Abschied von der Waldspielgruppe
13.06.2024 Bezirk Sissach, Gelterkinden, Bildung, Gesellschaft, Bezirk Sissach, BaselbietLucia Z’graggen gibt Verantwortung weiter
In einer der ältesten Waldspielgruppen der Region steht ein Wechsel an: Gründerin Lucia Z’graggen gibt nach über zwei Jahrzehnten den Stab weiter. Während all der Zeit hat sie nur einen einzigen Tag ausfallen ...
Lucia Z’graggen gibt Verantwortung weiter
In einer der ältesten Waldspielgruppen der Region steht ein Wechsel an: Gründerin Lucia Z’graggen gibt nach über zwei Jahrzehnten den Stab weiter. Während all der Zeit hat sie nur einen einzigen Tag ausfallen lassen.
Brigitte Keller
Bewegung an der frischen Luft gibt bekanntlich Hunger. So geht es auch den Kindern der Waldspielgruppe vom Montag hoch oben über Gelterkinden. Sie freuen sich schon auf das Essen, das im grossen Kochtopf auf dem Feuer vorbereitet wird. Unter der grossen Blache, die den Platz rund um die Feuerstelle trocken hält, wird an diesem Tag ausnahmsweise vor dem Essen noch eine Geschichte erzählt, untermalt vom Geräusch des nächsten Regenschauers. Geschichtenerzählerin ist Lucia Z’graggen, Gründerin und langjährige Leiterin der Waldspielgruppe. Dies ist ihre letzte Gruppe als Leiterin, denn diesen Sommer wird sie die Leitung der Waldspielgruppe abgeben. «Ich bin jetzt 66 Jahre alt, irgendwann muss man mal aufhören», sagt sie dazu.
Es war 1996, als sie mit der Spielgruppe «Wärchegge» am Bleichiweg 4a startete. Als Naturliebhaberin lancierte sie zwei Jahre später die «Waldwoche», wo sie seither alljährlich in den Sommerferien ein einwöchiges Programm für Kinder von 5 bis 14 Jahren anbot. «Das fanden viele Eltern so toll, dass sie fragten, ob ich nicht eine Waldspielgruppe ins Leben rufen wollte», erzählt Z’graggen. Da ihre eigenen Kinder noch klein waren, musste die Realisierung noch etwas warten, doch im Jahr 2003 war es dann so weit.
«Ich selber hielt mich schon als Kind in der Innerschweiz viel im Wald auf. Und auch mit meinen eigenen Kindern verbrachte ich unzählige Stunden im Wald», erzählt Z’graggen weiter. Waldspielgruppen waren zu dieser Zeit noch eine Seltenheit und das Angebot stiess von Anfang an auf grosses Interesse. Zur selben Zeit startete auch eine Waldspielgruppe in Thürnen. Beide Angebote waren schnell ausgebucht. «Mit deren Gründerin tauschte ich mich rege aus und zusammen organisierten wir regelmässig Treffen für Leute, die auf der Suche nach Informationen waren und selber eine Waldspielgruppe aufbauen wollten.»
Wer sich in der Schweiz zur Leiterin von Spielgruppen und Waldspielgruppen weiterbilden will, besucht beispielsweise die Kurse der IG Spielgruppen Schweiz. In anderen Regionen der Schweiz hatte dieses Kompetenzzentrum bereits mehrere Ausbildungsstandorte, nicht aber in der Nordwestschweiz. Dass sich dies bald darauf änderte, ist auch ein Verdienst von Z’graggen. Sie machte die Ausbildung zur Erwachsenenbildnerin SVEB und fing in der Folge an, in Gelterkinden und Sursee angehende Leiterinnen von Waldspielgruppen weiterzubilden.
«Mir war es wichtig, als Ausbildnerin für Waldspielgruppenleiterinnen immer auch selber an der Basis weiterzuarbeiten und damit zu wissen, was läuft», sagt Z’graggen. Deshalb betreute und leitete sie die Gelterkinder Waldspielgruppe, verteilt auf zwei Gruppen, all die Jahre mit viel Einsatz weiter.
Nachfolge geregelt
Um das Weiterbestehen zu sichern, fing sie vor ein paar Jahren an, die Fühler nach einer geeigneten Nachfolgerin auszustrecken. In der Person von Stephanie Walthard wurde sie fündig. Vor rund vier Jahren lernten sich die beiden kennen und schätzen. Walthard wurde bald Teil des Teams und begleitete die Gruppen regelmässig. Ab diesem Sommer übernimmt sie die Leitung der Gelterkinder Waldspielgruppe von Z’graggen. Ebenfalls übernehmen wird sie Z’graggens Kurse für die IG Spielgruppen Schweiz.
Die Leitung einer Spielgruppe respektive Waldspielgruppe beinhalte nicht «nur» die Betreuung der Kinder. Zusätzlich gebe es ja sehr viel mehr zu tun, was man von aussen nicht sehe. Da seien die vielen Gespräche mit Eltern, Infoanlässe durchführen, zu schauen, dass genug Mitbetreuerinnen vorhanden sind, Verträge verfassen, Rechnungen schreiben, Löhne zahlen, die Buchhaltung machen, Versicherungen abschliessen und vieles mehr.
«Ich habe es immer sehr gerne gemacht, auch wenn finanziell nicht viel dabei rausschaute», erklärt Z’graggen. Doch jetzt freue sie sich, dass sie die Waldspielgruppe in gute Hände geben kann und es etwas gemächlicher weitergehen soll. «Ich stehe noch als Springerin zur Verfügung, falls mich Stephanie Walthard noch will.» Diese freut sich natürlich über dieses Angebot, denn sogenannte Springerinnen – erst recht eine so erfahrene –, auf die man in der Not zurückgreifen könnte, sind Gold wert.
Philosophie wird beibehalten
Unter der neuen Leitung von Stephanie Walthard soll die Waldspielgruppe im bewährten Rahmen weitergeführt werden. «Ich habe ja die letzten Jahre mit Lucia Z’graggen zusammengearbeitet und habe es schön gefunden, wie sie es gemacht hat, was einerseits die Philosophie anbelangt und andererseits die Strukturierung.» Wie bisher werden die Kinder individuell gefördert und betreut. «Wir fördern ihre sozialen Kontakte und lehren sie, alleine mit Konflikten umzugehen und gute Lösungswege zu finden», so die einhellige Meinung der beiden Frauen.
Ganz aufhören wird Z’graggen aber noch nicht. Ihr Teilzeitpensum an einem Kindergarten im Kanton Aargau wird sie vorläufig beibehalten. Und ein paar ihrer ehemaligen Kinder der Waldspielgruppe wird sie wiedersehen, wenn sie einmal im Monat die Lehrperson Mirjam Schweizer im Waldkindergarten ablösen wird. Apropos Waldkindergarten: Eine Nachfrage bei der Schulleitung hat ergeben, dass es dort noch ein paar freie Plätze hätte auf den Beginn des kommenden Schuljahres.
Weitere Informationen unter www.waldspielgelti.io