Kirchgemeinde tritt Pfarrhaus ab
17.11.2020 Bezirk Sissach, Kirche, Gelterkinden, RothenfluhVersammlung beschliesst Rückgabe an die Stiftung Kirchengut
Im Sinne des geänderten Dekrets haben die Reformierten von Rothenfluh einstimmig beschlossen, auf die Nutzniessung am Pfarrhaus zu verzichten und dieses kostenneutral an die Stiftung Kirchengut zurückzugeben.
Otto ...
Versammlung beschliesst Rückgabe an die Stiftung Kirchengut
Im Sinne des geänderten Dekrets haben die Reformierten von Rothenfluh einstimmig beschlossen, auf die Nutzniessung am Pfarrhaus zu verzichten und dieses kostenneutral an die Stiftung Kirchengut zurückzugeben.
Otto Graf
Als erste Kirchgemeinde im Kanton haben die Reformierten von Rothenfluh von ihrem Recht Gebrauch gemacht, ihr zur Nutzniessung überlassenes Pfarrhaus an die Stiftung Kirchengut zurückzugeben. Am vergangenen Donnerstag hiess die Kirchgemeindeversammlung das Geschäft erwartungsgemäss einstimmig gut.
Was oberflächlich betrachtet nach einem Verscherbeln des Tafelsilbers aussieht, ist in Tat und Wahrheit ein wohlüberlegter und weiser Akt im Interesse beider Parteien. Damit die Rückgabe überhaupt vollzogen werden kann, musste die Stiftung das entsprechende Dekret ändern.
Das nach einem Brand im Jahr 1534 wieder aufgebaute und wiederholt renovierte Pfarrhaus am westlichen Dorfeingang umfasst neben dem Wohnhaus, das bis vor wenigen Jahren stets der Pfarrfamilie diente, auch eine direkt angebaute Scheune und die «Bude», ein Lokal für öffentliche und private Anlässe. 2019 wurde das markante, denkmalgeschützte Objekt für rund 600 000 Franken umgebaut und modernisiert. In die Investition teilten sich die Kirchgemeinde und die Stiftung hälftig.
Aus finanziellen Überlegungen und weil das Haus seinen Zweck als Wohnsitz der Pfarrperson eingebüsst hat, sprach sich die Kirchenpflege für eine Rückgabe an die Stiftung aus und reichte ein entsprechendes Gesuch ein. Im August orientierte Martin Innerbichler, Verwalter der Stiftung, über die Modalitäten der Transaktion.
Kirchgemeinde finanziell entlastet
Als Basis der Bewertung dient der Gebäudeversicherungswert und nicht der Marktwert. Berücksichtigt werden zudem der Zustand und ein allfälliger Sanierungsbedarf. Der eigens ausgearbeitete Bericht geht nach Verrechnung aller Gutschriften und Belastungen von einer Summe von 35 000 Franken zulasten der Kirchgemeinde aus, falls diese vom Rückgaberecht Gebrauch machen würde. Das ist nun der Fall. Allerdings hat der Kirchenrat entschieden, der Kirchgemeinde Rothenfluh die geschuldeten 35 000 Franken aus dem Härtefonds der Landeskirche auszurichten.
Die Kirchgemeinde wird inskünftig finanziell erheblich entlastet, weil die Unterhalts- und Betriebskosten des Pfarrhauses entfallen. Erhalten bleibt jedoch die emotionale Bindung der Bevölkerung an das Wahrzeichen des Dorfes, auch wenn keine Pfarrfamilie mehr dort wohnt. Seit der Reformation residierten 32 Pfarrfamilien im Pfarrhaus. Tröstlich: Das Dekret besagt nämlich, dass die Stiftung die von den Kirchgemeinden übernommenen Kirchen und Pfarrhäuser als Kulturgut erhalten muss und nicht dem allgemeinen Liegenschaftsmarkt zuführen darf.
Während die Wohnung in den beiden Obergeschossen privat vermietet ist, nutzt die Kirchgemeinde die Räumlichkeiten im Erdgeschoss und die «Bude» als Mieterin für 800 Franken monatlich nach wie vor für ihre eigenen Zwecke. Und im riesigen Dachgeschoss fliegen seit Jahrhunderten die Fledermäuse ein und aus.
Heidi Bader, Präsidentin der Kirchenpflege, freute sich an der Kirchgemeindeversammlung über den klaren Beschluss. Und Erich Straumann, der einstige Sachwalter der Kirchgemeinde, sprach von einem mutigen und wegweisenden Entscheid. Rothenfluh habe als Vorreiterin und erste Kirchgemeinde im Kanton die Option eingelöst, das nicht mehr benötigte Pfarrhaus der Stiftung Kirchengut zurückzugeben.