Postgebäude, Halbschuhe und Elon Musk
11.03.2025 Bezirk Sissach, Baselbiet, Gemeinden, Gesellschaft, Fasnacht, GelterkindenDie Schnitzelbänke gehören in Gelterkinden zu den Höhepunkten der Fasnacht. Sieben Bänke prangerten in den Beizen Braui, Chrüz, Rössli und Roseneck sowie im Marabu gnadenlos an, welche Fehlleistungen sich die Obrigkeit in den vergangenen zwölf Monaten zuschulden ...
Die Schnitzelbänke gehören in Gelterkinden zu den Höhepunkten der Fasnacht. Sieben Bänke prangerten in den Beizen Braui, Chrüz, Rössli und Roseneck sowie im Marabu gnadenlos an, welche Fehlleistungen sich die Obrigkeit in den vergangenen zwölf Monaten zuschulden kommen liess.
Nachtheuel
Es ist schlicht erschreckend, was sich die Staatsdiener und andere Machtbeflissene an Schandtaten auf dem Buckel des gemeinen Volkes geleistet haben. Dank des hartnäckigen Bohrens und Recherchierens der Gelterkinder Schnitzelbänke, die am Sonntagabend aufgeführt wurden, hat es jetzt den Deckel gelüpft. Andernfalls hätte das Volk die Wahrheit wohl gar nie erfahren …
Der Nachtheuel hat im «Chrüz» aufmerksam zugehört, und alles aufgeschrieben, was die Verseschmiede ans Licht brachte. Der Platz reicht an dieser Stelle bei Weitem nicht aus, um über alle Entgleisungen zu berichten.
Der Bank D’ Schere, Stei, paar Bier heisst wirklich so. Das Trio, eine Dame aus Buus und zwei Männer aus Zunzgen, alle fasnächtlich irgendwie vorbelastet, mischte heuer in der Szene erstmals mit und setzte sich unter anderem mit dem Eurovision Song Contest auseinander. Zur Melodie «Dr Schacher Seppeli» – die Leute in der Beiz sangen kräftig mit – reimte sich:
Oje, oje, oje
Oje, oje, oje Oje, oje, oje
Dä Zirkus für 35 Millione nennt sich ESC.
Der gleiche Bank thematisierte die Klimaziele und verpasste den Zürchern einen kräftigen Gingg ans Schienbein:
Züri will bis 2040 netto null erreiche
Mol luege, ob die schlaue Lüt das Ziel denn au no breiche
Wenn die das würkli schaffe würde, das wäri doch e Clou
Denn hätti‘s Klima und die Zürcher genau dr glich IQ.
Dr einheimische Pfyffechopf, ein Duo und seit vielen Jahren ein sicherer Wert, analysierte auch heuer messerscharf die politischen Geschehnisse auf dem Globus, inbegriffen diejenigen vor der eigenen Haustüre. Der Bank macht sich jetzt schon ernsthaft Gedanken darüber, was die Bosse mit dem bald beendeten Umbau des Postgebäudes in Gelterkinden wohl im Sinn haben:
S nimmt langsam Formen aa, das tolle Poschtgebäud, das neue
Und d Gälterchinder chönne sich scho uf d Eröffnig freue
Wo d Poscht dä Prachtbou mit de Gescht ganz fyyrlig wird begiesse
und churz drufaabe denn als negschti Filiale schliesse.
Die gleiche Formation kennt die Gründe, warum sich die Österreicherinnen und Österreicher im Skifahren mit den Brosamen begnügen müssen:
Dört z Saalbach laufts wie gstört, mir Schwyzer ruume grausam ab
Medaille um Medaille gits, mir günnen und nie knapp
Für d Ösi blyybe d Bröösmeli – worum, muesch do nit frooge:
Die häi e Kickl gmacht und sy im Zyylschuss rächts abbooge.
Eigentlich ist es klar, dass D’ Landstryycher unter der Brücke leben. Die beiden wissen, wo das Volk von Gelterkinden ihr Schuhwerk «posten» kann, nachdem im Schuhgeschäft von Dieter Spiess in der Allmend die Lichter ausgegangen sind:
Dr Spiess in Gälterchinde macht der Lade zue
Wo holt dr Gälterchinder jetz au sini Schueh?
Er muess paar Meter laufe, richtig Lieschtel zue
Denn dört in Sissech, hett‘s Halbschüeh
Und das gnue. Für den gleichen Bank ist die Weltpolitik ein gefundenes Fressen. Denn er hat herausgefunden, dass der Elon Musk anscheinend doch kein Nazi sein soll und tat dies wie folgt kund:
Dr Elon het si rächti Arm in Himmel gstreckt
Und do drby die ganzi Wält e Bitz verschreckt
D Froog isch uftaucht, wett er e Nazi syy?
Oder isch es nur e dumme Zuefall gsi?
Mir si dämm noche und hei denn gli vernoh
Er het vom Tesla nur e Stromschlag übercho
Alles nicht so schlimm – oder wie …? Man ist gespannt, was D’ Landstryycher in einem Jahr zum Thema zu sagen haben.
Neu im Geschäft ist das Duo D’Gwundernase aus Gelterkinden. Eigentlich ist es ein Trio. Denn die Helgen hat Ruedi Schaub gemalt, der hinten im Saal genau hinhörte, was seine Vorderleute zu berichten wussten. Die Premiere gelang dem Bank in jeder Hinsicht und erntete grossen Beifall. Mehrere Verse basierten auf alten Schlagern und anderen Ohrwürmern. Die Tschudy-Villa verglich er treffend mit «Das alte Haus von Rocky Docky»:
Liebe Monsieur de Coulon, mir hei e Root
Falls du nümm weisch, wie‘s mit der Villa witer goht
Bewahr du die Ruine vom Ruin, erhalt se
Due doch vo eus us lieber Sissech z‘Bode walze
Und weiter (auf Schriftdeutsch):
Dieses Haus ist alt und hässlich; dieses Haus ist kahl und leer
Denn seit mehr als fünfzig Jahren, da bewohnt es keiner mehr
Dieses Haus ist halb zerfallen, und es knarrt und stöhnt und weint
Dieses Haus ist noch viel schlimmer als es scheint
Das alte Haus, die Tschudy-Villa, hat vieles schon erlebt
Kein Wunder, dass es zittert, wenn der Abbruchhammer bebt Das alte Haus, die Tschudy-Villa, sah Angst und Pein und Not
Und ‘s nöggschtmol chunnt dr Bagger bereits im Morgerot.