Vom Berg ins Tal
07.01.2020 Bezirk Sissach, Gastronomie, Wirtschaft, Porträt, SissachDas kleine Gastro-Imperium von Alexandra Gysin und Alain Goepfert
Alexandra Gysin und Alain Goepfert führen in Sissach drei Gastrobetriebe: Die Bergwirtschaft Sissacher Fluh, die Lounge11 und den Club55. Die Quereinsteiger beschäftigen 40 Mitarbeitende. Weitere Betriebe wollen sie ...
Das kleine Gastro-Imperium von Alexandra Gysin und Alain Goepfert
Alexandra Gysin und Alain Goepfert führen in Sissach drei Gastrobetriebe: Die Bergwirtschaft Sissacher Fluh, die Lounge11 und den Club55. Die Quereinsteiger beschäftigen 40 Mitarbeitende. Weitere Betriebe wollen sie vorderhand nicht übernehmen, um den Überblick nicht zu verlieren.
Heiner Oberer
Alexandra Gysin (41) und Alain Goepfert (35), Inhaber der Firma «Berg&Tal Gastro», vergleichen ihr Unternehmen mit dem Bau eines Hauses: «Zuerst entsteht das Haupthaus. Mit der Zeit wird angebaut.» In ihrem Fall ist die Bergwirtschaft Sissacherfluh das Hauptgebäude. Die «Lounge11» an der Bahnhofstrasse und der «Club55» in der Sissacher Begegnungszone sind die allmählich entstandenen, aber nicht minder wichtigen Nebenbauten. So haben die beiden in den vergangenen Jahren ein kleines Gastro-Imperium geschaffen.
Die Frage sei erlaubt: Wie reagiert die Konkurrenz auf das Gastro-Imperium mit rund 40 Fest- und Teilzeitangestellten? Neid? Bewunderung? «Wahrscheinlich beides», sagt Gysin. «Ich konzentriere mich allerdings mehr auf die Gäste, als mich um die Mitbewerber zu kümmern. Neider gibt es immer.» Für sie stehe der Mensch im Mittelpunkt. Die Gäste also. Und die Mitarbeitenden. Vor ihrem Job als Gastronomin mit Wirtepatent war sie in der Pflege tätig. Eine Arbeit, die sie sehr erfüllt hat: «Richtig. Ich arbeite gerne mit Menschen und das kommt mir jetzt zugute.»
Die Fluh, ein wundervoller Ort
Alain Goepfert, gelernter Polymechaniker und Fitnessinstruktor, ist schon früh in das Gastgewerbe eingestiegen. Im Nebenjob arbeitete er an der «Joker Bar» und in der «Schickeria» in Sissach. Schon bald realisierte er: «Das kann ich auch.» So übernahm er mit 24 Jahren in Möhlin ein Pub. «Eine harte Zeit», sagt er rückblickend. Er habe sieben Tage in der Woche gearbeitet. Putzen. Bedienen. Einkaufen – alles selbst gemacht.
Im Jahr 2014 wechselte er auf die Bergwirtschaft Sissacherfluh, die er im Jahr 2017 zusammen mit seiner jetzigen Partnerin als Pächter übernahm und die «Berg&Tal Gastro» gründete. «Wir haben der ‹Fluh›, nicht zur Freude aller, eine Verjüngungskur verordnet», sagt Goepfert. Das Restaurant ist sieben statt sechs Tage geöffnet. Die beiden haben der «Fluh» neues Leben eingehaucht, einen lieblichen Ort geschaffen für Hochzeiten sowie für Firmenanlässe, Geburtstage, aber auch für Tagesgäste und Wanderer. «Die ‹Fluh› ist ein wundervoller Ort», schwärmt Gysin, die zusätzlich im Vorstand der Fasnachtsgesellschaft Sissach engagiert ist. Es habe ein Generationenwechsel stattgefunden, erklärt Goepfert. Die ehemaligen Stammgäste sind weniger und das Publikum ist jünger geworden, stellen die beiden übereinstimmend fest. Im Jahr 2015 eröffneten sie im Keller des «Cheesmeyer-Huus» den «Club55» und zwei Jahre danach die «Lounge11» beim Bahnhof Sissach.
