«Nur dann ist eine PUK sinnvoll»
29.07.2025 Baselbiet, Region, Wirtschaft, Baselbiet, FinanzenMeinungen zur Radicant-Untersuchung gehen auseinander
Seit 1995 kann der Landrat bei besonderen Vorkommnissen eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) einsetzen. Getan hat er dies bisher nur einmal. Ob es wegen der Millionenabschreiber bei der BLKB-Tochter Radicant erneut zu ...
Meinungen zur Radicant-Untersuchung gehen auseinander
Seit 1995 kann der Landrat bei besonderen Vorkommnissen eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) einsetzen. Getan hat er dies bisher nur einmal. Ob es wegen der Millionenabschreiber bei der BLKB-Tochter Radicant erneut zu einer PUK kommt, ist offen.
Janis Erne
Zu teure Kampfjets, die «Fichenaffäre» oder der Untergang der Credit Suisse – auf Bundesebene griff das Parlament bereits fünf Mal zu einer Parlamentarischen Untersuchungskommission, kurz PUK. Im Baselbiet hingegen wurde erst ein einziges Mal eine solche Kommission eingesetzt. Im Zuge des Radicant-Debakels der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB) und den damit verbundenen Wertverlusten in dreistelliger Millionenhöhe könnte nun aber eine zweite folgen. Denn am Freitag hat auch die SP signalisiert, einer PUK «offen und mit Sympathie» gegenüberzustehen.
Zuvor hatten als erste Kantonalpartei bereits die Grünen eine PUK gefordert – ebenso die Landräte Peter Riebli (SVP), Manuel Ballmer (GLP) und Marco Agostini (Grüne), die einen entsprechenden Vorstoss vorbereitet haben und dafür in ihren Fraktionen um Unterstützung werben. Sie fordern eine «sorgfältige Aufarbeitung» durch eine «unabhängige Kommission». Die landrätliche Finanzkommission sei nicht das richtige Untersuchungsgremium, da auch ihre Rolle im Radicant-Debakel beleuchtet werden müsse.
In Stein gemeisselt ist die Einsetzung einer PUK allerdings nicht. Die Meinungen werden abschliessend erst nach der Sommerpause gebildet und in mehreren Landratsfraktionen herrscht noch Unentschlossenheit oder Skepsis.
FDP-Fraktionschef Alain Bai geht davon aus, dass seine Fraktion einer PUK «eher kritisch» gegenübersteht. Der Mehrwert gegenüber dem externen Radicant-Gutachten, das die BLKB in Auftrag gegeben hat, sowie gegenüber den ordentlichen parlamentarischen Instrumenten sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht ersichtlich. «Zudem ist zu beachten, dass die BLKB der Aufsicht durch die Finma untersteht und die Mittel einer PUK in einem solchen Fall eingeschränkt sein dürften», so Bai.
Andere Stimmen verweisen darauf, dass sich die Finanzspezialisten des Landrats bereits mit der Radicant befassen und nicht extra eine PUK gebildet werden müsse. In der «Mitte»-Partei könnte es Vorbehalte geben, da eine PUK auch die Rolle des Finanzdirektors Anton Lauber («Mitte») kritisch beleuchten würde. Ebenfalls Teil der Untersuchung wären wohl die BLKB-Geschäftsleitung, der Bankrat, der Gesamtregierungsrat, die Kantonsverwaltung sowie die landrätliche Finanzkommission.
Eine PUK ist das schärfste Instrument, das einem Parlament zur Verfügung steht. Normalerweise besteht sie aus rund einem Dutzend Mitgliedern. Diese können Auskünfte von Behörden einholen, Akten einsehen, Zeugen befragen, Sachverständige beiziehen und Augenscheine durchführen. Befragte Personen sind zur vollständigen Auskunft verpflichtet.
PUK-Präsident erinnert sich
Im Jahr 2002 erhielt die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Landrats die erweiterten Befugnisse einer PUK, um die Kostenüberschreitungen beim Umbau des Kantonsspitals in Liestal zu untersuchen. Noch im selben Jahr nahm mit der «PUK Informatik» die erste und bisher einzige eigenständige parlamentarische Untersuchungskommission des Landrats ihre Arbeit auf. Sie beleuchtete verschiedene IT-Projekte der Kantonsverwaltung, die teurer wurden als geplant und teilweise nie richtig funktionierten.
Präsident der «PUK Informatik» war SP-Landrat Christoph Rudin – heute 63, Anwalt in Basel und wohnhaft in Birsfelden. Er wurde auch wegen seiner juristischen Erfahrung an die Spitze der Kommission gewählt. Rückblickend zieht Rudin ein gemischtes Fazit: Die Arbeit der «PUK Informatik» habe sicher etwas gebracht, ob aber alle Empfehlungen nachhaltig Wirkung zeigten, könne er nicht abschliessend beurteilen.
Zur Radicant will sich Rudin inhaltlich nicht äussern. Er rät dem Landrat jedoch, die Einsetzung einer PUK grundsätzlich mit Sorgfalt zu prüfen. Aus seiner Sicht seien zwei Voraussetzungen zentral, damit eine PUK zielführend arbeiten könne. «Zum einen muss der Landrat über die entsprechenden personellen Ressourcen verfügen. Denn die Arbeit ist aufwändig und komplex. Auch, weil eine PUK als Laiengremium Profis und Fachleuten gegenübersteht und nur wenig externe Unterstützung erhält.», so Rudin. Zum anderen dürfe es nicht primär um Schuldzuweisungen gehen: «Eine PUK soll Erkenntnisse liefern und Empfehlungen aussprechen, die den politischen Betrieb auf lange Sicht verbessern.» Nur dann sei eine Einsetzung sinnvoll.
Eine PUK, die wohl mehrere Hunderttausend Franken kosten würde, wäre aber auch ein Signal an die Bevölkerung, dass die Millionenabschreiber bei der Radicant nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Diesen Punkt sieht auch Rudin: «Der Landrat würde damit zeigen, dass er seine Verantwortung als Aufsichtsgremium ernst nimmt.»
Als die SP 2021 eine Untersuchung der Vorgänge rund um die Zentrale Arbeitsmarkt-Kontrolle (ZAK) gefordert hatte, lehnte der Landrat eine PUK ab. Wie das Parlament im Falle der BLKB und Radicant vorgeht, wird sich nach den Sommerferien zeigen.