Überlebenshilfe für Igel
06.06.2024 Bezirk Sissach, Ormalingen, Tenniken, Gesellschaft, Natur, BaselbietDamit der Garten nicht zur Todesfalle wird
Das Verletzen von Igeln durch Fadenmäher oder Mähroboter kann mit wenig Aufwand verhindert werden. Annette Mathys und Sandra Strub vom Verein Igelnest Oberbaselbiet geben gerne ihr Wissen weiter, um Igel vor Verletzungen zu ...
Damit der Garten nicht zur Todesfalle wird
Das Verletzen von Igeln durch Fadenmäher oder Mähroboter kann mit wenig Aufwand verhindert werden. Annette Mathys und Sandra Strub vom Verein Igelnest Oberbaselbiet geben gerne ihr Wissen weiter, um Igel vor Verletzungen zu bewahren.
Brigitte Keller
Es grünt und blüht rundherum. Das gegenwärtig nasse und warme Wetter lässt alles gedeihen und spriessen. Das sind schon fast paradiesische Zustände für den Igel. Er findet reichlich Nahrung und unter buschigen Hecken und Sträuchern auch Plätze für die Tagesruhe und seine Säuglingsnester. Doch das Igelglück findet oft ein abruptes Ende, wenn der Mensch mit allerlei Mähwerkzeug ausrückt.
«80 Prozent der Igel, die momentan in die beiden Igelstationen des Vereins Igelnest Oberbaselbiet in Ormalingen und Tenniken gebracht werden, sind von Mähgeräten verletzt worden», so die Aussage von Annette Mathys und Sandra Strub vom Verein Igelnest Oberbaselbiet. Sandra Strub, welche die Igelstation Tenniken betreut, schätzt ihren zeitlichen Aufwand für die Pflege von verletzten Igeln in der «Hochsaison» von April bis Mitte November auf fast 50 Prozent, weshalb sie für weitere ehrenamtliche Helferinnen und Helfer für das Reinigen der Igelboxen sehr dankbar wäre.
Augen auf
Wie kann verhindert werden, dass so viele Igel verletzt werden? Vor dem Mähen sollte unbedingt kontrolliert werden, ob sich nicht ein Igel unter dem Gebüsch oder im hohen Gras versteckt. Das kann von Auge geschehen oder allenfalls mit vorsichtigem Stochern mit einem Stock. Nach der Einschätzung Strubs werden die Tiere am häufigsten bei Arbeiten mit Fadenmähern verletzt.
Auch Mähroboter könnten für Igel eine Gefahr darstellen. Die Geräte sollten unbedingt nur tagsüber, also von acht Uhr am Morgen bis fünf Uhr abends, wenn die Igel normalerweise nicht unterwegs sind, eingeschaltet sein. Darauf, dass die Geräte Igel rechtzeitig als Hindernisse erkennen und stoppen, sei kein Verlass.
Wird ein Igel mit einem Mähgerät verletzt, ist es wichtig, so schnell wie möglich aktiv zu werden. Je schneller das Tier Hilfe bekommt, desto grösser sind seine Überlebenschancen. Dabei gelte, als Erstes das Tier zu sichern: Mit Gartenhandschuhen oder einem anderen Schutz das Tier in eine Box oder Kartonschachtel mit einem Rand von möglichst 40 Zentimetern setzen und dann die Igelstation anrufen. Wird als Erstes angerufen, könne der Igel während des Telefonats verschwinden. Ohne Hilfe würde ein verletztes Tier qualvoll sterben.
Leid verhindern
Ruft man bei der Igelstation an, versucht diese, den Zustand respektive die Chancen zum Überleben abzuschätzen. Scheint es aufgrund der Verletzungen oder des Befalls von Maden aussichtslos, soll der Igel direkt in eine Tierarztpraxis gebracht werden. Sind seine Prognosen aussichtslos, wird er dort von seinem Leiden erlöst. Besteht jedoch Hoffnung, nimmt ihn eine der Igelstationen auf. «Vier von fünf Tieren, die wir aufnehmen, überleben», sagt Sandra Strub.
Da Igel sehr reviertreu sind, wird mit den Personen, welche die Patienten bringen, immer vereinbart, dass die Tiere nach dem Gesundpflegen von diesen wieder abgeholt werden, um in ihrem Heimatrevier ausgesetzt zu werden. Das klappe sehr gut. Die Igel leben im Siedlungsgebiet und nicht etwa im Wald, wie manchmal fälschlicherweise angenommen werde. Einzig, wenn die Tiere in der Nähe einer viel befahrenen Ausserortsstrasse aufgefunden werden, sucht man notfalls ein neues, igelfreundlicheres Revier.
«Auch Igel, die angefahren werden, sind nicht immer tot», mahnt Annette Mathys. Sie betreut die Igelstation in Ormalingen und appelliert daran, unbedingt nachzuschauen, ob das Tier tot ist oder Hilfe benötigt. Verletzte Tiere werden andernfalls innert kürzester Zeit von Fliegen befallen, die ihre Eier in die Wunden ablegen. Die daraus wachsenden Maden fressen die Tiere bei lebendigem Leib auf, was einen qualvollen Tod bedeutet.
Damit möglichst viele Menschen wachgerüttelt werden und auf die Problematiken aufmerksam gemacht werden, empfangen die beiden Frauen des Vereins Igelnest Oberbaselbiet auch Primarschulklassen, um den Kindern Informationen zum Igel und zu den Gefahren mitzugeben. Diese Möglichkeit wird von vielen Schulen rege genutzt. An einem solchen Informationsmorgen im Mai ist zusätzlich auch Corinne Boxler anwesend. Sie ist eine sogenannte «Päppelimutter»: Sie füttert und pflegt zumeist junge Igel bei sich zu Hause, die keine medizinische Versorgung mehr benötigen, aber noch nicht kräftig genug sind, um in die Freiheit entlassen zu werden.