Frevler auf Mohn-Versuchsfeld
29.07.2025 Bezirk Liestal, Bubendorf, Gesellschaft, Baselbiet, SchweizBio-Bauer Dieter Weber ist sauer – das Problem geht über seinen Betrieb hinaus
Ungebetene Besucher haben zahlreiche Kapseln eines Versuchsfelds für Mohn geklaut. Der Ertragsausfall ist beträchtlich. Bio-Landwirt Weber vom Hof Obere Wanne musste nicht zum ersten Mal ...
Bio-Bauer Dieter Weber ist sauer – das Problem geht über seinen Betrieb hinaus
Ungebetene Besucher haben zahlreiche Kapseln eines Versuchsfelds für Mohn geklaut. Der Ertragsausfall ist beträchtlich. Bio-Landwirt Weber vom Hof Obere Wanne musste nicht zum ersten Mal erfahren, dass viele Leute nicht mehr zwischen mein und dein unterscheiden können.
Elmar Gächter
Dieter Weber lässt sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen. Beim Gespräch mit dem Bio-Landwirt des Hofs Obere Wanne zwischen Liestal und Bubendorf spürt man jedoch, dass er betroffen ist, ja sogar, dass sich Wut bei ihm bemerkbar macht. Im Herbst hat er auf einer Parzelle in der Nähe der WB-Station Gräubern speziellen Mohn angepflanzt, um zusammen mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau Fibl in Frick eine Sorte auf Winterhärte zu testen.
«Die Pflanzen haben im Lauf des Sommers mit einer so schönen Farbe geblüht, wie ich es noch nie gesehen habe», sagt Weber. Das prächtige Mohnfeld scheint auch manchen Passantinnen und Passanten gefallen zu haben. Leute hätten ungefragt das Feld betreten, Selfie um Selfie geschossen und mit Schere und Messer bewaffnet Mohnkapseln abgeschnitten und mitgenommen. «Viele Pflanzen bestanden nur noch aus Stängeln und Blättern», bilanziert der Landwirt.
Dieter Weber ist sich in Sachen «Selbstbedienung» schon einiges gewohnt. Erst vor Kurzem hätten an einem Sonntag Fremde auf seinem Kürbisfeld südlich des Altmarkts Grünmaterial in grosse Säcke gefüllt. Im Gegensatz zu Vorjahren liessen sie zwar keine Blüten mitlaufen, hingegen Amaranth, eine alte Kulturpflanze. Sie werde, so Weber, auch heute noch in etlichen Kulturen als Salat oder Gemüse genutzt. «Für uns Landwirte ist es eher ein Unkraut, und so habe ich überhaupt nichts gegen das Einsammeln, aber man hätte mich immerhin vorher fragen können.»
Stelle er die Leute zur Rede, höre er stets ähnliche Ausreden: Man habe nicht gewusst, wo fragen, oder sei ganz überrascht, etwas Unrechtes zu tun.
Auch habe es ja so viele Pflanzen, dass ein paar mehr oder weniger nichts ausmachten …
Laut Weber nehmen solche Vorfälle zu. Sich dagegen zu schützen, sei fast unmöglich. Als er wie vor zwei Jahren eine Bande aus Osteuropa in flagranti erwischt und bei der Polizei anzeigte, seien die Personen am nächsten Tag bereits wieder auf freiem Fuss gewesen. «Es gibt Leute, die sehen es nicht so eng und vertreten die Meinung, die Betroffenen seien selber schuld, wenn sie ihre Erzeugnisse so nahe an öffentlichen Strassen und Wegen ‹präsentierten›. Dies lädt in ihren Augen geradezu zum Diebstahl ein», meint der Landwirt. Auch sind es seiner Erfahrung nach häufig Personen, die es selber am wenigsten goutieren, wenn ihnen Sachen gestohlen werden.
Unsitte greift um sich
Für Marc Brodbeck, den Präsidenten des Bauernverbands beider Basel, ist es eine «allgemeine Zeiterscheinung», dass der Respekt gegenüber dem Eigentum mehr und mehr schwindet. Immer wieder höre er von Landwirtschaftsbetrieben, dass auch Lebensmittel wie Spargeln oder Kartoffeln von den Felder gestohlen werden. Bei gewissen Leuten herrsche die Mentalität, man könne sich ungefragt und kostenlos an fremdem Eigentum bedienen. Eine Lösung hat er nicht: «Wo kommen wir hin, wenn wir unsere Kulturen nicht nur wegen unserer Tiere, sondern auch noch wegen der Menschen einzäunen müssen?»
Dieter Weber hat sein Mohnfeld inzwischen geerntet und die Pflanzen gedroschen, mit einem ansehnlichen Ausfall. Zurück bleibt der Frust über Menschen, für die ein Baum, eine Hecke, eine Wiese oder ein Feld öffentliches Gemeingut sind, an dem man sich ungefragt bedienen kann. «Das ist anstandslos – und Diebstahl.»