Oberbaselbiet blieb Urne fern
28.10.2025 Baselbiet, Parteien, Abstimmungen, Baselbiet, PolitikSabine Bucher mobilisierte nur im Bezirk Sissach gut
Am Wahlsonntag schien klar: Sabine Bucher und Caroline Mall punkteten in ländlichen Gemeinden, Markus Eigenmann weniger. Die Daten zeigen jedoch ein differenzierteres Bild.
Nikolaos Schär
...Sabine Bucher mobilisierte nur im Bezirk Sissach gut
Am Wahlsonntag schien klar: Sabine Bucher und Caroline Mall punkteten in ländlichen Gemeinden, Markus Eigenmann weniger. Die Daten zeigen jedoch ein differenzierteres Bild.
Nikolaos Schär
Die ungewöhnlich tiefe Wahlbeteiligung von rund 28 Prozent bei der Regierungsratsersatzwahl für Monica Gschwind (FDP) dürfte zum Teil damit zusammenhängen, dass im Vorfeld schon klar war, dass es bei drei Kandidierenden einen zweiten Wahlgang brauchen wird.
Doch mit Blick auf vergangene kantonale Wahlen zeigt sich ein bisher unbekanntes Phänomen: Während der Bezirk Arlesheim mit einer Wahlbeteiligung von rund 29 Prozent nur 3 Prozentpunkte unter jener der kantonalen Wahlen von 2023 eine vergleichsweise solide Mobilisierung erfuhr, lag die Wahlbeteiligung in den ländlichen Gebieten zum Teil weit darunter: Im Bezirk Waldenburg gingen nur rund 26 Prozent an die Urne – ganze 9 Prozentpunkte weniger als bei den Wahlen 2023. Auch im Bezirk Sissach, wo sonst fast 38 Prozent der Stimmberechtigten wählen, fehlten am Sonntag fast 9 Prozentpunkte. Im Bezirk Liestal, mit einer Wahlbeteiligung von 27 Prozent, gingen 7 Prozent weniger an die Urne. Im Laufental war die Wahlbeteiligung mit rund 22 Prozent am tiefsten und ebenfalls 7 Prozent unter den Gesamterneuerungswahlen 2023.
Vergleicht man die Parteistärken der Wahlen 2023 mit dem Abschneiden der drei Kandidierenden, lassen sich einige Schlüsse ziehen: Zählt man die EVP zum Block von Sabine Bucher (GLP, Sissach), die von der GLP, der SP und den Grünen zur Wahl empfohlen wurde, zeigt sich, dass Bucher im Bezirk Arlesheim zwar gute Resultate erzielte, jedoch im Vergleich zu 2023 rund 10 Prozentpunkte unter dem Potenzial des linken Blocks blieb. Caroline Mall (SVP, Reinach), die nur von der SVP unterstützt wurde, landete im Unterbaselbiet fast ausschliesslich auf dem letzten Platz, erzielte jedoch 3,5 Prozentpunkte mehr als das Potenzial der SVP. Markus Eigenmann (FDP, Arlesheim), der von der FDP und der «Mitte» unterstützt wird, mobilisierte fast 7 Prozentpunkte über seine Wählerschaft hinaus.
Da Mall und Eigenmann im bürgerlichen Lager gut mobilisierten, dürften die Wählerinnen und Wähler, die im Unterbaselbiet der Urne fernblieben, demnach mehrheitlich dem linken Lager zuzurechnen sein.
Im Bezirk Sissach räumte Bucher erwartungsgemäss ab: So erreichte sie das absolute Mehr in ihrer Wohngemeinde Sissach, in Gelterkinden, Tenniken, Kilchberg, Oltingen, Tecknau, Buckten und Läufelfingen, wo sie Gemeindepräsidentin war. In weiteren zehn Gemeinden im Bezirk Sissach landete sie auf dem Spitzenplatz. In anderen Gemeinden wie Anwil, Wenslingen und Rothenfluh, wo sie nach kurzer Zeit als Gemeindeverwalterin nach einem Krankheitsunterbruch kündigte, blieb Bucher – mit bis zu 18 Prozentpunkte – deutlich unter ihrem Potenzial. Gesamthaft konnte die GLP-Kandidatin mit bürgerlichem Profil im Bezirk Sissach jedoch beinahe den ganzen linken Block mobilisieren.
