«Wirten ist mein Leben»
23.07.2024 Bezirk Sissach, Gastronomie, SissachEin doppeltes Jubiläum für Zeynep Kunduru von der «Wystube Tschudy»
Für die Wirtin der «Wystube Tschudy» in Sissach gab es ein Doppel-Jubiläum zu feiern: ihren 60. Geburtstag sowie ihr 25-Jahre-Jubiläum als Wirtin. Zahlreiche ...
Ein doppeltes Jubiläum für Zeynep Kunduru von der «Wystube Tschudy»
Für die Wirtin der «Wystube Tschudy» in Sissach gab es ein Doppel-Jubiläum zu feiern: ihren 60. Geburtstag sowie ihr 25-Jahre-Jubiläum als Wirtin. Zahlreiche Stammgäste, Freunde und Bekannte kamen an die Jubiläums-Grillparty, um mit ihr auf die beiden Meilensteine in ihrem Leben anzustossen. Ans Aufhören denkt sie nicht.
Sander van Riemsdijk
Das Restaurant «Wystube Tschudy» ist im Sissacher Bahnhofsquartier ein beliebter Treffpunkt für Einheimische und auswärtige Gelegenheitsgäste. Seit nunmehr 25 Jahren wird es von der kurdischen Familie Kunduru geführt. Das Lokal ist durch seine zentrale Lage zwischen Bahnhof und Begegnungszone nicht mehr aus Sissach wegzudenken. Das Familienunternehmen bildet in einem rustikal-sympathischen Ambiente und mit seiner bodenständigen Küche – vom Rahmschnitzel bis zur Pizza – eine Beiz zum Wohlfühlen. Unter der Woche wird die «Wystube» bereits ab 6 Uhr morgens zum «Zmorge-» oder «Znüni»- Treffpunkt. Eine Gartenwirtschaft, begrünt mit alten Bäumen als Schattenspender und mit Blick auf das rege Treiben am Bahnhof, sorgt dafür, dass auch bei hitzigen Temperaturen zahlreiche Gäste den Weg in die «Wystube» auf sich nehmen.
Seit die Familie 1999 den Betrieb übernommen hat, umsorgt die Wirtin Zeynep Kunduru im urigen Lokal ihre Gäste. Mit ihrer Gastfreundschaft und Fürsorge trägt sie das Prädikat «gute Seele» und verkörpert den lebendigen Inbegriff von Geselligkeit. Um dieses 25-Jahre-Wirtin-Jubiläum gebührend zu feiern, wurden die Gäste am vergangenen Freitagnachmittag zu einer Grillparty mit Musik des Alleinunterhalters «Walti» in der Gartenwirtschaft eingeladen. Es gab jedoch nicht nur ein Jubiläum zu feiern: Zeynep Kunduru feierte an diesem Tag zudem ihren 60. Geburtstag. Tief gerührt und sichtlich ergriffen empfing das Geburtstagskind die herzlichen Glückwünsche mit Geschenken und dem Geburtstagsständchen.
Dieser emotionale Moment ist bezeichnend für die Wertschätzung, welche die jubilierende Wirtin seit 25 Jahren bei ihren Gästen geniesst. «Bei ihr fühlt man sich als Gast wohl. Sie nimmt jeden Menschen, wie er ist», sagt Christina Maria Kistler, während am Stammtisch einige Gäste ihrer Aussage kopfnickend zustimmen. Für Kurt Regenass, Stammgast seit der ersten Stunde, ist sie schlicht die vorbildliche Wirtin. «Zeynep macht alles für ihre Gäste, damit diese sich wohl fühlen. Jeder ist willkommen und alle werden gleich behandelt.»
