Vom Tellerwäscher zum erfolgreichen Wirt
17.04.2025 Bezirk Sissach, Kultur, Gesellschaft, Baselbiet, Gastronomie, SissachPuvi Thurairajah unterstützt in seiner Heimat soziale Projekte
«Sydebändel»-Wirt Puvi Thurairajah hat sich als ehemaliges Flüchtlingskind vom Tellerwäscher zum erfolgreichen Gastronomen hochgearbeitet. Jetzt unterstützt er mehrere Projekte in seinem ...
Puvi Thurairajah unterstützt in seiner Heimat soziale Projekte
«Sydebändel»-Wirt Puvi Thurairajah hat sich als ehemaliges Flüchtlingskind vom Tellerwäscher zum erfolgreichen Gastronomen hochgearbeitet. Jetzt unterstützt er mehrere Projekte in seinem Heimatland Sri Lanka zur Schaffung von Arbeitsplätzen.
Sander van Riemsdijk
Der 53-jährige Puvanendran Thurairajah, bei den Gästen in seinem Restaurant Sydebändel in Sissach besser bekannt als Puvi, blickt auf ein bewegtes Leben zurück. Hört man ihm beim Erzählen zu, fällt auf, wie einnehmend er sein kann. Mit seinen dunklen Augen und entlarvenden Offenheit umgibt ihn eine Aura von Wärme und Empathie. Man hat dabei das Gefühl, dass er allergisch ist gegen jegliche Form von negativen Gedanken und Emotionen. Das ist für einen Menschen, der als Kind in Sri Lanka einen blutigen Bürgerkrieg erlebte, erstaunlich. «Es sind Bilder des Grauens, die man nie vergisst», sagt er. Puvi sah Bomben fallen, vor seinen Augen starben Menschen.
Er war 14 Jahre alt, als seine Eltern entschieden, ihren Zweitjüngsten ausser Landes zu bringen. 1985 verliess Puvi die vom Krieg zerrisse Heimat und das Elternhaus, das ihm so viel bedeutete. «Ich wollte doch nur dem Krieg entrinnen und irgendwie für mich eine Existenz aufbauen», sagt er im Rückblick. Als Flüchtlingskind alleine unterwegs, landete er nach vielen Umwegen in der Schweiz, im «Bässlergut» in Basel. Zwar war er vor dem Krieg in Sicherheit, doch ging es für ihn auch hier ums Überleben, um eine neue Existenz.
Nach vielen Jahren wieder daheim
In diesen Tagen ist Puvi in seinem Heimatland unterwegs. Nicht zum ersten Mal seit seiner Flucht, aber nun in Begleitung seiner Partnerin Nadia Bussinger und den beiden Kindern Janis und Joel. Es möchte ihnen nicht nur sein Heimatdorf Sandilipay in der Nähe von Jaffna im Norden von Sri Lanka zeigen, sondern auch ein Projekt, das er vor Ort begleitet und finanziert und von dem er zu Hause in Thürnen oft erzählt.
Seit Jahren unterstützt der Wirt finanziell diverse kleinere Hilfsprojekte sowie eine Sportschule. «Die Leute dort leben in ärmlichen Verhältnissen, ihnen fehlt es oft an elementaren Dingen wie eine eigene WC-Anlage, eine Küche oder Zugang zu frischem Wasser», erläutert Puvi sein Engagement.
Er wolle nicht der reiche Onkel aus dem Ausland sein, der nur den Geldbeutel aufmacht, betont Puvi. «Mein Engagement ist Hilfe zur Selbsthilfe», sagt er. Alles werde sorgfältig organisiert, projektiert und überwacht, und in gewissen zeitlichen Abständen schaut er vor Ort nach dem Rechten oder lässt sich zu Hause genau über den Stand seiner Projekte informieren. «Die Menschen sollen das Leben eigenständig meistern können», ganz wie er selbst, als er vor 35 Jahren in die Schweiz kam.
Als Jugendlicher in einer ihm fremden Kultur war Puvi gezwungen, sein Leben in die eigene Hand zu nehmen. Bald ging es für ihn und vier weitere Flüchtlinge weiter nach Liestal, wo sie in einem Heim unterkamen. Puvi lernte Deutsch. Im Gastgewerbe sah er die einzige Möglichkeit, beruflich etwas für sich aufzubauen. «Es war schon mein Kindheitstraum, einmal ein eigenes Geschäft zu führen», sagt Puvi.
Mit diesem Ziel vor Augen nahm er eine Stelle als Tellerwäscher mit 15- bis 16-Stunden-Tagen im Restaurant Giuseppe Verdi in Sissach an. Sein fester Glaube daran, seinen Kindheitstraum zu verwirklichen, liess ihn die langen Arbeitstage unter manchmal schlechten Bedingungen aushalten.
Es sollte sich lohnen: Dank seines Fleisses und Ehrgeizes konnte er im Jahr 2001 das Restaurant Warteckstübli in Thürnen übernehmen, und seit 2015 führt er mit Erfolg das Restaurant Wystube zum Sydebändel in der Sissacher Begegnungszone.
Im beruflichen und privaten Leben richtig angekommen und integriert, sollte der «Sydebändel» nicht Puvis letzte Vision bleiben. «Ich möchte irgendwann einen gastronomischen Grossbetrieb führen», sagt er mit funkelnden Augen. «Es soll irgendwann mal ein Betrieb werden, mit dem mehrere Familien ihren Lebensunterhalt verdienen können», erläutert Puvi sein nächstes grosses Projekt, das er in seinem Heimatdorf plant.
Vor einigen Jahren hat er einen kleinen Landwirtschaftsbetrieb mit Viehhaltung und Obstanbau aufgebaut und seitdem finanziell unterstützt. «Es ist für dortige Verhältnisse ein Musterbetrieb und er funktioniert sehr gut.» Zurzeit können drei Familien von den Einnahmen ihren Lebensunterhalt bestreiten. Ziel von Puvi ist, aus dem Klein- einen Grossbetrieb für 30 Familien zu machen. «Die Menschen dort sind noch zu sehr abhängig von Geldern, die sie von im Ausland lebenden Tamilen erhalten. Das muss sich ändern, sie sollen sich selber ernähren können.»
Der Wirt hat trotz seines beruflichen Erfolgs nie vergessen, woher er kommt. «Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich dies den Menschen im Dorf, aus dem ich komme, schuldig bin», sagt er. Und schon macht er sich über ein weiteres Projekt in seinem Dorf Gedanken: Für sieben Familien, die heute in Blechhütten leben, sollen neue Häuser gebaut werden – sie sollen gleichzeitig mit der Inbetriebnahme des Grosslandwirtschaftsbetriebs schon Mitte kommenden Jahres bezogen werden können.
Glaube an den Erfolg
Puvi ist stolz auf das, was er erreicht hat. Geprägt habe ihn auch sein unterdessen verstorbener Vater. «Ich war zwar überzeugt, dass ich diesen Weg gehen wollte, er aber war mein Vorbild und hat mich immer wieder inspiriert.» Im Gespräch kommt deutlich zum Ausdruck, wie wichtig ihm die Führung des «Sydebändel» ist, ebenso die Gastfreundschaft und der Respekt gegenüber der Kundschaft und dem Personal.
Das einstige Flüchtlingskind hat sich seinen Kindheitstraum erfüllt und wurde vom Tellerwäscher zu einem erfolgreichen Gastronom, der die Früchte seiner Arbeit mit seiner Heimat teilt.