zollhammer trifft sie hart. Die USA werden für die Herstellerin hochpräziser Werkzeugspannsysteme aber ein wichtiger Markt bleiben. Weitere Märkte – und Branchen – werden laufend erschlossen.
Christian Horisberger
Der US-Präsident hat in willkürlicher Art und Weise die Schweizer Exportindustrie stark geschwächt. Herr Weber, was würden Sie ihm sagen, wenn Sie die Gelegenheit für ein Gespräch mit Donald Trump hätten?
Richard Weber: Ich würde ihm aufzeigen, wer die Schweiz wirklich ist, damit er sich ein gutes Bild von ihr machen kann.
Ist das alles? Sie würden keine Forderungen an ihn stellen?
Ich würde versuchen, bessere Rahmenbedingungen zu erhalten.
Sie würden ihm tatsächlich nicht sagen, dass seine Berechnungsgrundlage falsch ist und die 39 Prozent Strafzoll willkürlich und unfair sind?
Dazu fehlen mir die Kenntnisse. Ich masse mir nicht an, die US-Regierung zu kritisieren.
Die 39 Prozent Zusatzzoll kamen am 1. August aus heiterem Himmel. Wie hat Ihr Unternehmen darauf reagiert?
Während andere am 1. August Würste gebraten haben, hat unsere Geschäftsleitung gehandelt und umgehend kurzfristige Massnahmen ergriffen.
Welche?
Wir haben eine Lagerverschiebung vorgenommen. Wir füllten das Lager der Rego-Fix USA in Indianapolis noch zu den alten Zolltarifen auf. Am Wochenende wurden der Bedarf und die Luftfrachtkapazitäten geprüft und am Montagmorgen der Transport vorbereitet und die mehrere Tonnen schwere Fracht aufgegeben.
Haben Sie Produkte, die für andere Märkte vorgesehen waren, «umgeleitet»?
Nein. Unser Hauptlager in der Schweiz ist sehr gut bestückt. Es ist Teil unserer Strategie, dass wir immer gut ab Lager liefern können und entsprechend grosse Bestände vorhanden sind. Diese Strategie hat sich einmal mehr bewährt.
Für wie lange kann Rego-Fix USA seine Kunden mit den nicht mit Zusatzzöllen belasteten Produkten bedienen?
Für mehrere Monate besteht volle Verfügbarkeit.
Trifft Trumps Zollzuschlag Ihre US-Kunden nun in vollem Umfang?
Für alles, was «Swiss made» ist, gelten in den USA nun veränderte Rahmenbedingungen. Wir machen auf unsere Preise einen Aufschlag für die Importsteuer – allerdings nicht im vollen Umfang von 39 Prozent. Einen Teil übernehmen wir. Wie hoch dieser Anteil ist, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Bei der Preisbildung orientieren wir uns am Markt. Man wird sehen, was unsere Mitbewerber aus Europa und Asien machen, die ja auch mit den neuen Zöllen belastet sind.
Immerhin hat die Rego-Fix kaum amerikanische Hersteller als Konkurrenten, die sich durch die Einfuhrzölle einen grossen Marktvorteil verschaffen könnten. Glück im Unglück?
Weder noch. Es ist schlicht eine Tatsache, dass wir nicht gleich lange Spiesse wie unsere Mitbewerber haben. Eine ähnliche Situation haben wir bereits bei der Währung: Der Schweizer Franken wurde über Jahre immer stärker und hat damit im internationalen Wettbewerb Ungleichheit geschaffen. Wir sind daher immer daran, zu optimieren und uns zu verbessern. Wir sind es also gewohnt, unter Druck zu sein. Aber der Zusatzzoll ist für uns schon ein harter Schlag. Die Rahmenbedingungen haben sich über Nacht verändert.
Wo können Sie sich noch verbessern? Haben Sie die Zitrone nicht längst ausgepresst?
