Grüneres Dorf mit mehr Gewerbe
06.06.2025 Bezirk Sissach, Natur, Gesellschaft, Baselbiet, SissachSo stellt sich die Gemeinde die künftige Siedlungsstruktur vor
Sissach will grüner werden: Mit der Revision des Zonenplans Siedlung sollen künftig mindestens 40 Prozent jedes Grundstücks unversiegelt bleiben. Gleichzeitig schafft die Gemeinde mehr Spielraum für ...
So stellt sich die Gemeinde die künftige Siedlungsstruktur vor
Sissach will grüner werden: Mit der Revision des Zonenplans Siedlung sollen künftig mindestens 40 Prozent jedes Grundstücks unversiegelt bleiben. Gleichzeitig schafft die Gemeinde mehr Spielraum für bauliche Verdichtungen und fördert das lokale Gewerbe.
Nikolaos Schär
Mit einer Infoveranstaltung in der Turnhalle der Primarschule hat Sissach den Auftakt zur öffentlichen Mitwirkung an der Revision des Zonenplans Siedlung gemacht. Gemeindepräsident Peter Buser betonte zu Beginn, dass es sich bei der präsentierten Vorlage um einen Entwurf handle: «Wir sind auf Rückmeldungen aus der Bevölkerung angewiesen.» Der Ortskern ist von dieser Revision noch ausgenommen und soll zu einem späteren Zeitpunkt behandelt werden.
Cedric Glanzmann vom Büro Jermann Ingenieure präsentierte die Pläne vor den rund 35 Anwesenden. Der bisherige Zonenplan stammt aus dem Jahr 2003 – die damals übliche Revisionsfrist von 15 Jahren ist längst überschritten. «Seitdem haben sich viele gesetzliche Vorgaben verändert. Diese müssen nun nachvollzogen werden», erklärte der Planer.
Eine zentrale Neuerung ist die Einführung der sogenannten Grünziffer, welche die bisherige Bebauungsziffer ersetzt. Anstatt nur vorzugeben, wie viel Fläche eines Grundstücks überbaut werden darf, soll künftig geregelt werden, wie viel davon unversiegelt bleiben muss. Mindestens 40 Prozent der Parzellenfläche müssen künftig sickerungsfähig sein – das können Grünflächen sein, aber auch Ruderalflächen (Trockenbiotope) oder begrünte Flachdächer mit einer Humusschicht.
«Die Analyse hat gezeigt, dass die meisten Grundstücke diese Vorgaben heute bereits erfüllen», so Glanzmann. Man habe bewusst eine Regelung gewählt, die mit der bestehenden Nutzung vereinbar ist, um die Bevölkerung nicht zu stark einzuschränken.
Verbot von Schottergärten
Als fachliche Grundlage hat die Gemeinde ein Naturinventar für das Siedlungsgebiet (exklusive Ortskern) erstellen lassen. Dieses hat zwar keine rechtliche Verbindlichkeit, dient jedoch als Grundlage für die grundeigentumsverbindliche Aufnahme in die Zonenvorschriften Siedlung. Eigentümerinnen und Eigentümer können sich bestehende Elemente wie Hecken oder Bäume auf die Grünziffer anrechnen lassen. Klar ausgeschlossen werden sollen hingegen sogenannte Schottergärten. Dieses Verbot dürfte noch für Diskussionen sorgen.
Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Harmonisierung der Baubegriffe, die durch den Beitritt des Kantons zum Konkordat «Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe (IVHB)» nötig wird. Für die meisten Zonen ändert sich dadurch wenig, die Berechnungsparameter werden lediglich vereinheitlicht. Die gesetzlich vorgeschriebenen Gebäude- und Fassadenhöhen bleiben bestehen.
Ein Stockwerk mehr
In der Wohnzone WG3, die neu zur WG4 wird, ist durch die Anpassung künftig jedoch ein zusätzliches Stockwerk erlaubt. Das schafft Raum für eine «moderate Verdichtung» rund um die Kernzone, erläuterte Glanzmann. Man habe vonseiten der BPK keine massive Verdichtung gewollt, da für die nächsten 15 Jahre noch genügend Areale zur Entwicklung vorhanden seien, so Glanzmann.
Auch das Gewerbe profitiert: In den entsprechenden Zonen (neu G3) wird die maximale Gebäudehöhe von 16 auf 20 Meter erhöht – eine gezielte Massnahme zur Förderung des lokalen Gewerbes.
Ein grösserer Aufwand für die Gemeinde entsteht durch die Aufnahme aller kommunal und kantonal schützenswerten Bauten in den Zonenplan. Massgeblich dafür ist das Bauinventar Baselland (BIB), das durch die kantonale Denkmalpflege erstellt wurde. Die Gemeinde hat alle betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümer kontaktiert. Wer mit der Unterschutzstellung nicht einverstanden ist, muss dies nun begründen – ein erheblicher administrativer Aufwand.
«Minimum» beim Gewässerraum
Auch die vom Bund festgelegten Isos-Schutzzonen (Inventar schützenswerter Ortsbilder der Schweiz) fliessen neu in die Planung ein. Anders als beim BIB geht es hier nicht um die Gebäude selbst, sondern um das Erscheinungsbild eines Gebiets. So etwa im Bereich der Margarethenstrasse südlich des Bahnhofs, wo künftig die Denkmalpflege bei baulichen Veränderungen ein Mitspracherecht erhält.
Mit neuen Instrumenten wird der Schutz des Ortsbildes weiter ausgedehnt. Der Ebenrain wird neu als Denkmalschutzzone ausgeschieden. Bauliche Veränderungen dürfen dort künftig nur noch mit der Zustimmung der Denkmalpflege vorgenommen werden. Die klassizistischen Villen vis-à-vis der Migros an der Hauptstrasse sollen zudem in eine Ortsbildschutzzone überführt werden – ebenfalls mit strengeren Vorgaben für Umbauten.
Ein weiteres zentrales Element der Revision ist die Ausscheidung des Gewässerraums. Der Kanton ist aufgrund bundesrechtlicher Vorgaben dazu verpflichtet, für die langfristige Sicherung oder Wiederherstellung der natürlichen Funktionen der Gewässer zu sorgen. Im festgelegten Gewässerraum sind Neubauten künftig untersagt, während bestehende Bauten Bestandesschutz geniessen.
Die Gemeinde kann unter bestimmten Voraussetzungen vom Standard abweichen, etwa bei eingedolten Bächen. «Wir haben das absolute Minimum ausgeschieden», sagte Glanzmann. Bei diversen Abschnitten sei der Gewässerraum bewusst reduziert worden. Besonders bei den Schutzzonen betreffend Denkmalschutz dürfte die Gemeinde noch einige Rückmeldungen erwarten. Einige Bereiche seien bisher noch nicht an die aktuellen Gegebenheiten angepasst worden. Sowohl Peter Buser als auch Cedric Glanzmann wiesen mehrfach auf die Bedeutung der öffentlichen Mitwirkung hin.
Trotz vierjähriger Vorarbeit ist die Gemeinde Sissach noch lange nicht am Ziel: Das Mitwirkungsverfahren, das gestern eröffnet wurde, dauert einen Monat. Danach wird der Entwurf bereinigt. Im April 2026 soll die überarbeitete Zonenplanrevision der Gemeindeversammlung vorgelegt werden. «Leider stellen wir immer wieder fest, dass sich nur wenige vorab informieren», bedauerte Buser mit Blick auf die vielen leeren Stühle in der Turnhalle.