Im Kampf gegen die Hitze
27.06.2025 Baselbiet, Region, Bildung, Gelterkinden, BaselbietGemeinden und Kanton bereiten Schulen auf heissen Sommer vor
An den Baselbieter Schulen versucht man vor allem mit betrieblichen Massnahmen, mit der Hitze klarzukommen. «Solange es nachts abkühlt, ist einiges möglich», sagt Martin Kobel, Schulleiter der Primarstufe ...
Gemeinden und Kanton bereiten Schulen auf heissen Sommer vor
An den Baselbieter Schulen versucht man vor allem mit betrieblichen Massnahmen, mit der Hitze klarzukommen. «Solange es nachts abkühlt, ist einiges möglich», sagt Martin Kobel, Schulleiter der Primarstufe Gelterkinden. Ist es aber über längere Zeit sehr heiss, geht es nicht ohne Technik.
Regula Vogt-Kohler
In den Tagen vor den langen Schulferien gibt der Sommer erstmals so richtig Gas. Die Hitze hat sich in der ganzen Region breitgemacht, auch in Schulzimmern im Oberbaselbiet. «Die Zimmer in älteren Gebäudetrakten sind teilweise recht hitzebeständig, die in neueren Gebäudeteilen eher weniger», sagt Martin Kobel, Schulleiter der Primarstufe Gelterkinden. Zwar sorgt der Standort in einer ländlichen Gegend für eine gute Luftzirkulation, doch kann das nicht verhindern, dass sich die Häuser mit Wärme füllen.
Das Problem seien vor allem die grossen Fenster der Bauten aus jüngerer Zeit, hält Kobel fest. Linderung bringe ein Durchlüften am Morgen, dafür sei der Hauswart zuständig. Wo vorhanden, gelte es, die Storen herunterzulassen. Auch die Gemeinde habe schon Massnahmen getroffen. So seien an einer grossen Fensterfront Folien angebracht und in einem Gebäude eine Lüftungsanlage eingebaut worden. Glück hat die Gelterkinder Primarschule mit der Umgebung. Es gibt schattige Plätze, und die Kinder können sich bei einem Wasserspiel erfrischen.
«Es ist schon grenzwertig», sagt Kobel. Obwohl es zurzeit nachts noch abkühle, seien die Nachmittage schwierig. «In betrieblicher Hinsicht machen wir alles, was wir können.»
«Die Sensibilisierung ist da»
Mehrere Hitzeperioden pro Sommer gehören unterdessen zum Alltag. Bis 2050 würden die heissen Phasen weiter zunehmen, sagt Philipp Loretz, Präsident des Lehrerinnen- und Lehrervereins Baselland (LVB). Bei Innentemperaturen von mehr als 30 Grad sei ein wirkungsvoller Unterricht kaum mehr möglich. Die Schule habe Verantwortung gegenüber den Kindern und Jugendlichen, aber auch eine Fürsorgepflicht gegenüber den Angestellten.
Nach Arbeitsrecht dürfen Schwangere bei Temperaturen über 28 Grad ihre Arbeit niederlegen. Diese Information sei noch nicht überall angekommen, stellt Loretz fest. Der LVB hat Ende März zusammen mit der Freiwilligen Schulsynode Basel-Stadt sowie Vertreterinnen und Vertretern aus der Kindermedizin und der Politik an einer Medienkonferenz auf die Problematik aufmerksam gemacht und eine Reihe von Forderungen für einen besseren Hitzeschutz erhoben (die «Volksstimme» berichtete).
Die Sensibilisierung für Hitzeschutz an Schulen sei da, sagt Loretz und verweist auf eine Reihe von politischen Vorstössen in den beiden Basel. Jetzt gehe es ums Umsetzen. Zwei Sekundarschulprojekte zeigen, dass nun bei Neubauten der Hitzeschutz einbezogen wird. Für den vom Landrat bewilligten Neubau in Allschwil ist eine Kombination von passiver und aktiver Kühlung vorgesehen. Das vom Regierungsrat im April dieses Jahres verabschiedete Muttenzer Projekt setzt hingegen ausschliesslich auf passive Kühlung.
Schwieriger ist die Ausgangslage für eine Verbesserung in bestehenden Schulhäusern. In voll ausgelasteten Gebäuden seien die Möglichkeiten, in die kühleren Räume auszuweichen, beschränkt, und man könne auch nicht eine Woche lang in die Badi oder den Wald gehen, gibt Loretz zu bedenken. Kurzfristig brauche es eine flexible Anpassung der Unterrichtsorganisation mit Sicherstellung der Betreuung. Als weitere Massnahme nennt er ein wirkungsvolles Lüftungsmanagement. Loretz ist allerdings davon überzeugt, dass es in besonders heissen Schulzimmern nur mit aktiver Kühlung möglich ist, die Temperatur auf ein akzeptables Mass zu senken.
