Durchmesserlinie statt Herzstück
19.12.2025 Region Basler und Baselbieter Regierung specken ihr Wunschprojekt ab
Die beiden Basel setzen sich in Bern neu für eine rasch realisierbare, unterirdische Durchmesserlinie zwischen dem Bahnhof Basel SBB und dem Badischen Bahnhof ein. Damit ist das bisher vehement geforderte ...
Basler und Baselbieter Regierung specken ihr Wunschprojekt ab
Die beiden Basel setzen sich in Bern neu für eine rasch realisierbare, unterirdische Durchmesserlinie zwischen dem Bahnhof Basel SBB und dem Badischen Bahnhof ein. Damit ist das bisher vehement geforderte Grossprojekt «Herzstück» vorerst vom Tisch.
tho./sda. In beiden Basel hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass das auf 14 Milliarden Franken geschätzte «Herzstück» – ein unterirdisches S-Bahn-Netz durch Basel – trotz jahrelanger und lautstarker Forderungen vom Bund derzeit nicht zu bekommen ist. Die beiden Kantonsregierungen schwenken deshalb um: Neu wird eine deutlich schlichtere unterirdische Verbindung zwischen dem Bahnhof Basel SBB und dem Badischen Bahnhof gefordert – ohne Seitenast und unterirdischen Bahnhof im Bereich des Basler Marktplatzes.
Eine solche neue Durchmesserlinie sei zwingend für einen grundlegenden Ausbau des triregionalen S-Bahn-Systems, heisst es in einer Medienmitteilung der Regierungen der Kantone Basel-Stadt und Baselland sowie der Handelskammer beider Basel von gestern.
Diese pragmatische Verbindung wollen die Kantone nun rasch vorantreiben. Im nächsten Bahnausbauschritt bis 2045 soll deshalb auf das Grossprojekt Herzstück mit Tiefenbahnhof verzichtet werden. Die abgespeckte Durchmesserlinie könne hingegen «in einem überschaubaren Zeitrahmen umgesetzt» und finanziert werden und habe dennoch eine grosse Wirkung.
Noch im Oktober hatten sich die Kantone an einer Medienorientierung vehement für ihre Maximalvariante mit Herzstück und Tiefenbahnhof SBB im nächsten Bahnausbauschritt eingesetzt und ein vom Bundesrat in Auftrag gegebenes Gutachten von Ulrich Weidmann von der ETH Zürich scharf kritisiert. Darin hatte der Verkehrsexperte das Herzstück «depriorisiert», also zeitlich weit nach hinten geschoben. Laut der Mitteilung vom Donnerstag erfolgte das Umschwenken der beiden Regierungen auf die kostengünstigere Variante im nachträglichen Austausch mit dem Gutachter.
Schneller realisierbar
Die neue, rund 6 Kilometer lange Durchmesserlinie soll die bisherigen «umständlichen Spitzkehren» in den Bahnhöfen Basel SBB und Badischer Bahnhof überflüssig machen, wie es in der Mitteilung heisst. Weil im Gegenzug auf den Westasttunnel und auf unterirdische Haltestellen in der Stadt verzichtet werde, könne das Projekt für etwa die Hälfte der Kosten des Herzstücks realisiert werden, zudem deutlich schneller.
Der Bund habe auf die neue Forderung mit positiven Signalen reagiert, sagte die Basler Bau- und Verkehrsdirektorin Esther Keller (GLP) gestern gegenüber dem «Regionaljournal» von Radio SRF. Entscheide stünden allerdings noch aus.
Während die 14-Milliarden-Franken-Taube auf dem Dach damit entschwunden ist, besteht die Hoffnung, einen mit 7 Milliarden Franken immer noch sehr teuren Spatz in der Hand zu bekommen. «Mit der Fokussierung auf die Durchmesserlinie trägt die Region dem Umstand Rechnung, dass die Mittel für den Ausbau der Bahninfrastruktur limitiert sind. Jetzt muss es aber auch zügig vorwärtsgehen», wird die Basler Ständerätin Eva Herzog (SP) im Communiqué zitiert.
Seilziehen um den Bahnausbau
Die Region Basel setzt sich seit rund 20 Jahren für einen Ausbau des lokalen Bahnknotens ein. Sie befürchtet, dass dieser bei unzureichender Kapazität zu einem Flaschenhals im S-Bahn-Verkehr und im internationalen Güterverkehr werden könnte.
Zuletzt wurde das Bahnangebot in der Region mit dem Fahrplanwechsel im vergangenen Dezember ausgebaut. Es gibt seither bessere Verbindungen in die Westschweiz sowie auf der Strecke Basel–Liestal. Die SBB und die BLS sprachen dabei vom «grössten Bahnausbau in der Nordwestschweiz seit 20 Jahren». Sollte der Bund grünes Licht für die nun geforderte Durchmesserlinie geben, könnten die ersten Züge in frühestens rund 15 Jahren durch den neuen Tunnel fahren, hiess es gestern im «Regionaljournal».
Für den Ausbau des Bahnknotens engagieren sich seit Langem auch Politikerinnen und Politiker aus dem Baselbiet. Der Baselbieter Bau- und Umweltschutzdirektor Isaac Reber (Grüne, Sissach) in der Mitteilung: «Die Region ist das Tor zur Schweiz. Die Nachfrage im Personen- und Güterverkehr steigt. Ohne den Bau der Durchmesserlinie wird die Region zum Flaschenhals. Das können wir uns nicht leisten – und die Schweiz auch nicht.»
Ständerätin Maya Graf (Grüne, Sissach) wird im Communiqué von gestern wie folgt zitiert: «Wir fordern mit Nachdruck, dass der Bundesrat die Durchmesserlinie im Januar 2026 in die Eckwerte zu ‹Verkehr 2045› aufnimmt und in der kommenden Botschaft zum Bahnausbau ein namhafter Betrag für den Ausbau des Bahnknotens Basel vorgesehen wird.» «Dafür», so Graf weiter, «werden wir in Bern kämpfen.»
