Nachträgliche Baugesuche für 5G-Antennen
04.02.2025 Bezirk Sissach, Baselbiet, Bauprojekte, Gemeinden, Region, BöcktenDas Bundesgericht hat die Hürde für 5G erhöht. Im Baselbiet müssen 50 Sendeanlagen nachträglich das Baubewilligungsverfahren durchlaufen – unter anderem in Böckten. Die Baudirektion spricht von einer Formalität, die Branche von einer Verzögerung. Die ...
Das Bundesgericht hat die Hürde für 5G erhöht. Im Baselbiet müssen 50 Sendeanlagen nachträglich das Baubewilligungsverfahren durchlaufen – unter anderem in Böckten. Die Baudirektion spricht von einer Formalität, die Branche von einer Verzögerung. Die Gegner wittern Morgenluft.
sda/ch. Aufgrund eines Bundesgerichtsurteils vom April vergangenen Jahres müssen Mobilfunkanbieter für Sendeanlagen, die mit adaptiven Antennen auf die 5. Generation (5G) aufgerüstet worden sind, und mit einem unbewilligten Korrekturfaktor (siehe Kasten) betrieben werden, nun doch ein ordentliches Baubewilligungsverfahren durchlaufen. Bisher hatte für die Aktivierung der Korrekturfaktoren die Einreichung eines aktualisierten Standortdatenblatts ohne Einsprachemöglichkeit ausgereicht.
Ordentliche Baugesuche sind neu erforderlich, wenn bei der Berechnung der Sendeleistung der adaptiven Antenne ein Korrekturfaktor zur Anwendung kommt. Das gilt sowohl für neue Anlagen als auch für bereits aufgerüstete. Im Baselbiet muss demnach für 50 Anlagen, die mit einem Korrekturfaktor betrieben werden, nachträglich ein Baugesuch eingereicht werden, um diesen aktiviert zu lassen, wie es bei der Baselbieter Bau- und Umweltschutzdirektion (BUD) auf Anfrage heisst. Bisher sind laut Mediensprecher Simon Rüttimann 29 nachträgliche Baugesuche eingegangen und es träfen fortlaufend weitere ein. Laut BUD handelt es sich lediglich um einen formellen Mangel: Die Grenzwerte würden eingehalten, deshalb seien die nachträglichen Gesuche zu bewilligen.
Das sehen freilich nicht alle so. Mobilfunk-kritische Personen und Organisationen nutzen die sich neu bietende Möglichkeit, auch gegen die Aufrüstung von Handymasten Einsprache zu erheben. Zum Beispiel in Böckten: Gegen das Gesuch für die «nachträgliche ordentliche Bewilligung Korrekturfaktor ohne Änderung an der Mobilfunkanlage», die sich in der Nähe des Bahndammdurchstichs bei der Landi Gelterkinden befindet, ist im Dezember vergangenen Jahres eine Sammeleinsprache mit 56 Mitunterzeichnenden eingereicht worden.
Standartdeinsprache
Die Einsprache geht auf den Böckter Wolfgang Gehring zurück. Da sich die Anlage zwar auf Böckter Boden, doch an der Grenze zu Gelterkinden befindet, hatte er in beiden Gemeinden Unterschriften gesammelt. Gegenüber der «Volksstimme» wollte Gehring die Einsprache nicht kommentieren. Laut Angaben der Bau- und Umweltschutzdirektion werden darin gesundheitliche Bedenken geäussert, zudem würden diverse Rügen zum Bewilligungsverfahren von Mobilfunkantennen vorgebracht. Direktionssprecher Rüttimann: «Im Wesentlichen handelt es sich um eine Standardeinsprache, wie sie auf einschlägigen Seiten im Internet zum Download zur Verfügung stehen.»
In einem weiteren Urteil hat das oberste Gericht im Dezember vergangenen Jahres den Korrekturfaktor für zulässig befunden. Ein Zürcher Beschwerdeführer hatte sich gegen eine 5G-Anlage gewehrt und argumentiert, dass bei adaptiven Antennen mit Korrekturfaktor die Grenzwerte überschritten würden. Das Bundesgericht kam in dem Urteil dagegen zum Schluss, dass der Korrekturfaktor aufgrund der insgesamt geringeren Strahlenbelastung durch adaptive Antennen zulässig sei. An der Bewilligungspflicht des Korrekturfaktors in einem ordentlichen Baubewilligungsverfahren ändert der Richterspruch vom Dezember nichts.
Der Schweizerischer Verband der Telekommunikation reagierte auf das jüngste Bundesgerichtsurteil erleichtert, merkte aber an: «Die zugrunde liegende Problematik, dass auch kleinste Änderungen an Mobilfunkanlagen ordentliche Baubewilligungsverfahren bedürfen und somit die zuständigen Behörden belasten und den Ausbau der Mobilfunknetze verzögern, bleibt jedoch bestehen.»
Laut Angaben der Bau- und Umweltschutzdirektion erstellen bei einer Einsprache zunächst die Fachstellen die für die Beurteilung notwendigen Berichte. Wie lange das dauert, könne nicht vorausgesagt werden. Aufgrund der Berichte entscheide die Abteilung Recht und Vollzug des Bauinspektorats in der Regel innert zwei bis drei Monaten über die Einsprachen.
Ausgleich mit Korrekturfaktor
ch. Wird auf die bewilligte Sendeleistung einer Mobilfunkanlage ein Korrekturfaktor angewendet, darf deren Leistung nach Bedarf kurzzeitig erhöht werden. Die Strahlenmenge gesamthaft ist dennoch geringer als bei herkömmlichen Antennen. Diese geben ihre Leistung relativ gleichförmig ab, während adaptive Antennen zielgerichtet und nutzungsabhängig an Empfangsgeräte senden. Ziel der Regelung ist, dass adaptive Antennen nicht strenger beurteilt werden als konventionelle Antennen, aber das bestehende Schutzniveau erhalten bleibt.