SP-Landrat bleibt hartnäckig
Klimaanlagen sind auch für die Gemeinde Arlesheim kein Tabu mehr. «An unseren Schulen gibt es Schulzimmer, in denen es sehr heiss wird. Im Budget 2026 ist ein Betrag für eine Auslegeordnung vorgesehen», sagt Gemeindepräsident Markus Eigenmann (FDP), der diese Woche via «BaZ» seine Kandidatur für den Regierungsrat bekannt gab. Die Auslegeordnung umfasst auch die Prüfung verschiedener Massnahmen. Im technischen Bereich geht es etwa um Verbesserungen bei der Beschattung, wie die Ausrüstung einer Terrasse mit einem Sonnensegel, aber auch der Einsatz von Klimaanlagen soll evaluiert werden. Das Ziel, so Eigenmann: «Mit möglichst vertretbarem Aufwand ein maximales Resultat erreichen.»
«Früher nahm man aus ökologischen Gründen Abstand von Klimaanlagen, unterdessen hat jedoch ein Gesinnungswandel stattgefunden», sagt der Gemeindepräsident weiter. Die Klimaanlagen könnten mit Strom aus den Photovoltaikanlagen, mit denen fast alle Schulhausdächer in Arlesheim bestückt sind, betrieben werden. Gerade erst hat die Gemeindeversammlung den Kredit für eine weitere PV-Anlage bewilligt. In den vergangenen Jahren wurden zwei Schulhäuser gesamtsaniert, Hitzeschutz war dabei ein Thema, aber ohne Klimaanlagen. Allerdings habe man damit nicht die besten Erfahrungen gemacht, so Eigenmann.
Mit einem Hitzemonitoring soll eruiert werden, wo sich die wortwörtlichen «Hot Spots» mit Handlungsbedarf befinden. In seinem nun dritten Postulat für einen besseren Hitzeschutz an Schulen lädt der Aescher SP-Landrat und Lehrer Jan Kirchmayr den Regierungsrat dazu ein, systematische Erhebungen der Raumtemperaturen in repräsentativ ausgewählten Schulhäusern im ganzen Kanton durchzuführen.
Hitzeextreme nehmen besonders stark zu
rv. Mildere Winter, heissere Sommer und Badetage vom Frühling bis weit in den Herbst: Die Durchschnittstemperatur ist auch in unseren Breitengraden in den vergangenen Jahrzehnten spürbar angestiegen. Eine differenzierte Auswertung zeigt, dass die besonders belastenden Hitzeextreme deutlich stärker zugenommen haben als die durchschnittliche Erwärmung. Darauf weist das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie im Meteo-Schweiz-Blog vom 19. Juni hin. Während die Jahresmitteltemperatur 2,6 Grad höher liegt als im Jahr 1971, ist heute der heisseste Tag im Jahr im Schnitt 3,4 Grad wärmer. So liegt zum Beispiel in Basel/ Binningen das höchste Tagesmaximum heute bei 35,8 Grad, während es 1971 nur 32,2 Grad war.
Die heissesten 3- bis 7-Tagesperioden eines Jahres wurden im landesweiten Mittel sogar 3,8 Grad wärmer.
«Die Sonne brennt stärker als früher»
Isolde Binder, 20, Liestal
«Dank der Klimaanlage im Büro trifft mich die Hitze beim Arbeiten kaum. Mühsam wird es lediglich auf dem Heimweg. Aber zu Hause kühlt mich eine kalte Dusche ab. Lüften über die Nacht und abdunkeln der Fenster am Tag sowie viel trinken hilft mir auch.»
Andreas Gmelin, 66, Basel
«Meine Haut leidet extrem unter der Hitze. Die Sonne brennt viel stärker als früher. Das liegt daran, dass es früher öfter Gewitter in der Nacht gab, welche die Luft abkühlten. Auch das Gras, das gegen die Hitze hilft, wird heute häufiger abgeschnitten.»
Yael Rüdlinger, 20, Zunzgen
«Wenn ich nach draussen gehe, habe ich das Gefühl, dass mich die Sonne erschlägt. Auch die Arbeit in der Gastronomie ist bei diesen Temperaturen nicht einfach. Zu Hause lüfte ich nur am Abend. Ausserdem versuche ich, die Luft mit einem Ventilator zu verteilen.»
Samuel Hasler, 44, Liestal
«Grundsätzlich bin ich sehr dankbar für das tolle Wetter mit viel Sonne. Das hilft mir, die Hitze zu ertragen. Ich mache gerne Sport, momentan einfach nur am frühen Morgen und am späten Abend. Ausserdem helfen mir die Siesta und viele Früchte gegen die Hitze.»
Monika Schaub, 52, Wittinsburg
«Durch meine Arbeit als Briefträgerin bin ich viel draussen und somit auch der Sonne extrem ausgesetzt. Ich versuche, möglichst viel zu trinken und nehme immer ein nasses Tuch zum Kühlen mit. Für das Arbeiten im Auto parkiere ich im Schatten.»
Mohammed Ismailov, 23, Laufen
«Wenn mein Auto den ganzen Tag in der Sonne gestanden ist und ich daraufhin einsteigen will, ist jede Berührung ein Spiel mit dem Feuer. Wenn dann aber die Klimaanlage läuft, ist es angenehm. Über Nacht habe ich stets eine Wasserflasche neben dem Bett.»