«Nünischwimmer» trotzen jedem Wetter
20.06.2024 Bezirk Sissach, Gemeinden, Gesellschaft, Sissach, BaselbietSeniorengruppe trifft sich täglich in der Badi – auch bei Sturm und Regen
Der harte Kern treffe sich während der Saison jeden Tag um 9 Uhr in der Badi in Sissach, sagt Max Sutter (84) der «Volksstimme». Die Routine sei wichtig, damit man sich auch bei ...
Seniorengruppe trifft sich täglich in der Badi – auch bei Sturm und Regen
Der harte Kern treffe sich während der Saison jeden Tag um 9 Uhr in der Badi in Sissach, sagt Max Sutter (84) der «Volksstimme». Die Routine sei wichtig, damit man sich auch bei Wassertemperaturen von 18 Grad traue, schwimmen zu gehen.
Nikolaos Schär
Die Badi-Saison ist schlecht angelaufen. Das nasskalte Wetter zog bis jetzt wenige Gäste ins Freibad in Sissach (siehe Kasten). Doch es gibt eine Gruppe älterer Damen und Herren, die jeden Tag um 9 Uhr in der Früh vor den Toren der Badi steht. Egal wie das Wetter ist. «Es kann stürmen und regnen, sie sind immer da», versichert Badmeister Florian Mohn. Er sei gefordert, denn sie seien immer pünktlich.
Max Sutter (84) erklärt die Hartnäckigkeit so: «Es geht um Kontinuität. Verliert man diese, geht man nur noch jeden dritten Tag, bis man sich gar nicht mehr ins kalte Wasser traut.» Es habe sich mit der Zeit ein harter Kern von 6 bis 16 Personen herausgeschält. Auf die Frage, wann sich die Gruppe zusammengefunden hat, antwortet Susanne Bieri Ritter: «Seit rund 20 Jahren machen wir das schon.»
Die «Nünischwimmer» sind so treue Kunden der Badi, dass sie auch ein paar kleine Privilegien geniessen. So öffnet der Bademeister das Restaurant, wenn dieses bei schlechtem Wetter zu bleibt, damit sie sich selbst einen Kaffee machen können. Diesen können die Schwimmer auch gut gebrauchen, wenn die Wassertemperatur zu Beginn der Saison nur 18 Grad beträgt. In der Runde wird eifrig diskutiert, wie tief die Temperaturen schon waren. 13 Grad seien bis jetzt ungeschlagen.
Apropos kaltes Wasser: «Man sollte sich überlegen, ob man die Badi nicht an das Fernwärmenetz anschliessen könnte, dessen Zentrale gleich nebenan steht», sagte Sutter. Die Meinungen gehen ein wenig auseinander. Doch für prüfenswert halten die Idee alle Anwesenden. Darum geht es der Gruppe auch: Zusammensitzen, um sich über alles Mögliche zu unterhalten. Der soziale Aspekt sei sehr zentral, so Sutter. Man erfahre viel Neues und bekomme immer neue Sichtweisen auf verschiedene Themen.
Auch der obligatorische Schwimmunterricht, der von den Schulen in Sissach trotz vorhandenem Freibad nicht konsequent angeboten wird, ist ein Thema am Tisch. Das Wasser müsse schon eine gewisse Temperatur haben, damit man Unterricht geben könne, sagte Peter Stäheli.
Angesprochen auf die schlecht angelaufene Badi-Saison, meint Irene Stäheli: «Die Leute kommen erst, wenn es drei Tage hintereinander schön ist.» Das Wetter sei einfach zu unbeständig und zu kalt gewesen. Doch laut Susanne Bieri ist es auch möglich, nur einen Kaffee im Restaurant zu trinken – ohne Eintritt zu zahlen.
Seit 20 Jahren täglich in der Badi
Es ist nicht auszuschliessen, dass auch der soziale «Druck» der Gruppe zum regelmässigen Erscheinen beiträgt. Erscheint jemand nicht und hat keinen guten Grund, müsse sich diese Person schon mal einen dummen Spruch gefallen lassen, sagt Sutter und grinst.
Wer jetzt denkt, die «Nünischwimmer» würden nur ein, zwei Längen schwimmen, der irrt sich. Manche von ihnen sind bis zu einer Stunde im Wasser. Albert Thöni (84) fügt nach 300 Metern Schwimmen noch eine Runde auf der Rutsche an.
Auf die Frage, ob sie es sich vorstellen könnten, im Spätsommer woanders ihre Längen zu schwimmen, da die Badi in Sissach schon am 8. September schliesst, antworten alle mit einem Nein. «Nach der Saison wandern wir halt einmal die Woche auf die Sissacher Fluh», so Sutter. Obwohl die Badi laut Bademeister Mohn selbst mit vielen Besuchenden nicht rentabel ist, sind die «Nünischwimmer» froh um diesen Service public.
Schlechtester Saisonstart seit acht Jahren
nsc. Vorgestern kratzte das Thermometer an der 30-Grad-Marke. Rund 200 Eintritte hat die Badi Sissach an diesem Tag laut Bademeister Florian Mohn verzeichnet – ein bescheidener Höchstwert im laufenden Jahr. Denn in einer guten Saison kämen an einem durchschnittlichen Tag rund 500 Personen in die Badi – am Wochenende könnten es bis zu 2000 sein. Noch hat man die Hoffnung nicht aufgegeben. Die Mehrheit der Einnahmen stammt nämlich aus den Saison-Abos, und deren Verkauf wird laut Mohn mit dem Beginn der Sommerferien wahrscheinlich noch anziehen – «wenn das Wetter besser werden sollte». Der Betreiber Silvan Degen musste die «Badibeiz» schon an etlichen Tagen schliessen, weil keine Gäste kamen. Eine der Angestellten winkt ab: «Es ist der schlechteste Saisonstart seit acht Jahren gewesen.»