Shuffleboard als neuster Trend
Beide sagen, dass sie nicht «Bäizer» im herkömmlichen Sinn seien. «Wir sind nicht in allem Profis», sagt er. «Wir sind auf qualifiziertes Personal angewiesen, das nicht immer einfach zu finden ist», ergänzt sie. Über Persönliches wie die Rekrutierung des Personals oder ein zusätzliches Lokal wird von den beiden demokratisch entschieden. Goepfert meint augenzwinkernd: «Meistens kriegt ‹Lexi›», wie er seine Partnerin nennt, «recht.» Um gleich nachzuschieben, dass «Lexi» bei den Entscheidungen wohl die menschlichere Seite einfliessen lasse. Er sei eher der Business-Typ. Manchmal könne er auch zu Explosivität neigen. Seine Partnerin möchte das nicht so stehen lassen: «Alain ist sehr humorvoll und sensibel. Nur kommt das bei ihm nicht immer zum Vorschein. Ich denke aber, dass wir uns mit unseren unterschiedlichen Charakteren bestens ergänzen.»
Eine weitere Herausforderung sei die Schnelllebigkeit im Gastgewerbe, sagt Goepfert. Es gelte, immer die Augen offen zu halten für neue Trends. Seien es neue Drinks oder Spieltische wie Shuffleboards, welche die beiden Gastronomen für die Schweiz importieren (siehe Kasten). Zum Aufspüren neuer Trends hilft unter anderem das Internet. Viel wichtiger ist es aber, sich unter die Gäste zu mischen. «Wir sind an der Front und unterhalten uns mit ihnen», erklärt Gysin. Beim Smalltalk erfahre man viel Neues. «Wir interessieren uns für die Menschen und schätzen sie. Schliesslich kommen sie in unsere Lokale und geben in ihrer Freizeit Geld aus, was nicht selbstverständlich ist.»
Für Freizeitaktivitäten bleibt nicht viel Zeit. Mit ihrer ruhigen Art trägt Alexandra Gysin viel zur Entschleunigung bei. So umsorgt sie zu Hause vier zugelaufene Katzen. Auch Alain Goepferts wie ein Motorboot brummender PS-starker-Geländewagen ist verkauft. Stattdessen kurvt der umtriebige Gastronom – wenn es die Temperaturen erlauben – mit einem offenen «Golfwäägeli» durch die Gegend; «Lexi» hat ihm diesen fahrbaren Untersatz zum Geburtstag geschenkt.
Die Neider sind nicht weit
Auch das Eishockeyspiel müsse ruhen, sagt der wendige Flügelstürmer der zweiten Mannschaft des EHC Zunzgen-Sissach: Verletzungen und Zeitmangel hätten ihn zu einer Pause gezwungen. Vielleicht ist es gerade das Eishockey, das Goepfert zu einem Teamplayer geformt hat. Eine Eigenschaft, die ihm jetzt als erfolgreicher Gastro-Unternehmer zugute kommt. Zudem hat seine ihn umsorgende zukünftige Ehefrau – am 20. Februar wird geheiratet – immer ein «Pfläschterli» parat, um die seelischen und körperlichen Schrammen ihres zukünftigen Ehemanns zu versorgen.
Und die Zukunft? Soll das Unternehmen weiter wachsen? «Wir bekommen immer wieder Anfragen zur Übernahme von Restaurants, Pubs oder Clubs, die wir genau prüfen», sagt Goepfert. Im Moment seien aber keine zusätzlichen Betriebe geplant. «Das nicht, weil wir uns vor Neidern fürchten. Wir wissen, was wir können, und wollen nicht den Überblick verlieren», erklärt Alexandra Gysin mit einem Blick zu ihrem Partner, der zustimmend nickt.
Was ist Shuffleboard?
hob. Alain Goepfert erklärt es so: «Shuffleboard ist ein Geschicklichkeitsspiel, das jede Frau und jeder Mann spielen kann. Es enthält Elemente aus Curling, Boccia und Pétanque. Die Spielenden lassen Pucks, sogenannte Cues, über die Spielfläche in die gegenüberliegenden Wertungsbereiche gleiten und erhalten Punkte für ihre Genauigkeit.» Die beliebtesten Shuffleboard-Arten sind Tisch-Shuffleboard und Feld-Shuffleboard. Sehr an das Shuffleboard-Spiel angelehnt ist ausserdem das sogenannte Jakkolo beziehungsweise Sjoelbak. Diese Form des Shuffleboards kommt aus den Niederlanden und wird seit über 400 Jahren betrieben.