Was haben die Queen Mum und Paul McCartney gemeinsam?

  19.06.2025 Bezirk Waldenburg, Baselbiet, Eptingen

Das demokratischste Oldtimer-Treffen

Mit mehr als 600 älteren und alten Fahrzeugen hat der Oldtimer-Treff in Eptingen auch die Schaulustigen in Scharen angelockt. Zu sehen waren «Normalos», Legenden, riesige «Ami-Schiffe», Autos, die Rallye-Geschichte geschrieben haben, oder Nobelkarossen aus Grossvaters Zeiten.

Christian Horisberger

Am Oldtimer-Treff in Eptingen ist der noch immer modern wirkende Volvo 850 Kombi von 1993 so willkommen wie der Buick Limited von 1958 – ein «Ami-Schiff» von fast sechs Metern Länge – oder der Jaguar E-Type, in den Augen von Enzo Ferrari «l’auto più bella del mondo» – das schönste Auto der Welt. Und sogar für Traktoren-Veteranen ist auf dem Eventgelände unterhalb des Dorfs immer ein Plätzchen reserviert.

Seine Offenheit und Vielseitigkeit machen den Auto-Event zu etwas Besonderem, etwas Demokratischem: Hier parkiert der «R4» ungeniert neben dem Porsche 356 und der froschgrüne Opel GT nicht weit von der ikonischen Corvette, von der sich die Opel-Designer damals womöglich zum GT inspirieren liessen.

So spektakulär und legendär manche Autos, die sich den Besuchenden in Eptingen offenbaren, sind, so spannend sind die Ansichten und Geschichten von jenen, die diese Juwelen nach Eptingen gefahren haben. Ursula Hediger aus dem aargauischen Küngoldingen, die in Eptingen als Parkplatzanweiserin eingespannt wurde, sieht in historischen Autos wie ihrem Mini Cooper, der heute Kult-Status hat, rollende Kulturgüter: «Diese Autos haben Charakter, man spürt sie, das ist nicht einfach nur ein Hineinsitzen und Losfahren», sagt sie.

Um einen Mini zu mögen, braucht man keinen zu besitzen, wie die Queen Mum oder Paul McCartney: Es komme immer wieder vor, dass Passanten bei ihrem Auto stehen bleiben und es verzückt betrachten würden, so die 69-Jährige, die beim Auto-Importeur Emil Frey als Leiterin der Verkaufsadministration der Geschäftsleitung angehörte.

«Mini» seit der Fahrprüfung
Als 18-Jährige hat Hediger mit einem Mini Cooper die Autoprüfung bestanden und seither drei oder vier weitere Minis gefahren. Beim Modell, mit dem sie am Sonntag in Eptingen vorfuhr, handelt es sich um das Sondermodell «Monte Carlo», das 1998 vom Band lief. Mit Chromstahl und Holz auf dem Armaturenbrett, 98 PS unter der Motorhaube und 47 000 Kilometern auf dem Buckel, die man dem Zwerg nicht ansieht. Vor sieben Jahren – mit 62 – hatte sie das Auto gekauft.

Wie so viele, die mit dem Autovirus infiziert sind, kommt auch Ursula Hediger davon nicht los. Obwohl sie seit einiger Zeit pensioniert ist, wirkt sie noch immer als OK-Präsidentin des Oldtimer-GPs auf dem Gelände ihres früheren Arbeitgebers in Safenwil. «Dieses Jahr findet der Anlass übrigens am 16. August statt …», sagt sie mit einem Augenzwinkern.

An jenem Klassiker-Treffen wird Hediger auf die Unterstützung von Martin Schumacher zählen können, der bei der Emil Frey AG als Leiter des Occasionenverkaufs tätig ist und mit seinem Bruder und Vater seit 14 Jahren beim Treffen in Eptingen die Fäden zieht. Schumachers Herz schlägt für britische Sportwagen: In seiner Garage stehen ein 1965er Austin Healey und ein TVR Griffith 500 von 1999, an denen er auch selber Hand anlegt, wie er sagt.

Am Sonntag sind aber seine Fertigkeiten am Grill gefragt. Hier ist es etwas ruhiger als in anderen Jahren. Wegen der ungünstigen Wetterprognosen mit Gewittertendenz am Nachmittag finden diesen Sonntag lediglich um 600 Oldtimer-Fahrer den Weg nach Eptingen. Bei idealen Bedingungen sind es laut Schumacher jeweils um die tausend, fast doppelt so viele, wie das Dorf Einwohner hat. Die Popularität des Anlasses begründet der Mitveranstalter auch mit dem Standort: «Ob man über den Bölchen oder den Hauenstein kommt, die Fahrt hierher ist sehr attraktiv.»

Rückleuchten wie Taschenlampen
Keinen sehr weiten Weg hatte Thomas Spinnler (69), der mit einem grauen Ford Coupé von 1936 von Thürnen nach Eptingen gekommen ist. Die wunderbaren Rundungen des raren Klassikers, die eleganten Kotflügel, die grossen, frei stehenden Scheinwerfer oder die Rückleuchten, die wie Taschenlampen geformt sind, haben es ihm angetan. Nachdem er das stark restaurationsbedürftige Fahrzeug entdeckt und aus Deutschland importiert hatte, setzte er es in rund 500 Arbeitsstunden während etwa zweieinhalb Jahren sorgfältig von Grund auf wieder instand – mit Originalteilen, wie der gelernte Autoelektriker und spätere Versicherungsfachmann betont. An Treffen wie am Sonntag in Eptingen bereite ihm der Austausch unter Gleichgesinnten ebenso Freude wie die Gelegenheit, Autos zu entdecken, «zu denen ich nicht Nein sagen würde». Zwei Stunden nach Beginn des Autotreffens herrscht auf dem Gelände ein Kommen und Gehen. Die Gäste flanieren den parkierten Preziosen entlang, spähen hier durch die Seitenscheibe in ein Wageninneres und stillen dort ihre Neugier bei einem Gespräch mit dem Fahrzeughalter. Ein besonders gefragter Mann ist Rudolf Schaub, pensionierter Architekt aus Magden und Besitzer eines schnittigen Bugatti Type 57 Ventoux. Der Achtzylinder mit 3,3 Litern leiste 135 PS und mache das Auto bis zu 150 Stundenkilometer schnell, sagt der 81-Jährige, «so schnell bin ich aber noch nie gefahren». Der «Ventoux» mit einer Karosserie aus Holz – an den Türrahmen ist unter dem Lack die Holzmaserung klar erkennbar – stamme aus Familienbesitz, so Schaub, er habe ihn vor einem Vierteljahrhundert von seinem Schwiegervater übernehmen können.

Im nächsten Jahr «oben ohne»
Der Bugatti ist nicht die einzige Kostbarkeit in seinem Besitz, wie der Autoliebhaber verrät. Würde nicht ein Gewitter drohen, wäre er «oben ohne» mit seinem Lagonda Drophead Coupé zum Oldtimer-Treff gekommen. Lagonda, klärt Schaub auf, sei eine in den 1930er-Jahren erfolgreiche englische Sportwagenmarke, die später in Aston Martin aufging. Bei seinem Fahrzeug handle es sich um eines von zwei Zwölfzylinder-Fahrzeugen, die im Jahr 1938 an der Rallye Monte Carlo am Start gewesen seien.

Die Aussicht, diese geschichtsträchtige Rarität einmal aus der Nähe betrachten zu dürfen, ist ein Grund, auch im nächsten Jahr wieder nach Eptingen zu kommen – und auf eine günstige Wetterprognose zu hoffen.


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