Stadtverwalter, SP-Landrat, General sekretär …
30.01.2024 Reigoldswil, Reigoldswil, Porträt, Bezirk Waldenburg, BaselbietMit Roland Plattner geht ein klassischer Allrounder in Pension
Eigentlich ist Roland Plattner ja promovierter Jurist. Doch das würde den in Basel und Münchenstein aufgewachsenen und seit langer Zeit in seiner Heimatgemeinde Reigoldswil wohnhaften Roland Plattner nur ...
Mit Roland Plattner geht ein klassischer Allrounder in Pension
Eigentlich ist Roland Plattner ja promovierter Jurist. Doch das würde den in Basel und Münchenstein aufgewachsenen und seit langer Zeit in seiner Heimatgemeinde Reigoldswil wohnhaften Roland Plattner nur unzulänglich beschreiben. Plattner war, beziehungsweise ist viel mehr.
Thomas Gubler
Seit 2015 und noch bis Ende Februar dieses Jahres ist Roland Plattner Leiter der Stabsstelle Kirchen- und Gemeindeentwicklung der Evangelisch-Reformierten Kirche Baselland. In dieser Funktion ist er nicht nur bei den gegenwärtigen Bestrebungen zur Fusion von Kirchgemeinden vor allem im Oberbaselbiet an vorderster Front dabei, er war auch federführend bei der Totalrevision der kantonalkirchlichen Rechtsordnung. «Dieses umfassende Revisionsvorhaben ist jetzt weitgehend abgeschlossen», sagt Plattner. Ein idealer Zeitpunkt also, um – ordentlich – in Pension gehen zu können. Denn am 29. Februar, kurz nach seinem 65. Geburtstag am 6. Februar, hört er auf.
Eigentlich war die kirchliche Stabsstelle ja auf den religions- und glaubensaffinen Juristen mit ausgewiesenen Managerqualitäten zugeschnitten. Und dennoch war sie eigentlich «nur» seine letzte berufliche Station. Zuvor war der Vater von drei erwachsenen Söhnen von 2003 bis 2009 Liestaler Stadtverwalter, bevor er 2009 Generalsekretär der vom damaligen SP-Regierungsrat Urs Wüthrich geführten Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD) wurde.
Nach der Bildung die Kirche
Eine heikle Aufgabe in dem damals politisch aufgeheizten Klima, in welchem sein Chef in einer bürgerlich dominierten Regierung ziemlich isoliert war, und in einer Zeit, in der es galt, die umstrittene Bildungsharmonisierung umzusetzen. Für den loyalen Generalsekretär als Stabschef der Direktion bedeutete dies eine permanente Herausforderung.
Und so erstaunte es auch nicht, dass der damals 56-jährige BKSD-Generalsekretär, selbst ein politischer Kopf, zeitgleich zum Rücktritt seines Vorgesetzten und Parteifreundes Urs Wüthrich nach einer neuen Herausforderung suchte. Den im Wahlkampf thematisierten Marschhalt in der Bildungspolitik mochte er nicht mittragen.
Warum aber gerade zu den Reformierten? «Ich kannte die Kirche und bin Jurist», sagt Plattner. Und die kannte er wirklich. Schliesslich war er seit 2009 Co-Präsident der Kirchenpflege Reigoldswil-Titterten. Dadurch wie auch Dank weiterer Engagements im kantonalkirchlichen Bereich war er solide mit den kirchlichen Strukturen vertraut.
Vom Landrat zum Stadtverwalter
Wenn er heute auf seine verschiedenen Funktionen zurückblickt, so zieht er ein durchwegs positives Fazit. «Ich habe alle meine beruflichen Stationen – vom Aktuariat der Baurekurskommission Basel-Stadt über die Gemeindeverwaltung Reigoldswil bis zum Generalsekretariat der BKSD in guter Erinnerung», sagt er. Einmal habe er vielleicht zu viele Hüte getragen, damals etwa zur Jahrtausendwende, als er Rechtskonsulent der Stadt Olten war, nebenamtlicher Fachhochschuldozent, Baselbieter SP-Landrat und dort erst noch Präsident der Finanzkommission.
«Anschliessend hat sich alles vereinfacht», sagt er schmunzelnd. Denn bei den kantonalen Wahlen 2003 wanderte gemäss einer Eigenart des Baselbieter Wahlsystems der zweite Landratssatz der SP im Bezirk Waldenburg wieder zurück in den Bezirk Sissach – und Roland Plattner war seinen Sitz im Kantonsparlament los. Just in diesen Zeitpunkt aber fiel seine Wahl zum Stadtverwalter von Liestal; ein Amt, das wohl schwerlich mit dem Präsidium der landrätlichen Finanzkommission zu vereinbaren gewesen wäre.
All diese Funktionen waren aber nur solche, die auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurden. Quasi hinter den Kulissen tat sich bei Roland Plattner aber zusätzlich noch einiges.
So war er etwa Nachrichtenoffizier des Baselbieter Infanterieregiments und zuletzt Offizier für Konventionen und Recht in der Schweizer Armee im Rang eines Oberstleutnants. Nach wie vor ist er Präsident der Winterhilfe Baselland und Vizepräsident der Winterhilfe Schweiz sowie der Birmann-Stiftung in Liestal. Überdies organisierte er als Projektleiter und später Präsident der kantonalen Fachkommission Recht und Politik immer wieder hochkarätige und weit über die Kantonsgrenzen hinaus beachtete Veranstaltungen, wie etwa kürzlich das Symposium zum 80. Geburtstag von alt Ständerat René Rhinow.
Aus dem System ausklinken
Was also macht nun ein derart vielseitiger und viel beschäftigter Mann, wenn er Ende Februar in Pension geht? «Am 1. März 2024 werde ich mich erst einmal aus dem System ausklinken, eine klösterliche Auszeit nehmen», sagt er, ohne konkreter zu werden. Er möchte die Hoheit über seine Agenda zurückgewinnen und allfällige neue Engagements mit Bedacht angehen.
Gewisse Aufgaben, wie etwa diejenige als Mitglied der Vorstände Mission 21 und Basler Mission sowie bei der Winterhilfe, werde er im Übrigen auch über die berufliche Pensionierung hinaus weiter wahrnehmen. Denn etwas treibt Roland Plattner besonders um: die faire Verteilung der Ressourcen auf dieser Erde sowie die oft unsichtbare Armut auch vor unserer Haustüre. Dies in einer Zeit, wo Reiche immer reicher werden und auch in der Schweiz Themen akut sind wie «wenn Wohnen arm macht».
Dass ein Allrounder wie Roland Plattner demnächst von der Bildfläche verschwindet, ist jedenfalls nicht zu erwarten.