«Ohne Hilfe können wir das nicht stemmen»
25.09.2025 Bezirk Sissach, Region, Gemeinden, Natur, Baselbiet, BöcktenIn Quartieren am Böckter Sonnenhang hat sich eine invasive Ameisenart aus der Gruppe «Tapinoma nigerrimum» etabliert. Der Gemeinderat sagt, dass Böckten alleine nicht in der Lage sei, die Bekämpfung zu bezahlen.
Willi Wenger
Sie sind nur wenige Millimeter klein, bilden aber Kolonien mit Millionen Tieren: die invasiven Ameisen, die diesen Sommer in Böckten entdeckt wurden. Ursprünglich stammen sie aus dem Mittelmeerraum und gelangen über den Handel mit Pflanzen oder Erdmaterial in neue Gebiete. Der Böckter Vize-Gemeindepräsident René Soder machte der «Volksstimme» bei einem Rundgang deutlich, dass die Tiere für Gemeinde wie Grundeigentümer eine grosse Herausforderung darstellen.
«Mit dieser Ameisenart ist nicht zu spassen. Die Tiere vermehren sich sehr schnell, können in Häuser eindringen und Schäden verursachen», sagt Soder. «Sie verdrängen einheimische Arten, schwächen die Biodiversität und können mit ihren Nestern im Mauerwerk oder unter befestigten Flächen die Bausubstanz beeinträchtigen. Auch Elektroinstallationen sind gefährdet.» Zudem dürfe von diesen Ameisen belasteter Boden oder Aushub nicht ohne Massnahmen abtransportiert werden.
Invasive Ameisen stellen Gemeinde vor fast unlösbare Aufgabe
Zwar sei die befallene Fläche in Böckten noch überschaubar, meint Soder, doch die Bekämpfung erscheine ihm kaum lösbar. Einerseits fehle der Gemeinde die rechtliche Grundlage, auf Privatparzellen aktiv zu werden, andererseits würden hohe Kosten anfallen. Ein mündlicher Kostenvoranschlag einer Firma, die Insekten und Schädlinge bekämpft, beläuft sich für Böckten über drei Jahre auf 150 000 bis 200 000 Franken. «Das können wir nicht stemmen», sagt Soder. «Wenn Grundeigentümer und Kanton nicht mitziehen, passiert nichts. Unser grösstes Problem sind derzeit die Finanzen.» Gemeinden und Eigentümer müssten mit 10 000 bis 20 000 Franken pro Hektar und Jahr rechnen, um die invasive Ameisenart wirkungsvoll bekämpfen zu können. Beiträge des Kantons sind derzeit nicht möglich.
Vielleicht ändert sich das bald, denn das Thema steht bereits auf der politischen Agenda. So wird SP-Landrätin Sandra Strüby-Schaub (Buckten) dem Regierungsrat in der heutigen Parlamentssitzung Fragen zur stark zunehmenden Ameisenart stellen. Sie will wissen, ob die Regierung ein Konzept zur Eindämmung der Ameisenplage hat und ob die Gemeinden bei der Bekämpfung unterstützt werden.
Behörden tauschen sich aus
Zurück nach Böckten: Bekannt sind Nester am Sonnenhang mit seinen trockenen und warmen Standorten. Ein erster Bekämpfungsversuch im Sommer mit heissem Wasser blieb erfolglos. Notwendig wäre wohl ein hoch dosierter Insektizideinsatz – den dürfen jedoch nur Fachleute durchführen.
Auch in Muttenz und Reinach hat sich die Ameisenart angesiedelt, wie das «Infoheft» der Kantonsverwaltung berichtet. Domenica Jenni, Projektleiterin Natur und Umwelt bei der Gemeinde Reinach, erklärt, die Gemeinde prüfe mögliche Massnahmen in enger Zusammenarbeit mit dem Kanton. Im Oktober ist eine Schulung zur Bekämpfung mit Heisswasser vorgesehen.
Die Ameisenart ist auch in Deutschland, Frankreich und Österreich verbreitet. Fachleute aus der Schweiz, darunter Experten aus der Privatwirtschaft und verschiedener kantonaler Stellen, tauschen sich mittlerweile international aus, etwa an einer Tagung, die kürzlich im deutschen Kehl stattfand.