Sowohl in der Administration als auch in der Fertigung bestehen sehr viele Möglichkeiten, um dank neuer Technologien Optimierungen zu erzielen. Wir staunen selber immer wieder, wie sich die Technologie entwickelt und neue Möglichkeiten eröffnet. Wir haben sehr viele Optimierungsprojekte am Laufen, auch mit KI.
Die Rego-Fix beschäftigt 350 Mitarbeitende, davon 270 in Tenniken. Wie haben Ihre Mitarbeitenden auf den Zollhammer reagiert?
Grundsätzlich waren wir alle konsterniert, und alle verfolgen nun über alle möglichen Kanäle eng, wie es mit den USA weitergeht. Die von der Lagerverschiebung in die USA betroffenen Mitarbeitenden haben toll mitgemacht, damit die grosse Fracht in kürzester Zeit abgewickelt werden konnte. Wenn man gemeinsam so ein Ziel erreichen kann, schweisst das auch zusammen.
Derzeit ist in Tenniken, wo die Rego-Fix produziert, ein Neubau am Entstehen, der Mitte nächsten Jahres bezogen werden soll. Welchen Einfluss hat der Zollhammer darauf?
Keinen. Der Neubau ist Bestandteil unserer vor Jahren beschlossenen Wachstumsstrategie, wofür wir Maschinen beschafft und Personal aufgebaut haben. Uns mangelt es in den bestehenden Räumen an Platz; der Neubau ist ein Befreiungsschlag. Von den jüngsten Ereignissen ist er nicht tangiert. Aber: Wir sind mit weiteren Investitionen sicher sehr vorsichtig.
Das für die Rego-Fix wichtige US-Geschäft wird erschwert. Sondieren Sie aufgrund dessen neue Märkte?
Unabhängig von der aktuellen Situation sind wir laufend daran, im Vertrieb – nicht mit der Produktion; diese verbleibt in der Schweiz – zu expandieren. Wir dehnen uns sowohl geografisch als auch in neue Industrien in Europa, Asien und Südamerika aus und werden Märkte dazugewinnen. In den Vereinigten Staaten, wo «Swiss quality» ein hohes Ansehen geniesst, sind wir bereits sehr präsent und auch sehr gut vernetzt, und sie werden ein wichtiger Markt bleiben.
Wie stark sind Ihre Kunden an Rego-Fix-Produkte gebunden?
Es gibt unterschiedliche Spannsysteme auf dem Markt. Wenn man sich für eines entschieden hat, dann arbeitet man damit.
Auch, wenn sich die Produkte extrem verteuern?
Handelt es sich um unser Flaggschiff Power-Grip, müsste man komplett auf ein neues System umstellen. Das ist sehr unwahrscheinlich. Es ist die Technologie, die bestimmt, und nicht der Preis. Doch selbst für die beste Technologie gibt es eine Schmerzgrenze. Unter diesem Druck stehen wir absolut. Wir haben auch Spannsysteme im Angebot, die auch anderswo bezogen werden können. Dort ist es ein Abwägen von Preis und Qualität, wofür man sich entscheidet.
Bundespräsidentin Karin Keller-Suter hat Nachverhandlungen mit den Vereinigten Staaten angekündigt, Branchenvertreter sollen involviert werden. Was bekommen Sie davon mit?
Wir stehen in engem Austausch mit dem Verband Swissmem, dem wir angehören, der wiederum in Zusammenarbeit mit dem Seco steht. Vom Verband erhalten wir laufend Informationen.
Was sind Ihre Forderungen an die Politik?
Die Rahmenbedingungen für USA-Exporte haben sich für uns über Nacht verändert. Es ist auch Sache der Politik, die Handelsverbindungen zu den Vereinigten Staaten, aber auch zu anderen Nationen und Wirtschaftsregionen zu verbessern. Freihandelsabkommen bringen uns beispielsweise sehr viel. Unser Unternehmen hat Wachstum in den verschiedensten Märkten – als Ergebnis von verbesserten Rahmenbedingungen. Freihandelsabkommen sind langfristig von grosser Wichtigkeit für den Fortbestand der Schweizer Industriebetriebe.
