Wie ein Fels in der Brandung
12.12.2025 Bezirk Sissach, Baselbiet, SissachEsther Wirz-Eglin verabschiedet sich vom Mülimatt
In Frühpension gehen nach 38 Jahren in derselben Institution, so etwas gibt es selten. Beinahe 30 Jahre davon war Esther Wirz im Zentrum Mülimatt Leiterin Pflege und Betreuung. Sie war bei der Wahl die jüngste ...
Esther Wirz-Eglin verabschiedet sich vom Mülimatt
In Frühpension gehen nach 38 Jahren in derselben Institution, so etwas gibt es selten. Beinahe 30 Jahre davon war Esther Wirz im Zentrum Mülimatt Leiterin Pflege und Betreuung. Sie war bei der Wahl die jüngste Pflegedienstleiterin und geht jetzt als diejenige mit den meisten Dienstjahren.
Brigitte Keller
Wer seinem Beruf und seinem Arbeitgeber 38 Jahre treu bleibt, muss offenbar am richtigen Ort und im richtigen Beruf gelandet sein. Und genau dies trifft auf Esther Wirz, geborene Eglin (Jahrgang 1968), zu. Schon als Schülerin wusste die junge Sissacherin, dass sie später in der Pflege arbeiten wollte. Beide Schnupperlehren, die es zu machen galt, absolvierte sie im Spitalbereich – und sie hätte gerne auf der Stelle mit der Ausbildung beginnen wollen. Doch damals galt noch ein Mindestalter von 18 Jahren und somit musste sie nach dem Abschluss der obligatorischen Schule noch zwei Jahre überbrücken.
Praktikum im Tessin
Eine Möglichkeit bot der Besuch der Diplommittelschule (DMS). Nach einem Jahr brach sie jedoch ab und ging dafür in ein halbjähriges Praktikum in die Hildebrand-Klinik in Brissago (TI). «So konnte ich nebenbei Italienisch lernen, das fand ich noch cool», erzählt Esther Wirz. Aus dem halben Jahr wurde dann ein ganzes Jahr und am liebsten wäre sie gleich dortgeblieben. Ein junger Tessiner war daran nicht ganz unschuldig. Ihre Eltern waren davon wenig angetan und haben sie nach Hause geholt, damit sie hier mit der ordentlichen Ausbildung beginnen konnte.
Die zweijährige Lehre, die sie in Angriff nahm, hiess «Ausbildung zum Fähigkeitsausweis in praktischer Krankenpflege» (FA SRK). Im Unterschied zu vergleichbaren Ausbildungen von heute wechselte man damals alle sechs Monate die Abteilung respektive die Institution.
Gewohnt hat Esther Wirz damals jeweils in einem sogenannten «Schwesternzimmer», was nicht immer so einfach gewesen sei respektive es sich manchmal schon etwas einsam angefühlt habe. Vom Zeitalter mit Smartphone und Internet war man damals ja noch weit entfernt. «Ich hatte dann die glorreiche Idee, mir einen Hamster anzuschaffen», erzählt Esther Wirz mit Lachen bei der Erinnerung daran. «Ich weiss nicht, was ich mir dabei gedacht hatte, denn er war ja immer dann am aktivsten, wenn ich schlafen musste.»
Dass sie kurz darauf selber als Patientin im Bruderholz landen würde, war alles andere als geplant. Doch ausgerechnet auf der Lehrabschlussreise nach Paris bekam sie starke Bauchschmerzen. Zuerst wurde sie in Paris in zwei Spitälern untersucht, wofür die Eltern sogar schnell noch Geld überweisen mussten. Schliesslich fuhr sie mit ihrer Klasse im Zug zurück nach Basel. Dort holten sie die Eltern am Bahnhof ab und fuhren mit ihr ins Bruderholz-Spital. Gerade noch rechtzeitig, denn dann sei ihr Blinddarm geplatzt.
Gefordert und gefördert
Mit ihrem Berufsabschluss FA SRK hätte sie auch in einem Spital in die Arbeitswelt einsteigen können. Doch für Esther Wirz standen zwei Dinge fest: Sie wollte in die Langzeitpflege und sie wollte ins Sissacher «Mülimatt». Und so kam es: Am 1. März 1988 stieg sie dort ins Berufsleben ein. Bereits Anfang 1989 wurde sie zur stellvertretenden Stationsleiterin gewählt und ab Mai 1992 zur Stationsleiterin. Parallel dazu bildete sie sich laufend weiter, DN I, HF und später noch Ausbildungen im Management. Per 1. Juli 1996 wurde sie zur bisher jüngsten Leiterin Pflege und Betreuung und stellvertretenden Heimleitung im Kanton Baselland gewählt.
«Meine Tätigkeit und die Herausforderungen haben sich über die Jahre stark gewandelt», sagt Wirz. Mit dem neuen Haus B, bei dessen Planung sie mitgestalten konnte, wuchs die Institution stark. Mehr Bewohnende, mehr Personal, mehr Angehörige. Das «Mülimatt» wuchs zu einem der grössten Zentren im oberen Kantonsteil mit 140 Betten. Heute arbeiten gut 250 Personen im «Mülimatt», davon rund 180 Personen in der Pflege und Betreuung. Und mittendrin Esther Wirz als «Fels in der Brandung», wie sie an der einen oder anderen Stelle bezeichnet wird.
Wertschätzung erlebt
«Meine Tätigkeit war immer sehr abwechslungsreich und es hat mir über all die Jahre Spass gemacht», sagt Wirz, die immer Vollzeit gearbeitet hat. «Ich konnte mich immer auch auf sehr gute Mitarbeiterinnen verlassen, die mich ganz toll unterstützt haben.» Auch dem Arbeitgeber windet sie ein Kränzchen: Das «Mülimatt» sei eine Institution, die sehr wertschätzend unterwegs sei.
Diese beiden Tatsachen kamen zuletzt zum Tragen, als der Ehemann von Esther Wirz schwer erkrankte und dann Anfang Oktober leider unerwartet innert Kürze verstarb. Die stellvertretende Leiterin Pflege und Betreuung und die Stationsleiterinnen und -leiter hätten ihr in dieser schweren Zeit sehr viel abgenommen. Sie haben dadurch möglich gemacht, dass Esther Wirz die letzten Wochen an der Seite ihres Mannes verbringen konnte. Man habe ihr gar angeboten, die Pensionierung aufzuschieben. Sie blieb jedoch bei ihrem Entschluss, jetzt in Pension zu gehen. Am 24. Dezember ist ihr letzter Arbeitstag. Eine Feier zur Verabschiedung wird es auf ihren Wunsch hin nicht geben.
Was kommt, birgt noch einiges an Ungewissheit. Was bleibt, sind 38 Berufsjahre, in denen Esther Wirz viel lernen, erfahren und erleben durfte. Gerne denkt sie neben der spannenden Tätigkeit auch an die vielen Freizeitaktivitäten zurück, welche die «Mülimatt-Familie» gemeinsam unternommen habe. «Wir haben früher zusammen gesungen und getanzt, Stichwort ‹Chorus Line›, Schnitzelbänke geschrieben und vieles mehr. Es war eine wunderschöne Zeit hier.»
Neue Leitung Pflege und Betreuung
bke. Als Nachfolgerin von Esther Wirz-Eglin und damit zur Leiterin Pflege und Betreuung und zum Mitglied der Geschäftsleitung des Zentrums Mülimatt wurde Rosmarie Urich gewählt. Sie verfügt über fundiertes Wissen im Gesundheitswesen und Management. Urich tritt die Stelle am 5. Januar an.


