Streit um Jagdpacht dauert an
18.11.2025 Bezirk Sissach, Gemeinden, Baselbiet, Sissach, ZunzgenEntscheid des Gemeinderats wird erneut angefochten
In Zunzgen bleiben die Jagdhörner wegen des noch immer andauernden Streits um die Jagdpacht auch in diesem Herbst stumm. Denn auch den zweiten Vergabeentscheid des Gemeinderats wollen die unterlegenen Jäger nicht ...
Entscheid des Gemeinderats wird erneut angefochten
In Zunzgen bleiben die Jagdhörner wegen des noch immer andauernden Streits um die Jagdpacht auch in diesem Herbst stumm. Denn auch den zweiten Vergabeentscheid des Gemeinderats wollen die unterlegenen Jäger nicht hinnehmen.
Christian Horisberger
Vor mehr als eineinhalb Jahren hat im Baselbiet die neue, achtjährige Jagdperiode begonnen. Seither hat im Revier Zunzgen nicht mehr eine Jagdgesellschaft das Sagen, sondern ein interimistisch eingesetzter, externer Jagdaufseher. Denn um das attraktive Revier streiten sich zwei Gesellschaften, die aus der bisherigen Pächterschaft nach Auseinandersetzungen hervorgegangen sind (die «Volksstimme» berichtete). Und solange die Vergabe nicht geregelt ist, dürfen die Gesellschaften im Wald nicht jagdlich tätig sein.
Treibjagden, der gesellschaftliche Höhepunkt im Jagdjahr, haben im Revier Zunzgen seit fast zwei Jahren keine mehr stattgefunden. Und aufgrund der jüngsten Entwicklung im Fall werden die Jagdhörner diesen Herbst/Winter weiterhin stumm bleiben. Denn auch gegen den zweiten Vergabeentscheid des Gemeinderats haben die unterlegenen Jäger beim Regierungsrat eine Beschwerde eingereicht. Damit sind reguläre Verhältnisse im Revier wieder in weite Ferne gerückt.
Rückblende: Nachdem es innerhalb der bisherigen Pächterschaft, des «Jagdvereins Zunzgen», über längere Zeit gekriselt hatte, kam es vor der Neuvergabe der Jagdpacht im Jahr 2023 zur Spaltung in zwei Lager: den «Jagdverein Zunzgen» mit dem Vorstand des bisherigen Vereins und den «Zunzger Jagdverein», dem zwei ehemalige Jäger des «Jagdvereins Zunzgen» angehören. Beide Parteien bewarben sich um das Revier Zunzgen für die nächste Jagdpacht-Periode (2024 bis 2032). Der Vergabeentscheid zugunsten des «Zunzger Jagdvereins» wurde von der unterlegenen Partei, dem «Jagdverein Zunzgen», angefochten. Der Regierungsrat hiess die Beschwerde gut, da der Gemeinderat die fachgerechte Hege als Vergabekriterium nicht berücksichtigt habe. Er müsse die Dossiers neu beurteilen. Gemeindepräsident Hansruedi Wüthrich zum Entscheid: «Wir hatten die Hege durchaus in die Beurteilung einbezogen, sie jedoch übergeordnet betrachtet und in unserer Bewertung für die Vergabe nur nicht explizit erwähnt.»
Neue Prüfung, gleiches Ergebnis
Dennoch gehorchte der Gemeinderat und vollzog die Neubeurteilung. Beide Gesellschaften blieben bei ihrer Bewerbung, und der Gemeinderat prüfte die beiden Dossiers nochmals. «Wir kamen zum selben Schluss wie beim ersten Mal, haben aber darauf geachtet, dass die Hege dieses Mal in der Beurteilung erwähnt wird», sagt der Gemeindepräsident. Er hält fest, dass beide Bewerber die fachlichen Anforderungen erfüllen würden. Deshalb hätten andere Kriterien den Ausschlag gegeben. Um welche es sich dabei handelt, könne er wegen des laufenden Verfahrens nicht sagen, so Wüthrich.
«Laufendes Verfahren» bedeutet: Die Vergabe ist mit dem neuerlichen Gemeinderatsentscheid nicht unter Dach. Tatsächlich hat die nicht berücksichtigte Partei wiederum Rechtsmittel ergriffen. «Wir möchten genau wissen, wie es zu einer gleichwertigen Beurteilung beider Bewerber gekommen ist», begründet Eugen Briem vom unterlegenen «Jagdverein Zunzgen» auf Anfrage der «Volksstimme» die Einsprache.