Welche Gebiete auf der Welt möchten Sie erobern?
Wir sind bereits in mehr als 50 Ländern tätig. Unter anderem in China, was für ein in der Schweiz produzierendes Unternehmen keine Selbstverständlichkeit ist. Als interessante Märkte betrachte ich beispielsweise die Mercosur-Staaten mit Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und Bolivien. Überall da, wo Industrie ist, wo Maschinen verkauft werden und industriell produziert wird, müssen wir vor Ort sein.
Vier Voranmeldungen für Kurzarbeit
ch. Im Zusammenhang mit den US-Zöllen sind beim Kantonalen Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (Kiga) vier Voranmeldungen für 269 Mitarbeitende eingegangen. Von zwei dieser Betriebe sei bislang Kurzarbeit für 40 Mitarbeitende abgerechnet worden, erklärt der stellvertretende Amtsleiter Roman Zaugg auf Anfrage. Anders als während der Corona-Pandemie, als die Voranmeldungen über ein vereinfachtes Verfahren eingereicht werden konnten, gelte im Zusammenhang mit den US-Zöllen das übliche, bewährte Prozedere: Jeder Fall wird einzeln geprüft. Das antragstellende Unternehmen muss seine Beschäftigungseinbrüche belegen und aufzeigen, welche Massnahmen es trifft, um die Schwankung auszugleichen, um wieder zur gewohnten Auftragsstärke zu kommen. Im Fall der US-Zollsituation hiesse das beispielsweise, welche Anstrengungen unternommen werden, um neue Absatzmärkte zu erschliessen.
Insgesamt sind beim Kiga zurzeit 16 Betriebe mit 617 Arbeitnehmenden für Kurzarbeit vorangemeldet. Für 12 Betriebe und 151 Angestellte wurde bereits Kurzarbeit abgerechnet. Roman Zaugg beurteilt das aktuelle Niveau der Kurzarbeit im Vergleich zu früheren Phasen als nach wie vor niedrig, sowohl generell als auch bezogen auf die US-Zölle.
US-Zentrum für Technologieaustausch und Bildung
vs. Das US-Geschäft ist für die Rego-Fix mit einem Drittel ihres Gesamtumsatzes von grosser Bedeutung. Den Grundstein dafür legte das Baselbieter Unternehmen bereits 1988 mit dem Aufbau einer Niederlassung im US-Bundesstaat Indiana durch Andreas Weber. Heute beschäftigt Rego-Fix USA 30 Mitarbeitende. Diese befassen sich nicht nur mit dem Vertrieb, sondern auch mit dem Wissenstransfer zwischen Schweizer Präzision und den Anforderungen des amerikanischen Markts: Im Herbst vergangenen Jahres hat Rego-Fix USA dafür das «Center for Machining Excellence (CME)» eröffnet. Hier werden Schweizer Bearbeitungstechnologien auf mehreren Fräs- und Drehmaschinen in realen Anwendungen demonstriert. Angesprochen sind unter anderem Vertreter von US-Industrien wie Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt, Automobilbau oder Rüstung, wie es im Beschrieb des Zentrums heisst. Im weiteren dient es der Bildung: Fachleute vermitteln an Seminaren, Schulungen und Live-Demonstrationen die komplexen Fertigungsprozesse an US-Fachkräfte, Hochschulen, Vertriebspartner und Entscheidungsträger. Wie Rego-Fix weiter festhält, bringe das CME Spezialisten aus den Bereichen Zerspanungswerkzeug, Spanntechnik, Software, Automatisierung und Messtechnik zusammen. Der offene Austausch fördere technologische Weiterentwicklung und stärke die Partnerschaft zwischen Schweizer Herstellern und der amerikanischen Industrie.