Das Geld und der Verkehr im Fokus
29.02.2024 Bezirk Sissach, Wahlen, Finanzen, Gelterkinden, Bezirk Sissach, BaselbietDas wollen die neu für den Gemeinderat Kandidierenden
Die Gemeindefinanzen sind das grosse Thema in Gelterkinden. In diesem Punkt stimmen alle vier neu Kandidierenden – bei drei Rücktritten – für den Gemeinderat überein. Ihre Lösungsansätze ...
Das wollen die neu für den Gemeinderat Kandidierenden
Die Gemeindefinanzen sind das grosse Thema in Gelterkinden. In diesem Punkt stimmen alle vier neu Kandidierenden – bei drei Rücktritten – für den Gemeinderat überein. Ihre Lösungsansätze unterscheiden sich weniger stark, als man vielleicht denken könnte.
Christian Horisberger
In der Gelterkinder Gemeindepolitik kommt derzeit niemand um das Thema Finanzen herum. Das strukturelle Defizit in der Grössenordnung von 1 Million Franken lässt das Angesparte wegschmelzen. Von links bis rechts sind sich alle einig, dass der Prozess gestoppt werden muss. Dies gilt auch für die neu für den Gemeinderat Kandidierenden, wie eine Befragung der «Volksstimme» zeigt. Als Heilmittel gegen die Misere setzen Sonia Gubitoso (Bürgerlicher Zusammenschluss Gelterkinden, BZG), Alain Bruggisser (BZG), Matthias Schürch (SP) und Urs Dünner (parteilos) längerfristig auf die Gewinnung neuer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.
«Neuer und guter Steuerzahler», präzisiert Schürch. Eine Untersuchung zeige, dass Gelterkinden vergleichsweise tiefe Pro-Kopf-Steuereinnahmen aufweist. Um Gutverdiener anlocken zu können, müsse Gelterkinden attraktiver werden, sagt er. Der von der Dezember-Gemeindeversammlung beschlossene Verzicht auf schulergänzende Tagesstrukturen trage kaum dazu bei. Pluspukte wären für Schürch der zweite Schnellzugshalt und eine Verbesserung der Verkehrssituation auf der Achse Sissach–Böckten–Gelterkinden. Möglichkeiten zur Entlastung des Dorfes vom Durchgangsverkehr inklusive Umfahrungsprojekte müssen wieder zum Thema gemacht werden.
SP-Kandidat Schürch ist damit ganz auf der Linie der beiden Kandidierenden des BZG, die mit der Verkehrssituation ebenfalls unzufrieden sind. Alain Bruggisser: «Verschwinden lassen können wir den Verkehr nicht, aber optimal kanalisieren – ohne Schikanen und Verengungen.» Sonia Gubitoso möchte «spezifische Engpässe identifizieren und nachhaltige Lösungen dafür finden», wobei eine enge Zusammenarbeit mit dem Kanton unerlässlich sei, wie die BZG-Präsidentin betont.
Der Steuerfuss
Beim Thema «neue Steuerzahler gewinnen» fällt immer wieder das Stichwort Steuerfuss. Für Urs Dünner muss der Steuersatz hinterfragt werden – im Bewusstsein, dass dies die Attraktivität einer Gemeinde für Zuzüger schmälert. Daher gelte es, die Balance zu finden. Klar gegen höhere Steuern stellen sich die BZG-Kandidierenden. Für Bruggisser wäre dies kontraproduktiv: «Ein Steuerprozent ist in Franken nicht viel, verunsichert aber die Bevölkerung und macht Gelterkinden als Wohnort unattraktiver.» Gubitoso pflichtet ihm bei, denn: «Mit einem Steuersatz von 59 Prozent liegen wir bereits über dem kantonalen Durchschnitt.» Für Schürch braucht es eine «ehrliche Auslegeordnung»: «Wollen wir uns das jetzige Angebot leisten, brauchen wir mehr Steuereinnahmen – entweder durch neue Steuerzahler oder durch eine Erhöhung des Steuerfusses.» Diese Diskussion müsse endlich geführt werden, sie werde aber von vielen gescheut, aus Angst, sich damit unpopulär zu machen.