Er sei davon ausgegangen, dass seine Gesellschaft den Zuschlag erhält. In Runde eins sei sie in drei von sechs gesetzlich geregelten Kriterien von der Gemeinde besser bewertet worden. Nun müsse sein Verein nach seiner Einschätzung in fünf der sechs Bewertungskriterien die Nase vorn haben; neu auch bei «Hege» und «Jagdaufsicht». Briem: «Unser Jagdaufseher liess sich in der Zwischenzeit aus- und weiterbilden und ist damit auf dem neusten Stand.» Und mit der Anzahl Abschüsse von Wildschweinen und Dachsen – ein Kriterium bei «Hege» – seien die Mitglieder seiner Gesellschaft in den vergangenen Jahren der abgelaufenen Pachtperiode deutlich erfolgreicher gewesen als jene des Konkurrenten, wie dies aus der Jagdstatistik hervorgehe.
«Sympathie-Entscheid»
Bei fachlich gleichwertigen Bewerbungen kommt das Kriterium «Kontinuität» zum Tragen. Üblicherweise bedeutet dies: im Zweifel für die bisherige Jagdgesellschaft. Im Fall von Zunzgen gehören aber beiden Bewerbern «Bisherige» an. Laut Briem begründet der Gemeinderat seine Wahl mit der besseren Zusammenarbeit mit zwei Mitgliedern des neuen «Zunzger Jagdvereins» in der abgelaufenen Pachtperiode. Für Briem unverständlich: «Gemäss Protokoll des Regierungsrats vom 24. Juni 2025 ist der Jagdverein Zunzgen bisheriger Pachtinhaber. Dennoch bewertet der Gemeinderat neu die Zusammenarbeit mit zwei ehemaligen Mitgliedern besser als mit dem ganzen bisherigen Verein.» Er spricht von einem «Sympathie-Entscheid», denn «fachlich ist die Wahl nicht nachvollziehbar». «Deshalb wollen wir wissen, wie es überhaupt zum Gleichstand kommen konnte.»
Aufgrund der Einsprache muss der Gemeinderat dem unterlegenen «Jagdverein Zunzgen» nun seine Bewertungsunterlagen zustellen. Auf deren Basis werde man die Beschwerde beim Regierungsrat begründen, kündigt Eugen Briem an: «Wir kämpfen für eine faire Vergabe der Jagdpacht nach gesetzlichen Kriterien und wollen wissen, ob das Jagdgesetz bei der Pachtvergabe noch eine Rolle spielt oder nicht.»
Dass die Beschwerde einen definitiven Entscheid darüber, wer im Revier in Zukunft das Sagen hat, um weitere Monate hinauszögern wird, bedauert Briem: «Das ist belastend für alle.» Deshalb habe seine Gesellschaft dem Gemeinderat bereits zu einem früheren Zeitpunkt die Aufteilung des Jagdreviers Zunzgen vorgeschlagen. Darauf sei dieser aber nicht eingegangen.
Auswärtiger Jäger als Aufseher im Einsatz
ch. Mit der Jagdaufsicht im Revier Zunzgen hat der Gemeinderat für die Dauer des Rechtsstreits um die Pachtvergabe den Jäger Markus Plattner beauftragt. Wird ein Wildtier angefahren oder gilt es, einen Fuchs, einen Dachs oder einen Waschbär aus dem Siedlungsgebiet zu entfernen, ist er zur Stelle. Ferner ist er für die Regulierung des Wildbestands zuständig und greift beispielsweise zur Waffe, wenn es in landwirtschaftlichen Kulturen wiederholt zu grösseren Schäden durch Wildschweine kommt. Er hat bei der Gemeinde auch Begehungskarten für andere Jäger beantragt, die ihn dabei unterstützen.
Plattner wünscht sich eine möglichst baldige Rückkehr zum Courant normal. Er bemühe sich, seinen Auftrag nach den Vorgaben des Kantons zu erfüllen. Doch eine Jagdgesellschaft mit sechs Mitgliedern könne wesentlich mehr ausrichten als er alleine, sagt er. «Die Tätigkeit der Jagdgesellschaften besteht nicht nur aus Schiessen.» Ebenso wichtig seien Aufklärungsarbeit, Beobachtung, Zusammenarbeit mit Forst, Landwirtschaft und Naturschutz oder Öffentlichkeitsarbeit. Er könne all diese Aufgaben nicht in einem für ihn befriedigenden Mass erfüllen.
Immerhin: Der Gemeindepräsident stellt dem Interims-Jagdaufseher ein gutes Zeugnis aus. «Zunzgen verzeichnete verhältnismässig viele Wildschäden und Plattner hat viele Wildschweine zur Strecke gebracht: Er macht einen sehr guten Job.»

