Landrat empfiehlt Initiative «Zämme in Europa» zur Annahme
Der Landrat gibt sich europafreundlich: Das Einsetzen für «gute» und «stabile» Beziehung der Schweiz zur EU soll in die Baselbieter Verfassung geschrieben werden.
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Landrat empfiehlt Initiative «Zämme in Europa» zur Annahme
Der Landrat gibt sich europafreundlich: Das Einsetzen für «gute» und «stabile» Beziehung der Schweiz zur EU soll in die Baselbieter Verfassung geschrieben werden.
Nikolaos Schär
«Sie können stimmen, was Sie wollen, es ändert sich nichts»: Mit diesem Satz beschrieb SVP-Landrat Florian Spiegel die Haltung seiner Partei zur Verfassungsinitiative «Zämme in Europa». Diese fordert, dass sich der Kanton für «gute und stabile Beziehungen der Schweiz mit der Europäischen Union und den Nachbarländern» einsetzen soll. Um das Anliegen auf Dauer sicherzustellen, soll der Grundsatz in der Baselbieter Verfassung verankert werden.
Keine Parlamentarierin und kein Parlamentarier widersprach der wirtschaftlichen Realität, dass die hiesige Wirtschaft in hohem Mass von guten Beziehungen zu den Nachbarländern abhängt. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in diversen Gremien im «Dreiland» ist gelebte Wirklichkeit, und der Regierungsrat beteiligt sich daran in dieser Hinsicht vorbildlich aktiv, sagten die Landräte unisono.
Genau dort setzte jedoch die Kritik der bürgerlichen Ratshälfte an: Warum etwas in die Verfassung schreiben, das bereits gelebte Realität ist und aus dem sich keine rechtlichen Bestimmungen für die Regierung ableiten lassen? Die Antwort der Ratslinken: Die Zustimmung zur Initiative aus der Feder von SP-Nationalrat Eric Nussbaumer, die in einer Volksabstimmung im Kanton Basel-Stadt mit grosser Mehrheit angenommen wurde, sei ein symbolisches Bekenntnis zur Stärkung der nachbarschaftlichen Beziehungen. Da gemäss SP-Landrätin Mirjam Locher nicht zwingend davon ausgegangen werden kann, dass sich auch ein zukünftiger Regierungsrat aktiv für gute Beziehungen zur EU und den Nachbarländern einsetzen wird, soll der Verfassungsartikel diese Praxis verstetigen.
Auslöser: Rahmenabkommen
Die «Zämme in Europa»-Initiative entstand im Kontext des gescheiterten Rahmenabkommens, das der Bundesrat 2021 einseitig versenkte. Mit dem nun vorliegenden Vertragswerk zu den «Bilateralen III» sei die Initiative gemäss einigen Landrätinnen und Landräten nicht mehr aktuell.
Ähnlich erging es der Motion von SVP-Landrat Peter Riebli, die verlangte, dass sich die Regierung für das Ständemehr bei der Abstimmung zu den «Bilateralen III» einsetzt. Die Konferenz der Kantonsregierungen hatte dies bereits abgelehnt; der Kanton Baselland stimmte gegen das Ständemehr. Die Motion wurde mit Verweis auf die Verfassung, die bei Staatsverträgen das einfache Volksmehr vorsieht, sowie auf die Zuständigkeit, die beim Bundesparlament liegt, mit 29 Ja- und 51 Nein-Stimmen abgelehnt.
Die Regierung lehnte ihrerseits die «Zämme in Europa»-Initiative ab, da sie diese nicht als stufengerecht bezeichnete: Aussenpolitik sei Bundesaufgabe, und die Kantone verfügten bereits über die nötigen Gefässe, um ihre Haltungen und Positionen in die Mitwirkung auf Bundesebene einzubringen.
Finanzdirektor Anton Lauber («Mitte») betonte, der Verfassungsartikel sei zu unkonkret; auch wegen eines zu erwartenden schwierigen Abstimmungskampfs sprach sich die Regierung gegen die Initiative aus. Zudem liess Lauber durchblicken, dass die Initiative im Baselbiet kaum so erfolgreich verlaufen dürfte wie im Kanton Basel-Stadt.
Die SVP-Landräte Andi Trüssel und Peter Riebli störten sich auch an der expliziten Erwähnung der EU. Trüssel äusserte den Verdacht, dass «EU-Turbo» Nussbaumer hier die Grundlage schaffen wolle, um einem schleichenden EU-Beitritt den Weg zu ebnen. Insgesamt stellte FDP-Landrat Marc Schinzel jedoch fest, dass die Debatte im Ton sachlich blieb. Die Voten kreisten um die Frage, ob es sinnvoll sei, eine unkonkrete Handlungsaufforderung in die Verfassung zu schreiben.
Mit dem Sprichwort «Nützt’s nüt, so schadt’s nüt» von «Mitte»-Sprecherin Béatrix von Sury d’Aspremont fand die Initiative schliesslich eine komfortable Mehrheit und wurde der Stimmbevölkerung mit 46 Jazu 32 Nein-Stimmen zur Annahme empfohlen.