Die Neuen sind keine unbeschriebenen Blätter
29.02.2024 Bezirk Sissach, Wahlen, Abstimmungen, Sissach, Baselbiet, RegionDie vier Neukandidierenden für den Gemeinderat zu Investitionen und Steckenpferden
ch. In Sissach bewerben sich vier Bisherige und vier Neue für die sieben Sitze im Gemeinderat. Beim Schwatz beim Einkaufen, einem Raclette in der Begegnungszone, einer ...
Die vier Neukandidierenden für den Gemeinderat zu Investitionen und Steckenpferden
ch. In Sissach bewerben sich vier Bisherige und vier Neue für die sieben Sitze im Gemeinderat. Beim Schwatz beim Einkaufen, einem Raclette in der Begegnungszone, einer Unterschriftensammlung für die Solar-Initiative oder auf einem Wahlflyer hat man alle Kandidierenden in den vergangenen Wochen beschnuppern können. Kurz vor der Wahl hat die «Volksstimme» die vier neu für die Exekutive Kandidierenden gebeten, ihre Schwerpunkte und Positionen darzulegen.
Unbeschriebene Blätter sind sie in der Kommunalpolitik alle nicht: Fredi Binggeli (70, tritt als Parteiloser an, ist Mitglied der SVP) gehörte von 2016 bis 2020 bereits dem Gemeinderat an, Svenja Pichler (FDP), mit 30 Jahren die mit Abstand jüngste Sissacher Gemeinderatskandidatin, ist seit 2020 Mitglied der Gemeindekommission (GK), die sie während eines Jahres auch präsidierte. Dieter Stebler (57, FDP) wirkte bereits in der GK, der Geschäftsprüfungskommission und in mehreren weiteren Kommissionen der Gemeinde mit. Der SP-Kandidat David Foggetta (55) ist aktuell Mitglied der Wasser- und Kanalisationskommission und hat in jüngerer Vergangenheit wiederholt für eine höhere Aufenthaltsqualität in der Begegnungszone plädiert.
Die Siedlungsentwicklung mit hoher Aufenthaltsqualität in ganz Sissach für alle sozialen Schichten ist dem Architekten Foggetta ein wichtiges Anliegen. Die Entwicklung des Dorfzentrums sei seit Jahren blockiert. Die Gemeinde müsse eine aktivere Rolle wahrnehmen, «damit Sissach an urbaner Attraktivität gewinnt, der Wirtschaft neue Chancen bietet und schliesslich nachhaltige Arbeitsplätze entstehen lässt».
Lösung für Tschudy-Villa finden
Fredi Binggelis Augenmerk gilt den Quartierplänen im Zentrum und deren Umsetzung. Der Verkehrsfluss müsse unter Berücksichtigung des neuen Einbahnregimes und den Baustellentransporten aufrechterhalten werden. Ein Dorn im Auge ist Binggeli die Tschudy-Villa: «Ich möchte im Rahmen des Machbaren vonseiten Gemeinderat Hand bieten und die Situation baldmöglichst einer Lösung zuführen, ob durch Vermittlung, Mediation oder Gespräche am runden Tisch.»
Svenja Pichlers Steckenpferd ist die Bildung. Die Berufsschullehrerin möchte als Gemeinderätin die Schule von administrativen Aufgaben entlasten, damit der Unterricht im Zentrum stehen kann. Beim Angebot von familienexterner Kinderbetreuung möchte Pichler – wo nötig – Verbesserungen anstossen.
Stebler strebt bestmögliche Lösungen mit gesundem Menschenverstand an, wobei die unterschiedlichen Interessen gegeneinander abgewogen werden müssten: «Ich hätte auch gerne einen verkehrsärmeren Dorfkern, aber dieser Verkehr ist für viele existenziell.» Daher müsse ein Weg für eine Verkehrsentlastung ohne Fahrverbote gefunden werden – zum Beispiel mit genügend Parkmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe.
Uneinigkeit beim Steuerfuss
Konkret hat die «Volksstimme» die Kandidatin und die Kandidaten mit Blick auf grosse Investitionen in naher Zukunft auf deren Rezepte für weiterhin gesunde Finanzen angesprochen. «Was brauchen wir? Was hätten wir gerne?»: Diese Fragen müsse man sich schon bei der Planung von Infrastrukturbauten stellen, findet Pichler. «Lässt es die finanzielle Situation nicht zu, müssten eben Abstriche gemacht werden. Die kommenden Projekte müssten ganzheitlich betrachtet und kritisch hinterfragt werden.» In den finanziell anspruchsvollen Jahren, die vor Sissach liegen, möchte sie ohne Steuererhöhungen auskommen. Das Gleiche gilt für Stebler. Die Gemeinde solle zweckmässig, nachhaltig und finanzierbar bauen, auf Luxus sei zu verzichten. «Falls sich der Souverän trotzdem für eine Luxusvariante entscheidet, müssen die finanziellen Folgen – eine Steuererhöhung – klar aufgezeigt werden.»
Als ehemaliger Verantwortlicher für IT-Grossprojekte der Swisscom geht Fredi Binggeli die Frage pragmatisch-praktisch an: Mit mehreren Grossprojekten in unterschiedlichen Planungsstadien gelte es, den Geldfluss sehr gut zu lenken. Wichtig sei, Bauten und Projekte zu staffeln, damit ein «Klumpenrisiko» schon gar nicht entstehe. Den Steuersatz möchte Binggeli «so lange wie möglich» auf dem heutigen Niveau belassen.
Für David Foggetta bringen die «notwendigen Infrastrukturbauten» die Gemeindefinanzen weniger aus dem Lot als die Auswirkungen des demografischen Wandels, nämlich steigende Kosten für Altersheime, Spitex und Kesb. Für eine ausgeglichene Rechnung würde er eine Erhöhung des «historisch tiefen Steuerfusses» befürworten. «Wir sind es unseren älteren und hilfsbedürftigen Mitbürgern schuldig, dass für sie gesorgt wird.»
Wo sehen die Kandidierenden ihre Stärke? David Foggetta betont seine berufliche Erfahrung bei und mit der öffentlichen Hand, Stebler verweist auf 20 Jahre in verschiedenen Gemeindegremien und seine Führungserfahrung im Job. Pichler sieht sich als Vertreterin der jüngeren Generation. Fredi Binggeli ist bereit, Verantwortung zu übernehmen.