Eine aussergewöhnliche Haltestelle
25.04.2025 Baselbiet, Verkehr, Region, Baselbiet, Oberdorf, WintersingenDer Bus könnte künftig in einer Engstelle halten
Die Haltestelle Wintersingen Oberdorf wird vom Kanton priorisiert behandelt und soll frühzeitig gemäss den Vorgaben des Behindertengleichstellungsgesetzes umgebaut werden. Weil die Situation komplex ist, führt der ...
Der Bus könnte künftig in einer Engstelle halten
Die Haltestelle Wintersingen Oberdorf wird vom Kanton priorisiert behandelt und soll frühzeitig gemäss den Vorgaben des Behindertengleichstellungsgesetzes umgebaut werden. Weil die Situation komplex ist, führt der Kanton ab dem 5. Mai einen Testbetrieb mit Videokameras durch.
Tobias Gfeller
Der Verkehr bei der Bushaltestelle Wintersingen Oberdorf wird aktuell auf der Hauptstrasse/Rickenbacherstrasse zweispurig geführt. Die Haltestelle befindet sich bei der Abzweigung in die Rebgasse und weist damit eine besondere und herausfordernde Lage auf.
Wie in vielen anderen kleineren Gemeinden fehlt auch in Wintersingen eine Haltestelle, bei der sich Haltekante und Buseinstieg auf gleicher Höhe befinden. Gemäss Behindertengleichstellungsgesetz hätte dies schweizweit bis Ende 2023 umgesetzt werden sollen. Da jedoch nicht alle Haltestellen im Rahmen von regulären Strasseninstandsetzungen fristgerecht angepasst werden können, hat der Kanton entschieden, 20 ausgewählte Haltestellen ausserhalb des Instandsetzungszyklus vorzeitig umzubauen – darunter «Wintersingen Oberdorf».
Mögliche Verkehrsberuhigung
Für die bauliche Anpassung der Haltestelle hat das Tiefbauamt der Baselbieter Bau- und Umweltschutzdirektion (BUD) eine Machbarkeitsstudie mit fünf unterschiedlichen Varianten in Auftrag gegeben. Die Rückmeldungen der Fachstellen aus den Bereichen Raumplanung, Denkmalpflege und Verkehrstechnik ergaben, dass die Variante mit einer Einengung der Fahrbahn auf eine Spur bevorzugt wird. «Diese Lösung erfordert nur minimale bauliche Massnahmen, verursacht geringe Eingriffe ins Ortsbild und hat zudem einen verkehrsberuhigenden Effekt – insbesondere bei Dorfeinfahrten», erklärt Andrea Tschopp, Leiterin Kommunikation bei der BUD.
Die Lösung mit einer einspurigen Fahrbahn, in welcher der Bus hält, ist gemäss Andrea Tschopp eine «aussergewöhnliche Lösung» und soll deshalb zuerst einen Testbetrieb durchlaufen. Während der zweiwöchigen Testphase führt ein Verkehrsplaner eine umfassende Analyse durch. Mit programmierbaren Kameras wird das Verkehrsverhalten an der provisorischen Haltestelle Wintersingen Oberdorf sowie an der Kreuzung Rickenbacherstrasse/Rebgasse aufgezeichnet und anschliessend ausgewertet.
Ziel der Analyse ist es, die Auswirkungen der geplanten Einengung der Fahrbahn auf den Verkehrsfluss und die Verkehrssicherheit zu beurteilen. Besonderes Augenmerk gilt potenziellen Konflikten in der Engstelle sowie dem Anfahren und Halten der Busse. Die gewonnenen Erkenntnisse dienen als Entscheidungsgrundlage für die definitive Ausgestaltung der neuen Haltestelle.
Der Testbetrieb wird vom kantonalen Tiefbauamt koordiniert. Die videobasierte Verkehrsanalyse wird durch ein externes Verkehrsplanungsbüro durchgeführt und ist mit Kosten von rund 11 000 Franken verbunden. Die bauliche Umsetzung der Massnahme wird gemäss Andrea Tschopp voraussichtlich rund 100 000 Franken kosten.
Haltestelle wäre erste ihrer Art
Da im Kanton Baselland bisher noch keine Haltestelle als Engstelle realisiert wurde, wird die Haltestelle Wintersingen Oberdorf zu einem Pilotversuch. Doch besteht dabei nicht die Gefahr für Rückstaus im Morgen- und Feierabendverkehr, wenn der Bus an der Haltestelle den Verkehr aufhält?
Engstellen sind gemäss der Bau- und Umweltschutzdirektion grundsätzlich bis zu einem durchschnittlichen täglichen Verkehr von 5000 Fahrzeugen zulässig – wie dies etwa im Waldenburgertal bereits praktiziert wird. Dieser Wert liege auf der Rickenbacherstrasse in Wintersingen unter 2000 und damit deutlich unter dem gesetzlichen Maximalwert. Um die Machbarkeit zu prüfen, wird die Haltestelle provisorisch für zwei Wochen auf der Rickenbacherstrasse eingerichtet.
Datenschutz sei gewährleistet
Mit der Installation von Kameras stellt sich automatisch die Frage nach dem Datenschutz. BUD-Sprecherin Andrea Tschopp versichert: «Der Kanton legt höchsten Wert auf den Schutz der Persönlichkeitsrechte. Die Anzahl der eingesetzten Kameras ist auf das notwendige Minimum beschränkt. Die Auflösung der Videoaufnahmen wird so eingestellt, dass weder Personen noch Kontrollschilder von Fahrzeugen identifizierbar sind.» Die Erhebung erfolge verhältnismässig und zweckgebunden. «Zusammen mit den kantonalen Fachstelle wurde der rechtliche Rahmen für die Erhebung definiert.»
Das erhobene Bildmaterial werde ausschliesslich im Rahmen des Projekts ausgewertet. Einzelne anonymisierte Sequenzen können zu Präsentationszwecken verwendet werden. «Eine Weitergabe des vollständigen Videomaterials erfolgt nur auf ausdrücklichen Wunsch des Auftraggebers und bedarf einer separaten Datenschutzvereinbarung mit der ausführenden Firma. Darüber hinaus behält sich die Firma das Recht vor, anonymisierte Sequenzen für Lehr- und Forschungszwecke zu verwenden.»