Soll der Kanton für die Kitas zahlen?
21.03.2025 Baselbiet, Gemeinden, Baselbiet, FinanzenEin «Steuerfusstransfer» soll die kantonale Kita-Finanzierung regeln. In einem Kommissionsbericht lässt die Regierung durchblicken, dass durch eine wechselseitige Anpassung der Steuerfusssätze die Finanzierung zur Kantonsaufgabe machen könnte.
Nikolaos ...
Ein «Steuerfusstransfer» soll die kantonale Kita-Finanzierung regeln. In einem Kommissionsbericht lässt die Regierung durchblicken, dass durch eine wechselseitige Anpassung der Steuerfusssätze die Finanzierung zur Kantonsaufgabe machen könnte.
Nikolaos Schär
Der Kanton wird sich zukünftig an der Finanzierung der Kitas beteiligen. Bis anhin war dies Aufgabe der Gemeinden. Nun lässt die Regierung in einem Kommissionsbericht erahnen, wie diese Finanzierung ermöglicht werden soll – die Rede ist sogar von einer kompletten Aufgabenverschiebung zum Kanton. Zwar spricht die Regierung nur im Konjunktiv – der Umstand, dass dies jedoch so offen kommuniziert wird, deutet darauf hin, dass die Ausarbeitung der Vorlage schon weit fortgeschritten ist. Die SID schreibt auf Anfrage der «Volksstimme»: «Zum jetzigen Zeitpunkt und vor Abschluss des Projekts kann dazu keine Aussage gemacht werden. Je nach Projektausgang kann das Thema Steuerfusstransfer zur Übungsanlage werden.»
Die Unterbaselbieter Gemeinden sind durch den Ausbau der Kita-Finanzierung der Stadt Basel bei der familienergänzenden Kinderbetreuung immer mehr unter Druck geraten. Die Kitas und Gemeindevertreter warten sehnlichst auf die Vorlage, welche die finanzielle Beteiligung des Kantons an der externen Kinderbetreuung regeln soll. Die Vorlage soll laut der Sicherheitsdirektion (SID) im Herbst 2025 in den Landrat kommen.
Gemeinden billiger, Staat teurer
Mit einem sogenannten «Steuerfusstransfer», bei dem der Kanton seinen Steuerfuss erhöht und die Gemeinden ihren im Gegenzug senken, soll die Verschiebung der Aufgaben und Lasten zwischen den Staatsebenen abgegolten werden.
Brisant dabei ist, dass mehrere Kommissionsmitglieder der Finanzkommission und die Finanz- und Kirchendirektion (FKD) sich in einer Sitzung fragten, wie verhindert werden könne, dass die Gemeinden ihren Steuerfuss nicht senken, wenn der Kanton seinen erhöhe. Im Bericht heisst es: «Dabei besteht jedoch das Problem, dass die Gemeinden nicht zur Anpassung ihres Steuerfusses verpflichtet, sondern nur dazu aufgefordert werden könnten. Dabei besteht das Risiko, dass die Steuerpflichtigen am Ende mehr Steuern bezahlen müssten.»
Die Überarbeitung der Kita-Finanzierung ist die Folge der Gratis-Kita-Initiative, welche die SP im Jahr 2021 lancierte. Diese fordert eine kostenlose flächendeckende familienergänzende Kinderbetreuung im ganzen Baselbiet. Die Vorlage von Regierungsrätin Schweizer soll als Gegenvorschlag der Gratis-Kita-Initiative gegenübergestellt werden, die nach Berechnungen der FKD den Kanton jährlich 170 Millionen Franken kosten würde.
In einem Interview sagte die zuständige Sicherheitsdirektorin Kathrin Schweizer (SP) im vergangenen Dezember zur «bz», das Baselbiet befinde sich bei der Kita-Finanzierung im kantonalen Ranking auf dem zweitletzten Platz. Von diesem Platz wolle die Regierung wegkommen. Die Gemeinden dürften sich jedoch nicht von der Finanzierung verabschieden, sonst würde der Effekt verpuffen. Auch machte sie klar, dass der Kanton nicht mit Objektfinanzierung der Kitas, sondern mit der Subjektfinanzierung direkt die Eltern unterstützen wolle.
Das Instrument des Steuerfusstransfers wird bereits in einigen Kantonen erfolgreich angewendet. Bis anhin wurden hierzulande Aufgabenverschiebungen zwischen dem Kanton und den Gemeinden mit einer festgesetzten Kompensationszahlung, die im Finanzausgleichsgesetz festgelegt wurde, abgegolten. Geschehen ist dies etwa beim sechsten Primarschuljahr oder den Ergänzungsleistungen in der kommunalen Pflegefinanzierung, die beide von der Hand des Kantons in die Obhut der Gemeinden übergegangen sind.
Fixbeträge als Risiko
Mit den Kompensationsleistungen waren weder der Kanton noch die Gemeinden zufrieden. Vor allem die Gemeinden bemängelten, dass die verschobenen Aufgaben einem starken Kostenanstieg unterliegen. Weil die Kompensationszahlungen mit einer fixen Summe ins Gesetz geschrieben wurden, steigen diese trotz Inflation nicht. Sprich: Die Gemeinden müssen immer mehr zahlen, bekommen jedoch keine zusätzliche Einnahmen vom Kanton. Ein Steuerfusstransfer könnte diesem Umstand Rechnung tragen. Mit der Revision des Finanzausgleichsgesetzes hätte dieses Instrument in einem zweiten Schritt erstmals zur Anwendung kommen sollen. Darüber waren sich die Gemeinden und der Kanton damals einig.
Doch die Regierung brachte die fertig gezimmerte Vorlage nicht in den Landrat. Sie stiess sich am horizontalen Finanzausgleich, der Steuergelder von den finanzstarken zu den finanzschwachen Gemeinden umverteilt und im schweizweiten Vergleich hoch ist. Die Gebergemeinden wollen weniger zahlen. Um die Nehmergemeinden aus dem Oberbaselbiet bei der Reform im Boot zu haben, hätte der Kanton für die Ausfälle einspringen sollen. Aufgrund der sich verschlechternden Finanzlage lehnte der Kanton dies jedoch ab. Seither versuchen die Gebergemeinden einen Teil des Kompromisses mit einer Gemeindeinitiative zu retten.
Ein Steuerfusstransfer könnte für die finanzschwachen Gemeinden eine steuerliche Entlastung bedeuten. Diese weisen oft weniger gute Steuerzahlerinnen und -zahler auf, die in der Regel höhere Leistungen, auch im Bereich von Kita-Subventionen, beziehen. Deshalb würden die wegfallenden Subventionen proportional höher ausfallen als die Ausfälle durch eine Senkung des Steuerfusses.