Harter Job mit schönen Seiten
«Wirten ist mein Leben», sagt Zeynep Kunduru mit so viel Überzeugung in der Stimme, dass man es ihr gerne glaubt. Schaut man mit der Wirtin in die Vergangenheit, so blickt sie auf eine lange Zeit in der Gastronomie zurück, die in Sissach von einer schwierigen Startphase geprägt war. Der Betrieb lief harzig an. «Ich hatte das Gefühl, dass hier in Sissach das kulturelle Verständnis fehlte.» Aber das Positive überwog, ergänzt sie postwendend. «Bald konnte ich zu meiner Kundschaft eine vertrauensvolle Beziehung mit gegenseitiger Akzeptanz und Wertschätzung aufbauen.» Sie ergänzt: «Es sind in all den Jahren sogar richtige Freundschaften entstanden.»
Für Karin Schär, die an diesem Abend mit Freunden am Tisch die Feier geniesst, ist die Wirtin wie eine zweite Mutter. «Sie wirkt immer sehr zufrieden und hat für alle stets ein offenes Ohr.» Für Kunduru ist es der Umgang mit den unterschiedlichsten Menschen, der ihr am Beruf Freude macht. Auch wenn es gelegentlich «ein harter Job» ist, wie sie sagt, «aber einer mit schönen Seiten».
Der Werdegang der Jubilarin ist zwar etwas ungewöhnlich, aber irgendwie vorbestimmt. Als sie vor Jahren mit ihrem Mann Ali aus Kurdistan in die Schweiz nach Basel kam und er dort eine Stelle als Gipser fand, trug sie als Serviceangestellte in einem Basler Restaurant ihren Anteil zum Lebensunterhalt bei. Nachdem sie mit ihrem Mann einige Jahre in Basel ein eigenes Restaurant geführt hatte, zog es die Familie nach Sissach. «In die Provinz», sagt Zeynep Kunduru lachend und meint es nicht despektierlich. «Ich hatte mit dem Umzug Mühe, war ich doch eng mit der Stadt verbunden.»
Ertrag eingebrochen
Anfänglich gepachtet, kam die «Wystube Tschudy» später in eigene Hände. Die Jubilarin half ihrem Mann, soweit sie konnte, denn es mussten neben der Führung des Betriebs noch drei Kinder grossgezogen werden. Dass die Gastronomie momentan schwierige Zeiten erlebt, geht auch an der «Wystube» nicht vorbei. «Aber kein Grund zur Weltuntergangsstimmung», findet Kunduru, auch wenn der Ertrag seit Corona um etwa die Hälfte eingebrochen ist, wie sie sagt.
«Ohne Familie würde es nicht gehen. Wir haben für das Restaurant gelebt und für den Erfolg hart gearbeitet», so die Wirtin. «Wir sind dankbar, dass uns die Gäste auch in dieser schwierigen Zeit nicht alleine lassen.» Dies käme Stammgast Elfi Ohm auch gar nicht in den Sinn: «Ich schätze immer wieder die gemütliche familiäre Atmosphäre hier. Dabei ist Zeynep eine tolle, flotte Wirtin und bildet mit ihren Söhnen ein Superteam.»
Jetzt, da ihr Mann gesundheitsbedingt einen Schritt zurück gemacht hat, ist sie auf die Unterstützung ihrer beiden Söhne angewiesen – denn auch an einer immer noch fit wirkenden Zeynep Kunduru gehen die Jahre nicht spurlos vorbei. Erfüllte sie früher täglich während 16 bis 17 Stunden die Wünsche ihrer Kundschaft, sind es heute noch etwa neun Stunden. Auch die drei Grosskinder wollen schliesslich noch etwas von ihrer Grossmutter haben. «Solange es die Gesundheit erlaubt, werde ich weiter wirten», sagt die Jubilarin. Es tönt wie ein Treueschwur. Auch nach 25 Jahren haben sich die Leidenschaft und das Herzblut für das Wirten nicht verflüchtigt.
Zur Person
svr. Zeynep Kunduru ist 60 Jahre alt und verheiratet. Aufgewachsen in Kurdistan, wohnt sie heute in Zunzgen. Sie hat zwei Söhne und eine Tochter, dazu ist sie dreifache Grossmutter. Auch wenn der Gastronomiebetrieb ihr wenig Freizeit lässt, geht sie – wenn immer möglich – gerne in der Region wandern.