Für wenig Erfolg versprechend hält der SP-Kandidat den Versuch, Leistungen abzubauen: «Die Debatten an Gemeindeversammlungen über Grünabfuhr oder Beiträge an Vereine zeigten, dass ein Konsens schwierig ist: Alle wollen sparen, nur nicht da, wo sie selber betroffen sind.» Urs Dünner ist zuversichtlicher: Er würde die Ausgaben nach Machbarkeit und Potenzial analysieren lassen, dies unter Einbezug des Verwaltungspersonals, das über viel Know-how verfüge. Bei der Umsetzung von Sparmassnahmen würde er die Bevölkerung früh einbinden. Hier denkt er auch an die Vereine mit ihren vielen ehrenamtlichen Helfern: «Ich finde es wichtig, diesen Menschen zu zeigen, dass ihre Arbeit geschätzt und wo möglich auch von der Gemeinde unterstützt wird.»
Bruggisser würde für die Haushaltsanierung alle nicht zwingend notwendigen Ausgaben streichen und bei unvermeidlichen Ausgaben versuchen, zu optimieren. Das Rezept seiner Parteikollegin Sonia Gubitoso ist, «alle Möglichkeiten zur Stärkung unserer Gemeindefinanzen zu prüfen». Dazu zählt sie auch die finanzielle Beteiligung umliegender Gemeinden an den von Gelterkinden erbrachten Zentrumsleistungen: «Es ist wichtig, vermehrt Kooperationsvereinbarungen mit den Nachbargemeinden auszuhandeln, um die Kosten gerechter zu verteilen.» Auch seien gemeinsame Projekte zur Effizienzsteigerung der Infrastruktur durchzuführen.
Auf Kurs sehen die Kandidierenden ihr Dorf in Bezug auf die Leistungen als Zentrumsgemeinde. Dünner streicht die Einkaufsmöglichkeiten, Vereine und das Bildungsangebot heraus, Bruggisser nennt insbesondere auch das Kultur- und Sportangebot sowie die Angebote fürs Wohnen im Alter. Schürch betont einige Entscheide in jüngerer Vergangenheit: die Photovoltaikanlage auf der Mehrzweckhalle, die Infrastrukturbeiträge bei Quartierplanungen oder die Parkraumbewirtschaftung.
Nicht besser, sondern anders
Als Letztes hat die «Volksstimme» die vier neuen Bewerber um einen Sitz im Gemeinderat gefragt, was sie besser machen würden als der bisherige Gemeinderat, und wo sie ihre Qualitäten sehen. Alle stellen zunächst klar, dass es ihnen nicht darum gehe, es besser zu machen, sondern allenfalls darum, es anders zu machen. Alain Bruggisser und Urs Dünner stehen für Sachpolitik ein. Beide wollen gute Lösungen und Kompromisse finden, die Gelterkinden weiterbringen, sagen sie. Dünner streicht dabei seine Unvoreingenommenheit und Unabhängigkeit (als Parteiloser) hervor. Bruggisser, Inhaber des Hobby-Shops in Gelterkinden, möchte dabei seine Erfahrung als Unternehmer einbringen und sein Wissen darüber, was in Gelterkinden läuft und wo der Schuh drückt. Matthias Schürch möchte als Gemeinderat «Sorge zu unserer Gemeinde» tragen. Das Erreichte müsse gepflegt und weiterentwickelt werden. Er bringe Neugier mit und die Bereitschaft, neue Wege einzuschlagen, und er sei bereit, auch unangenehme Tatsachen auf den Tisch zu bringen.
Auch Sonia Gubitoso scheut sich nicht, gelegentlich anzuecken, wie sie sagt. Als Gemeinderätin möchte sie Gelterkinden als attraktiven Standort für KMU positionieren und das Dorf als Arbeitsort attraktiver machen. Durch ihre langjährige Arbeit im öffentlichen Dienst seien ihr die Verwaltungsabläufe vertraut, und durch ihre Arbeit in der Gemeindekommission habe sie Einblick in die Geschäfte des Gemeinderats. Damit könne sie sich rasch in die diversen Dossiers einarbeiten.
Neben den vier Neuen kandidieren vier Bisherige für den Gemeinderat: Christoph Belser und Martin Rüegg von der SP sowie Thomas Persson und Manuela Schällibaum vom BZG. Drei amtierende Gemeinderäte treten nicht mehr an (siehe auch Seite 6, 7).