«Superwoman» boxt das Trailcenter weg
07.11.2025 Bezirk Sissach, Region, Abstimmungen, Baselbiet, ItingenAbstimmungskampf startet in sehr verschiedenen Tonlagen
Das Referendumskomitee wünscht sich nur eine faire Abstimmung über das Trailcenter, die Gegner warnen umso lauter vor Lärm und Kosten. Der Gemeinderat beziffert diese auf rund 6000 Franken – und den ...
Abstimmungskampf startet in sehr verschiedenen Tonlagen
Das Referendumskomitee wünscht sich nur eine faire Abstimmung über das Trailcenter, die Gegner warnen umso lauter vor Lärm und Kosten. Der Gemeinderat beziffert diese auf rund 6000 Franken – und den Pachtzins-Verlust auf 280 Franken pro Jahr.
Peter Sennhauser
Das Standbild des «Youtube»-Videos zeigt «Superwoman», die, über zwei Kinder auf Mountainbikes hinwegfliegend, mit der Faust das Wort «Trailcenter» wegboxt. Im Video liest eine KI-Stimme, unterlegt mit dem Baselbieterlied, Argumente gegen das in Itingen geplante Trailcenter vor.
Am 30. November stimmt das Dorf über den geplanten Mountainbike-Trainingspark ab, der vom Sportamt zum grössten Teil mit Swisslos-Geldern und Mitteln von weiteren Sponsoren finanziert werden soll. Mindestens zehn Jahre lang würde er nördlich der A22 in der Zone für öffentliche Werke sozusagen «Gastrecht» geniessen.
An der bestbesuchten Gemeindeversammlung in der Itinger Geschichte war das Vorhaben im September mit 165 gegen 189 Stimmen abgelehnt worden. Darauf wurde erfolgreich das Referendum für eine Abstimmung lanciert. Dagegen wiederum ist bei der Landeskanzlei eine Beschwerde hängig. Der Widerstand scheint namentlich von Landbesitzern und Anwohnern aus dem angrenzenden Wohnquartier direkt an der A22 zu stammen – dort ist ein Schild mit einer Nein-Parole und Argumenten gegen das Projekt platziert. Einige Argumente gegen das Center führt das «Youtube»-Video auf, und wie alle anderen fängt auch diese Liste mit theoretisch möglichen Folgekosten für die Gemeinde an und nennt erst unten Befürchtungen betreffend Lärm, Verkehr und «sinkenden Immobilienwerten».
«Land verliert keinerlei Wert»
Der «Youtube»-Kanal, auf dem das Video zwischen Hundesport-Filmen, Diashow vom Ausflug der Feuerwehr-Veteranen und vielen anderen politischen Werbespots gehostet wird, heisst «Videostudio9999» und ist seit acht Jahren anonym in Betrieb.
Im offiziellen Abstimmungsbüchlein der Gemeinde mit beachtlichen 9 Textseiten bestätigt der Gemeinderat, dass die jährlichen Kosten für Wasser, Abfall, Strom und Sicherheitsdienst zwischen 4000 und 6000 Franken liegen dürften. Dennoch spricht sich der Gemeinderat befürwortend für das Projekt aus: Die 20 Parkplätze würden wie alle andern im Dorf gemäss dem neuen Reglement bewirtschaftet, heisst, sie generieren Einnahmen. Wildes Parkieren werde vom Sicherheitsdienst bekämpft. Da ihm die «IG Nein zum Trailcenter» einige Seiten weiter hinten im Büchlein vorwirft, trotz Nachfragen nichts zur Grösse der beanspruchten Fläche und zum Ausfall der Pachtzinsen zu sagen, liefert der Gemeinderat diese Zahlen in seinem Beitrag mit: Für die 8000 Quadratmeter Fläche, die derzeit landwirtschaftlich genutzt würden, fielen jährlich 280 Franken Zins weg.
Das Ganze sei eine «Zwängerei», finden die 25 Unterzeichnenden der IG, «mit dem Bau des Trailcenters würde ein Grundstückwert von mindestens 10 Millionen Franken (Steuergelder) für immer vernichtet und eine der letzten Baulandreserven blockiert». Dem widerspricht der Gemeinderat: Da die Anlagen nach Ablauf des Nutzungsvertrags auf Kosten des Kantons rückgebaut und das Land überbaut werden könne, verliere es keinerlei Wert.
Die vier Personen des Referendumskomitees geben sich ausgesprochen gelassen. Sie seien übereingekommen, sich nicht an der Gegnerschaft «abzuarbeiten», sagt Raphael Martin: «Wir wollen aufzeigen, was für das Trailcenter spricht, und dann eine faire Abstimmung ermöglichen.» Das sei immer das Ziel gewesen: «Weil nicht alle, die wir kennen, an die Gemeindeversammlung kommen konnten, das Resultat der Abstimmung aber sehr knapp war, wollten wir eine Abstimmung an der Urne ermöglichen.» Weder seien sie glühende Verfechter des geplanten Mountainbike-Parks, die ihn unbedingt durchdrücken wollten, noch bestehe umgekehrt das ganze Quartier nördlich der Ergolz aus Gegnern des Trailcenters.
«Wollen eine faire Abstimmung»
«Deswegen verteilen wir jetzt noch einen Flyer an alle Haushaltungen, in dem wir pragmatisch die Punkte auflisten, die für das Center sprechen.» Tatsächlich beschreiben sie das Projekt unaufgeregt als Treffpunkt und Begegnungsort ohne grosse Umwelt- und Lärmbelastung, das in der Zone für öffentliche Werke genau am richtigen Ort platziert sei und für die Gemeinde ausser den Kosten für Wasser, Kehrichtentsorgung und, falls nötig, Ordnungsdienst keine Kostenfolge habe. An die Adresse der Anwohnerschaft meint Martin, ein Fussballplatz oder eine Schule in der dafür vorgesehenen Zone würde grössere Auswirkungen auf die Nachbarschaft haben.
Mehr wolle man gar nicht behaupten, so Martin: «Wir machen das zum ersten Mal, und als Befürworter hat man tatsächlich einen schwereren Stand denn als Gegner: Wenn die gewinnen, weiss niemand, ob sich ihre Befürchtungen je bewahrheitet hätten. Wenn wir gewinnen und es kommt etwas anders heraus als vorhergesagt, zeigt man mit dem Finger auf uns.» Dennoch seien sie als Referendumskomitee der Meinung, man solle jetzt den Mut zum Start haben. Wenn sich Dinge in eine unerwünschte Richtung entwickelten, könne man jederzeit reagieren.