Bucher im Raum Liestal schwach
Mall verzeichnete im Bezirk Sissach in kleineren Dörfern ebenfalls starke Resultate: In elf Gemeinden holte sie den Spitzenplatz und schöpfte fast das ganze Potenzial der SVP aus. Eigenmann erreichte zwar nirgends den Spitzenplatz, sammelte jedoch rund 2 Prozentpunkte mehr Stimmen als sein Wählerpotenzial. Alle drei Kandidierenden konnten gut mobilisieren, und trotzdem war die Wahlbeteiligung im Bezirk Sissach tief. Ein ähnliches Bild lässt sich auch im Bezirk Laufen zeichnen. Auch hier mobilisierte Bucher ihr Wählerpotenzial, Eigenmann blieb rund 7 Prozentpunkte darunter, was Mall mit rund 8 Punkten über dem SVP-Anteil ausglich – und dennoch war auch in Laufen die Wahlbeteiligung tief.
Im Bezirk Waldenburg zeigt sich ein anderes Bild: Mall schaffte das absolute Mehr in Eptingen, Bennwil und Liedertswil und schlug Bucher in weiteren sieben kleinen Dörfern. Bucher behielt in sechs Gemeinden die Oberhand gegenüber Mall. Eigenmann erreichte in keiner Gemeinde im Bezirk Waldenburg den Spitzenplatz. Bei der Ausschöpfung des Potenzials zeigt sich jedoch Überraschendes: Eigenmann (5 Prozentpunkte) und Mall (rund 3) erreichten Wählerinnen und Wähler über die Parteigrenzen hinweg, wohingegen Bucher mehr als 9 Prozentpunkte ihres Potenzials nicht ausschöpfte.
Noch eklatanter war der Unterschied im Bezirk Liestal, wo Bucher stolze 12 Prozentpunkte fehlten, um ihr Potenzial auszuschöpfen, während Eigenmann mit 10 Punkten über seine Wählerschaft hinaus richtiggehend abräumte. Mall schöpfte den SVP-Anteil in etwa aus. Besonders schlecht schnitt Bucher in Ziefen, Lupsingen, Bubendorf und Liestal ab. Eigenmann erzielte in Bubendorf, Liestal, Arisdorf, Pratteln und Ziefen überdurchschnittliche Resultate.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass – entgegen der ersten Annahme von SVP-Präsident Peter Riebli – seine Kandidatin im Unterbaselbiet überdurchschnittlich gut abschnitt und – mit Ausnahme des Bezirks Laufen – in ländlichen Gemeinden bestenfalls ihr Potenzial abrief. Der hohe SVP-Anteil in den kleinen Gemeinden im Oberbaselbiet liess Mall dominat erscheinen.
Eigenmann, dem Politbeobachter ein schlechtes Abschneiden im Oberbaselbiet attestierten, lag in allen ländlichen Bezirken – ausser Laufen, wo er ein schlechtes Resultat machte – deutlich über seinem Wählerpotenzial. Weil die FDP und «Mitte» in kleineren Gemeinden im Oberbaselbiet eine kleine Basis aufweisen, entstand der Eindruck eines vermeintlich schwachen Abschneidens von Eigenmann im oberen Kantonsteil.
Bucher, die ländliche Kandidatin, konnte ihren «Heimvorteil» nur im Bezirk Sissach – und überraschenderweise im Bezirk Laufen – ausspielen und blieb in den Bezirken Waldenburg und Liestal hinter ihrem Potenzial zurück. Da beide Bürgerliche über ihr Wählerpotenzial mobilisierten, dürfte ein Teil der tiefen Stimmbeteiligung auf Buchers fehlende Mobilisierung im linken Lager – auch im Oberbaselbiet – zurückzuführen sein. Der Bezirk Sissach zeigt jedoch, dass die Ausgangslage die Stimmberechtigten generell nicht an die Urne lockte. Im Duell Eigenmann gegen Bucher dürfte sich die Dynamik nochmals gründlich ändern – doch Bucher muss zulegen, will sie eine Chance haben.




