«Vom Mindestlohn profitieren alle»
30.01.2025 Baselbiet, Abstimmungen, Gesellschaft, Gemeinden, FinanzenDie Befürworter stellen ihre Argumente vor
Der Mindestlohn sei «der Batzen und das Weggli», ist das Komitee überzeugt, das für ein Ja am 9. Februar eintritt. Unternehmen und Arbeitnehmende würden profitieren, und auch die Sozialkosten der Gemeinden ...
Die Befürworter stellen ihre Argumente vor
Der Mindestlohn sei «der Batzen und das Weggli», ist das Komitee überzeugt, das für ein Ja am 9. Februar eintritt. Unternehmen und Arbeitnehmende würden profitieren, und auch die Sozialkosten der Gemeinden würden sinken, betonten Komiteemitglieder gestern vor den Medien.
Thomas Immoos
Dem Komitee «Ja zum Mindestlohn» gehören neben SP und Grünen auch die Gewerkschaften sowie einzelne Vertreter bürgerlicher Parteien an. An einer Medienorientierung stellten sie gestern in Liestal ihre Gründe für ein Ja zum Baselbieter Mindestlohn von 22 Franken pro Stunde dar.
Lucien Robischon, Co-Präsident des Gewerkschaftsbundes beider Basel, betonte, dass vom Mindestlohn nicht nur die Arbeitnehmenden, sondern auch die Unternehmen profitierten: «Die Mitarbeitenden sind motivierter und loyaler.» Zudem herrschten lohnmässig gleich lange Spiesse für alle Unternehmen, da Kontrollen durchgeführt würden. Schliesslich würden auch die Sozialkosten der Gemeinden sinken, da weniger Personen Ergänzungsleistungen und andere Sozialleistungen in Anspruch nehmen müssten.
Andere Kantone als Vorbilder
Dass es einen Mindestlohn braucht, davon ist auch Manuel Käppler überzeugt. Das Geschäftsleitungsmitglied der Gewerkschaft Unia hielt fest, dass es diese Untergrenze von 22 Franken brauche, damit Arbeitnehmende mindestens einen anständigen Lohn erhielten. Umfragen und Studien in Kantonen mit Mindestlohn hätten überdies gezeigt, dass es wegen der Lohnuntergrenze – entgegen den Behauptungen der Gegner – keine Kündigungen gab: so in Genf, Neuenburg, Jura und Tessin.
«Der Effekt des Mindestlohns ist positiv», fasste Käppler zusammen. Auch eine Stellungnahme des Regierungsrats des Kantons Basel-Stadt sei zum Schluss gekommen, dass sich der Mindestlohn «klar positiv ausgewirkt» habe. Die Befürchtung, der Mindestlohn schaffe ein Bürokratiemonster, sei «Schwarzmalerei», da die Unternehmen schon heute Buch führten über die Löhne und Nebenkosten.
Auch Mitglieder der «Jungen Mitte» begrüssen den Mindestlohn: Rahel Amacher, Einwohnerrätin in Binningen, sagte, es gehe um die soziale Verantwortung der Arbeitgeber. «Die Arbeitnehmenden müssen genügend Geld haben, um mit einem 100-Prozent-Job anständig leben zu können», so Amacher. Das geltende System subventioniere unfaire Arbeitgeber zulasten der Sozialdienste und damit auf Kosten der Allgemeinheit.
«Arbeit muss sich lohnen», sagte Kim Rotaris von der Unia Nordwestschweiz. Es gehe um einen fairen Lohn und Respekt für die geleistete Arbeit, so die Gewerkschaftsmitarbeiterin. Der Mindestlohn verhindere zudem, dass Unternehmen durch Konkurrenten unter Druck gesetzt werden, Dumpinglöhne zu bezahlen.
Mittel gegen Altersarmut
Auch für Paul Hofer, ehemaliger FDP-Kantonalpräsident und Landrat, ist wichtig, dass «Arbeit wertgeschätzt wird». Personen, die lebenslang zu wenig Lohn für ihre Arbeit erhielten, liefen Gefahr, im Pensionsalter in die Altersarmut abzurutschen. Zudem gebe es in 90 Prozent der Länder gesetzlich geregelte Mindestlöhne, so Hofer. Er verwies auf Ausnahmen für Praktika, Lernende, Familien- und Landwirtschaftsbetriebe sowie Personen unter 18 Jahren, für die der Mindestlohn nicht gelte.
Übereinstimmend hielten die Komiteemitglieder fest, dass es wichtig sei, allen Menschen eine Chance zu geben, «ohne staatliche Unterstützung über die Runden zu kommen». Der Mindestlohn erhöhe die Kaufkraft und komme so indirekt dem Gewerbe zugute, da der Konsum ansteigen dürfte. Familien und Alleinstehenden solle «ein Leben in Würde» ermöglicht werden. Zusammenfassend sagte Robischon, dass der Mindestlohn vor Armut schütze, die Wirtschaft stärke, für Wettbewerb sorge und die Gemeinden entlaste. «Auch der Kanton Baselland ist bereit für diese Entwicklung.»
Arbeitgeber fordern Zurückhaltung von der Politik
vs. Die Löhne standen auch im Zentrum einer Veranstaltung in Basel. Auf Einladung des Arbeitgeberverbands beider Basel hielten am Montag hochrangige Arbeitgebervertreter eine Pressekonferenz ab. Dessen Präsident, Beat Hauenstein, sprach von der Tendenz der Politik, «immer mehr Ausgaben von der erwerbstätigen Bevölkerung finanzieren zu lassen». Dies über Lohnabzüge und höhere Lohnnebenkosten.
Als Beispiele wurden die 13. AHV-Rente und eine neue Vorlage zur Erhöhung der Ausgaben für die Erwerbsersatzordnung (EO) genannt. Darüber hinaus werde in Bundesbern diskutiert, die familienergänzende Kinderbetreuung über eine neue Sozialversicherung von den Arbeitgebern finanzieren zu lassen, sagte Bernhard Salzmann, Direktor des Schweizerischen Baumeisterverbands. «Löhne sind da, um Leistungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu honorieren, nicht um politische Wunschzettel zu erfüllen», gab er seinem Unmut Ausdruck.
Beat Imhof, Präsident des Branchenverbands Gastro Suisse, ärgerte sich darüber, dass der Bund Löhne bezahle, die über dem Marktdurchschnitt liegen, und damit der Wirtschaft Arbeitskräfte entziehe. Er kritisierte auch, dass der Staat Arbeitsbedingungen regle und damit die Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern übersteuere. Bestes Beispiel dafür seien die kantonalen Mindestlöhne. «Gesamtarbeitsvertragliche Mindestlöhne sollten Vorrang vor staatlichen Mindestlöhnen haben», sagte Imhof.
In dasselbe Horn stiess Saskia Schenker, Direktorin des Arbeitgeberverbands beider Basel: «Wir lehnen den Eingriff der Politik in die Lohnbildung und die Sozialpartnerschaft vehement ab. Deshalb sagen wir am 9. Februar in den Kantonen Baselland und Solothurn klar Nein zu den Mindestlohn-Initiativen.» Die Politik habe die Übersicht verloren, wo sie überall die Lohnkosten und die Lohnnebenkosten erhöhen wolle, so die Itingerin. Die Arbeitnehmenden und die Unternehmen würden einen grossen Teil des Sozialstaats bezahlen. Sie dürften nicht überfordert werden, sonst würden Arbeitsplätze gefährdet.