Auch wenn es dieses Jahr sehr nass ist und die Hitzetage rar sind, der Wald ist nach wie vor gestresst. Beleg dafür ist ein Sicherheits-Holzschlag auf der Sissacher Fluh, der auch von Weitem nicht zu übersehen ist.
Christian Horisberger
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Auch wenn es dieses Jahr sehr nass ist und die Hitzetage rar sind, der Wald ist nach wie vor gestresst. Beleg dafür ist ein Sicherheits-Holzschlag auf der Sissacher Fluh, der auch von Weitem nicht zu übersehen ist.
Christian Horisberger
Heimatverbundene und Ästheten brauchen starke Nerven, wenn sie zurzeit zur Sissacher Fluh hochblicken: Die zuvor harmonische Silhouette ist zerstört, im Wald unmittelbar neben der Fluhkanzel klafft eine grosse Lücke. Ein Augenschein auf der Fluh am Samstag zeigte: Das Waldstück bei der von Reifenspuren gezeichneten Fluh-Wiese ist abgeholzt, Baumstämme und grobe Äste sind direkt bei der geräumten Fläche und an der Strasse, die von der Fluh hinunter führt, zum Abtransport aufgeschichtet.
«Es handelt sich um einen Sicherheitsholzschlag», begründet Niggi Bärtschi, Waldchef im Sissacher Bürgerrat, die Rodung. Bei den gefällten Bäumen handle es sich um Buchen, die im Hitzesommer 2018 Schaden genommen und sich davon nicht erholt hätten. Um die Sicherheit auf dem nahe gelegenen, stark begangenen Wanderweg nicht zu gefährden, sei das Forstrevier nun aktiv geworden. «Früher oder später wären Bäume umgestürzt und es hätte zu Unfällen kommen können», so Bärtschi weiter. Die Arbeiten haben vergangene Woche begonnen und dürften heute abgeschlossen werden.
Laut Thomas Tanner, Betriebsleiter des Zweckverbands Forstrevier Sissach (Sissach, Böckten, Itingen, Nusshof, Thürnen, Wintersingen und Zunzgen) erfolgte der Holzschlag in Absprache mit der Abteilung Natur und Landschaft am Zentrum Ebenrain sowie mit dem Amt für Wald beider Basel. Es sei entschieden worden, nicht nur die sterbenden oder bereits dürren Bäume zu fällen, die rund 70 Prozent des Bestands ausmachen. Stattdessen werde die gesamte, 50 Aren grosse Fläche mit etwa 60 Bäumen geräumt und mit «klimafitten» Baumarten aufgeforstet.
Vor allem alte Buchen gefährdet
Holzschläge wie dieser sind insbesondere aufgrund des Klimawandels das tägliche Brot fürs Forstrevier – selbst in einem nassen Jahr wie dem heurigen. Denn: Erleidet eine Buche einen grösseren Hitzeschaden, kann sie kein Wasser mehr aufnehmen. Drei bis vier Jahre später ist der Baum tot. Am stärksten betroffen sind laut Tanner ältere Buchenbestände an felsigen, flachgründigen Standorten – wie jenem auf der Sissacher Fluh.
Die extreme Hitze bekommt auch der Fichte schlecht und eine Pilzkrankheit, die Eschenwelke, setzt der Esche zu. «Wir können derzeit nur reagieren», sagt Revierförster Tanner dazu. Angesichts eines Buchen-Anteils im Revier von mehr als 50 Prozent überrascht es nicht, dass seine Equipe die meiste Zeit darauf verwendet, Waldflächen mit sterbenden und toten Bäumen zu roden und mit «Zukunftsbäumen» aufzuforsten. Besonderes Augenmerk gelte Flächen mit angeschlagenen Bäumen oder Beständen an Wald- und viel begangenen Wanderwegen.
Den anderen Forstrevieren in der Region geht es ähnlich wie dem Sissacher, wie Kantonsförster Ueli Meier sagt: Die Arbeit im Forst sei heute ein Reagieren auf eine bestimmte Situation, die sich durch Wettersituationen oder Störungen anderer Art ergäben. «Das ist zur Daueraufgabe geworden.» Die Buche hat Meier trotz ihrer Hitzeanfälligkeit nicht abgeschrieben. Denn junge Bestände an nicht exponierten Lagen würden keine grösseren Hitzeschäden aufweisen.
Mit dem Anblick, der die Sissacher Fluh neuerdings bietet, wird man sich für einige Zeit abfinden müssen. So lange eben, bis die Kronen der Eichen, Kirsch- und Nussbäume sowie Ahorne oder Baumhasel, die nun gepflanzt werden, die «Zahnlücke» aufgefüllt haben.