Mit Nadel und Faden für die Fasnacht
02.11.2021 Bezirk Sissach, Zunzgen, Fasnacht, PorträtIm Atelier «Rägäbogä» schneidert Linda Bader Fasnachtskostüme
Die Zunzger «Guggemuusig Windläfurzer» feiert heuer ihr 30-Jahre-Jubiläum. Mitendrin ist Gründungsmitglied und Kostümnäherin Linda Bader. Für das Jubiläum, das an der kommenden Sissacher Fasnacht gebührend ...
Im Atelier «Rägäbogä» schneidert Linda Bader Fasnachtskostüme
Die Zunzger «Guggemuusig Windläfurzer» feiert heuer ihr 30-Jahre-Jubiläum. Mitendrin ist Gründungsmitglied und Kostümnäherin Linda Bader. Für das Jubiläum, das an der kommenden Sissacher Fasnacht gebührend gefeiert werden soll, hat sie ein spezielles Kostüm entworfen.
Heiner Oberer
Die Geschwister Hanna und Cookie, zwei Chihuahua-Hunde mit riesigen Glubschaugen, begrüssen den Besucher aus sicherer Distanz mit heiserem Gebell. Linda Bader beruhigt: «Keine Angst. Die mexikanischen Kampfratten», wie sie ihre beiden Lieblinge nennt, «sind harmlos.» Aber unser Besuch gilt nicht den Hunden, sondern der Kostümnäherin. Wir möchten von ihr erfahren, wie es für sie ist, in Zeiten von Corona Fasnachtskostüme zu schneidern. Die 53-jährige gelernte Bereiterin betreibt nämlich seit rund 30 Jahren das Nähatelier «Rägäbogä» in Zunzgen. In den Regalen lagern wild durcheinander unzählige farbige Stoffballen. Auf der Ablage liegen verstreut unzählige Knöpfe, Nadeln und Faden. Das verleiht der Inneneinrichtung eine leicht chaotische Note. «Ich fühle mich nicht unwohl im Chaos», kommentiert Bader, «so kann sich meine Fantasie besser entfalten.»
Inzwischen hat es sich Hündin Hanna auf dem Schoss von Linda Bader bequem gemacht, als wollte sie am Gespräch teilhaben. Die passionierte Fasnächtlerin ist das letzte noch aktive Gründungsmitglied der Zunzger «Guggemuusig Windläfurzer». Sie habe zusammen mit ihren drei Kindern schon immer Fasnacht gemacht, erzählt sie. «Wir entwerfen und schneidern unsere Kostüme und fertigen unsere Larven selbst.» So sei sie mit der Zeit zur Kostümschneiderin avanciert. «Ich liebe Farben und bin kreativ und offen für vieles.» Darum auch der Name «Rägäbogä», der farbenprächtig den Eingangsbereich ihres Ateliers ziert. Der Regenbogen mit seiner Farbenpracht habe keinen sichtbaren Anfang und kein sichtbares Ende. Das imponiere ihr und sie könne ihrer Fantasie freien Lauf lassen. Auf die Frage, ob das Ausland, wo viel günstiger gearbeitet wird, für sie eine Konkurrenz sei, sagt Bader: «Nein. Die hiesigen Cliquen sind mir seit Jahren treu.» Natürlich gebe es – vornehmlich grosse – Gruppierungen, die im Ausland nähen liessen. Da könne es aber schon vorkommen, dass die Kostüme nicht passen. Das bedeute, dass ein hiesiger Schneider in einer Hauruck-Übung Änderungen vornehmen müsse, damit alle in ihr Kostüm passen.
«Ich habe Handarbeit gehasst»
Baders 28-jährige Tochter Angela führt als gelernte Floristin im Nebengebäude seit sechs Jahren einen Blumenladen. Sie hat sich in der Zwischenzeit zu uns gesellt. Auch sie ist aktive Fasnächtlerin bei den «Windläfurzern», und hört ihrer Mutter aufmerksam zu und nickt immer wieder zustimmend. Als die Mutter von den Anfängen des Nähateliers erzählt, schmunzelt die Tochter. «In der Schule habe ich Handarbeit gehasst. Das hatte in erster Linie mit den strengen und unmotivierten Handarbeitslehrerinnen zu tun», erinnert sich Linda Bader. Einzig eine Lehrerin konnte bei Bader das Interesse für Handarbeit wecken. «Vielleicht war es ihr Verdienst, dass ich heute öfter an der Nähmaschine sitze als ursprünglich geplant.»
Ab September bis zur Fasnacht sitzt die Kostümnäherin, die sich im professionellen Kleidernähen weitergebildet hat, sieben Tage in der Woche an der Nähmaschine. Gilt es doch, gegen 180 Kostüme für Guggen, Cliquen und Wagencliquen zu schneidern. Daneben hilft sie im Keller Larven für die eigene Gugge einzulegen.
Die «Windläfurzer» jubilieren
Zwei Jahre ohne richtige Fasnacht und ein Jahr ohne die geliebte Kostümnäherei seien hart gewesen, resümieren die beiden Frauen. Sie hätten sich aber mit der Situation arrangiert, die ihnen Corona aufgezwungen hat. «Jetzt hoffen wir, dass es nächstes Jahr wieder klappt mit einer richtigen Fasnacht», sagt Linda Bader. Die «Windläfurzer» feiern nämlich heuer ihr 30-Jahre-Jubiläum. Angela nickt und zeigt auf ein edles Kostüm an einem Kleiderständer. «Das ist unser Jubiläumskostüm, das wir doch hoffentlich an der nächsten Fasnacht dem Publikum präsentieren können», sagt sie. Man merkt der Kostümnäherin an, dass sie stolz ist auf ihre Arbeit. «Es erfüllt mich mit Freude und Genugtuung, wenn eine Clique oder eine Gugge mit einem von mir gefertigten Kostüm vorbeimarschiert», sagt sie.
Man spürt: Die beiden Frauen sind mit dem Fasnachtsvirus infiziert. Zudem gehören sie noch zu der Sorte Fasnächtler, die ihre Larven und Kostüme selber fertigen. Eine langsam aussterbende Spezies. Beide blicken zuversichtlich in die fasnächtliche Zukunft und hoffen, dass ihnen und allen anderen Fasnächtlern Corona nicht noch einmal die Freude verdirbt.
«Confetti bis Chluri»
hob. An der Sonderausstellung «Confetti bis Chluri» im Heimatmuseum Sissach wird am 7. November die langjährige Kostümnäherin Linda Bader aus Zunzgen anwesend sein. Sie demonstriert den interessierten Besucherinnen und Besuchern, wie ein Fasnachtskostüm entsteht und plaudert aus dem Nähkästchen.