Seine Gitarren sind Kunstwerke
11.02.2025 Bezirk Sissach, Bezirk Sissach, Kultur, Baselbiet, BöcktenSeit 20 Jahren baut der Böckter Ossy Hürlimann E-Gitarren und Bässe. Seine einzigartigen Instrumente finden bei Musikern aus dem In- und Ausland Anklang.
Peter Krattiger
1962 in Argentinien geboren und ab dem 5. Lebensjahr in der Schweiz zu ...
Seit 20 Jahren baut der Böckter Ossy Hürlimann E-Gitarren und Bässe. Seine einzigartigen Instrumente finden bei Musikern aus dem In- und Ausland Anklang.
Peter Krattiger
1962 in Argentinien geboren und ab dem 5. Lebensjahr in der Schweiz zu Hause, begann Ossy Hürlimann mit 14 Jahren das Musizieren auf der klassischen Gitarre zu erlernen. Als er bereits ein Jahr später in einer Gelterkinder Schülerband die E-Gitarre spielte, zeichnete sich ab, wohin ihn die stilistische Reise führen würde.
In der Lehre zum Maschinenmechaniker, die er 1979 antrat, erwarb Ossy Hürlimann die handwerklichen Fertigkeiten, die ihm bei seinem späteren Schaffen grosse Dienste leisten sollten. Während der Ausbildung machte er auch die Bekanntschaft mit dem Saxofonisten Simon Spinnler und dem Trompeter Philipp Wyss. Ersterer hatte ihn und Wyss nach kurzer Bekanntschaft zu einer Probe seiner Band eingeladen, da diese noch einen «Saitenzupfer» wie auch einen Bläser suchte.
Hürlimann löste beim Erscheinen mit seiner E-Gitarre im Proberaum der «Chicago Dave Bluesband» zunächst einige Verwunderung aus, denn es war nicht ein Gitarrist, den die Band suchte: Der Neue wurde darüber aufgeklärt, dass es sich bei den Saiten, die er zupfen sollte, um die einer Bassgitarre handelte. Nachdem Hürlimann das entsprechende Instrument samt einem Bass-Verstärker-Top organisiert hatte, stand dem Beginn einer überregional erfolgreichen Musikerkarriere nichts mehr im Weg.
Während der ersten 20 Jahre Konzerttätigkeit deutete nichts darauf hin, welch einzigartige Instrumente Hürlimann später einmal bauen würde – ausser vielleicht, dass er während dieser Zeit insgesamt zwölf Bässe wieder und wieder im Musikladen eingetauscht hatte. So richtig passen wollte ihm keiner.
Erster Eigenbau für Eigengebrauch
Also baute er sich seinen eigenen E-Bass. Das war 2002. Fortan bespielte er die erste Hälfte der «Chicago Dave Bluesband»-Konzerte mit einem Markenbass und die zweite Hälfte mit diesem Prototypen, der von Konzert zu Konzert betreffend Soundvorstellung und Ergonomie des Halses modifiziert wurde. Sein Interesse an der gestalterischen Arbeit mit Holz führte ihn über Jahre zu Fachleuten des Schreinerhandwerks, mit deren Expertise er sein Fachwissen vertiefen konnte.
Schon dieser erste 5-Saiter-Eigenbau unterschied sich deutlich vom Rest der Welt. Um das Schwingungsverhalten des Instruments zu optimieren, sind unter anderem die Jahrringe im Hals entgegen der Praxis der grossen Gitarrenmarken stehend angeordnet. Dafür wird zwar mehr Holz benötigt, aber durch die gewonnene Steifheit das Schwingen der Saiten verlängert.
Gegenüber Gitarren und Bässen mit Grafithälsen behält eine «Madera» – so tauft Hürlimann seine Instrumente – ihre «hölzerne Seele» und verringert dennoch das Auftreten von «toten Stellen», die auf hölzernen Standardhälsen durch die unterschiedliche, frequenzabhängige Schwingungsbereitschaft dazugehören, nicht zuletzt aufgrund liegender Jahrringe.
Für diese Art von Hals benützt Hürlimann ein Stück Ahorn, geteilt und gespiegelt für die Aussenteile, sowie in der Mitte unter Umständen auch eine exotische Holzsorte, je nach Klangvorstellung. Das Holz des Griffbretts kann je nach Wunsch auch mit zwei Sorten diagonal verlaufen, um zum Beispiel unter den hohen Tönen das weicher klingende Palisanderholz zu haben und unter den tiefen Tönen Ahorn oder Wenge für die Direktheit des Klangs.
Ein Beispiel einer Holzsortenwahl kann auf Hürlimanns Website betrachtet werden. Der Korpus des Modells «Amistad» ist wie folgt aufgebaut: zweiteilig Esche als Rücken, ein Mahagony-Trennfurnier (als schöne feine Linie an der Seite sichtbar), eine Zwischenlage Wenge und als Decke zweiteilig Vogelaugen-Ahorn. Demgegenüber kamen beim Beispiel «Artista I» Schweizer Nussbaum (Rücken), Ahorn (Trennfurnier), Wenge (Zwischenlage) und Olivenholz (Decke) zum Einsatz.
Gewehrkugel im Holz
Die erste Kunden-Gitarre wurde 2005 von einem jungen Gitarristen, der nebenbei als Babysitter bei Hürlimanns Familie amtete, bestellt. Dort tauchte zum Schrecken Hürlimanns auf den letzten Hundertsteln Feinschliff vor Fertigstellung eine Bräunung und Höhlung in der Nussbaum-Decke des Korpus auf, die sich als Einschluss einer Gewehrkugel herausstellte.
Zum Glück ergab sich daraus nach dem «Herausgrübeln» der Kugel und dem Fertigschleifen so etwas wie ein Adler-Tattoo, an dem der Kunde seine helle Freude hatte. Dieses Modell ist im Archiv der Madera-Website unter Instruments/Guitars unter «Aguila» zu finden.
In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat Hürlimann insgesamt mehr als 160 Instrumente gebaut, hauptsächlich Elektro-Gitarren und Bässe, aber auch eine Monochord-Zither oder eine E-Bouzouki. Jedes Jahr kommen 4 bis 7 neue Instrumente hinzu. In den häufigsten Fällen werden sie individuell auf Kundenwunsch angefertigt. Wenige Gitarren, wie die FCP- oder die Blues-Festival-Basel-Gitarre sowie einige Vorführmodelle, produziert er auf Lager oder für den Ausstellungsraum. Diese Modelle stehen ebenfalls zum Verkauf.
Exklusivität und hochwertige Verarbeitung haben ihren Preis. Je nach Modell muss man für einen Bass oder eine Gitarre aus Hürlimanns Manufaktur – alles Unikate – zwischen 2500 und 5000 Franken auslegen. Der Instrumentenbau sowie Reparatur, Restauration und Modifikation aller Marken ist für den Böckter lediglich ein Nebenerwerb – in Ergänzung zu seiner Arbeit in der Velostation im Liestaler Bahnhof.
Ossy Hürlimann wird am 16. März wiederum an der Fachmesse «Guitars & More» in Wettingen teilnehmen. www.madera-guitars.ch