Gehen uns die Medikamente aus?
15.11.2019 Baselbiet, Gesundheit, Bubendorf, SissachOberbaselbieter Apotheker geben Einblick
Von Medikamentenengpässen ist immer wieder die Rede. Doch wie wirkt sich dieses Problem auf die Region aus und wie ernst ist das Thema? Eine Apothekerin und ein Apotheker geben Auskunft.
Lara Uebelhart
Ein Winter ohne ...
Oberbaselbieter Apotheker geben Einblick
Von Medikamentenengpässen ist immer wieder die Rede. Doch wie wirkt sich dieses Problem auf die Region aus und wie ernst ist das Thema? Eine Apothekerin und ein Apotheker geben Auskunft.
Lara Uebelhart
Ein Winter ohne Erkältungspräparate oder eine Heuschnupfenzeit ohne Antiallergika – das ist für Betroffene eine unangenehme Vorstellung. Genau solche Situationen können aber entstehen und das gar nicht einmal so selten. In den vergangenen fünf Jahren hätten Medikamentenengpässe stark zugenommen, erklärt Beatrix Havalda, Apothekerin und Geschäftsführerin der Studer Apotheke in Bubendorf. Es handle sich dabei aber nicht um ein regionales oder nationales Thema.
Vielmehr sei es ihrer Meinung nach ein Globalisierungsproblem. Die Ursachen: Die Produktion der Medikamente werde aus kostentechnischen Gründen ins Ausland verlagert und teilweise produzierten zwei Fabriken ein Medikament für die ganze Welt. Eine Rechnung, die nicht aufgehe. Auch Marco Gon- çalves, Geschäftsführer der Apotheke Strichcode in Sissach, sieht das Problem bei der Herstellung. «Es werden kleinere Menge produziert, um Lagerkosten einzusparen», erklärt er. Dazu kämen Verzögerungen durch Herstellerwechsel, Fabrikationsschwierigkeiten oder auch Rohstoffknappheit, so der Apotheker.
«Saison»-Produkte fehlen
Von den Engpässen betroffen seien verschiedenste Medikamente. Jedes Präparat könne einmal knapp werden, so die Apothekerin in Bubendorf. Gonçalves fällt auf, dass immer häufiger saisonale Medikamente fehlen. So stockte im vergangenen Winter für eine Weile der Nachschub des Grippemittels Neocitran. Auch im Frühling seien schon Antihistaminika gegen Heuschnupfen ausgefallen, so Gonçalves.
Auch bei der Grippeimpfung gebe es eine gewisse Knappheit. Dort liege es daran, dass Partner in grossen Mengen einkaufen und der Hersteller mit der Produktion schlicht und einfach nicht nachkomme, erklärt er.
Die Bevölkerung ist bis jetzt noch kaum von dieser Situation betroffen. Vielmehr betrifft es die Apotheken, die auf ihre Art damit umgehen müssen. Beatrix Havalda: «Bei jedem Medikament, das wir bestellen, wird mittlerweile geprüft, ob es tatsächlich lieferbar ist.» Fehle ein Medikament, werde eine ganze Kaskade in Gang gesetzt. Zuerst prüfe man, ob es lieferbar ist. Falls nicht, suche man ähnliche Medikamente mit dem gleichen Wirkstoff. Nächster Schritt wäre die Nachfrage bei Nachbarsapotheken. Der letzte Schritt wäre ein Anruf beim Arzt, um Lösungen und mögliche Therapieänderungen zu besprechen. Dies passiere allerdings selten, so Havalda.
In der Not aus dem Ausland
In Sissach geht man mit den Engpässen ähnlich um. Marco Gonçalves fügt hinzu: «Wenn das Problem national lösbar ist, macht man es auch immer national. Aber es gibt noch die Möglichkeit, die Medikamente aus Deutschland zu beziehen. Dort ist der Markt und somit der Bestand grösser.» Dies sei allerdings nur ungefähr viermal im Jahr der Fall. Wie geht es weiter? Der «Strichcode»-Apotheker sieht noch kein Problem bei der Situation. Im Moment habe man noch viele Optionen und an lebensnotwendigen Medikamenten fehle es nicht. Es gebe genug Lösungen.
In Bubendorf wünscht sich Beatrix Havalda Gegensteuer, um das Thema anzugehen. Ein Vorschlag wäre zum Beispiel die Einführung einer Mindestlagermenge, die honoriert wird, so Havalda. Sie findet: «Die Zukunft ist unklar.» Gonçalves gibt zu: «Im Moment können wir beruhigt sein. Aber wir wissen nicht, was morgen ist.»