Historischer Gasthof sucht Pächter
16.05.2025 Bezirk Waldenburg, Region, Baselbiet, Gastronomie, WaldenburgDer «Schlüssel» soll wiederbelebt werden
Seit mehr als drei Jahren ist im «Schlüssel» in Waldenburg der Ofen aus. Nun sollen im ältesten Gasthof des Baselbiets möglichst bald wieder Gäste bewirtet werden. Die Suche nach einem Pächter ...
Der «Schlüssel» soll wiederbelebt werden
Seit mehr als drei Jahren ist im «Schlüssel» in Waldenburg der Ofen aus. Nun sollen im ältesten Gasthof des Baselbiets möglichst bald wieder Gäste bewirtet werden. Die Suche nach einem Pächter ist angelaufen. Der Pachtzins ist verlockend und das Interesse am Lokal recht gross.
Christian Horisberger
Mit hohen Ambitionen hatte der Gastro-Weltenbummler Daniele Verardi 2020 den Gasthof Schlüssel in Waldenburg übernommen. Seine moderne Interpretation der italienischen Küche sollte ein Kontrast zum geschichtsträchtigen Lokal sein, das als ältester Gasthof des Kantons Baselland gilt und in dem Napoleon 1797 diniert und genächtigt hatte. Nach einem vielversprechenden Start liessen die Corona-Massnahmen den Umsatz des Gourmetlokals einbrechen. 2021 musste der aus Italien stammende Gastgeber die Segel streichen und seither ist die Küche im «Schlüssel» kalt geblieben.
Jetzt möchte Hauseigentümer Thomas Christen das Lokal wieder beleben. Auf diversen Immobilienportalen ist der Gasthof zur Vermietung ausgeschrieben: 50 Plätze in der Gaststube, 20 im «Stübli», 12 im Degustationskeller sowie 40 auf der Terrasse. Gesucht wird ein «engagierter Pächter, der mit Leidenschaft, Liebe zum Detail und einer Vision das Restaurant zu neuem Leben erweckt», heisst es im Inserat. Mietbeginn: nach Vereinbarung.
Mehr als drei Jahre verzichtete der Eigentümer auf Mieteinnahmen. Dies begründet er so: «Während der Jahre des Umbaus der Waldenburgerbahn war ich sehr zurückhaltend, da die Zugänglichkeit erheblich erschwert und damit auch die Attraktivität des Standorts beeinträchtigt war.» Er hoffe, dass sich dies nun verbessert hat. Mit der Suche nach einem Pächter hat der Liestaler Advokat den Rheinfelder Immobilienberater Alessandro Marra (von Poll Real Estate) betraut, der die «Volksstimme» durchs Restaurant führte.
Bemerkenswert am Inserat ist der mit knapp 2000 Franken – Nebenkosten inklusive – verhältnismässig tiefe Pachtzins. «Ich strebe eine langfristig schöne Lösung für den ‹Schlüssel› an», sagt Christen dazu, «das ist für mich wichtiger als das Finanzielle.»
Konzept passend zum Haus
Der letzte «Schlüssel»-Pächter, an den die Beschriftung der Tische in der Gaststube mit ihrem einmaligen gemusterten Boden erinnert, hatte mit seiner Gourmet-Küche mehrheitlich Gäste von ausserhalb nach Waldenburg gelockt. Welche Wünsche und Vorstellungen hat der Eigentümer zur Ausrichtung des Lokals? «Ich würde mir einen Betrieb wünschen, der die Aura und Mystik des 1436 erbauten Hauses schätzt und pflegt, aber neuzeitlichen kulinarischen Ideen gegenüber offen ist», sagt Christen. Der Immobilienfachmann räumt einem Konzept gute Chancen ein, das auf der einmaligen Geschichte des Hauses aufbaut – einem eher traditionellen Angebot also.
An Interessenten, die den «Schlüssel» nach fast vierjähriger Pause wiederbeleben möchten, fehlt es nicht. Laut Alessandro Marra haben sich seit Ende März, als er das Lokal auf Immobilienplattformen ausgeschrieben hat, acht mögliche Pächter gemeldet. Fünf von ihnen habe er schon durch die Räumlichkeiten geführt. In trockenen Tüchern sei noch nichts. Die Interessenten hätten sich Bedenkzeit ausbedungen, um abzuwägen, ob der «Schlüssel» das für sie richtige Lokal ist.
Belebte Gastroszene
Thomas Christen wünscht sich, dass das Lokal möglichst bald aus seinem Dornröschenschlaf geküsst wird. Darüber würde sich auch Marcel Blättler freuen, der etwa 100 Meter weiter oben im «Stedtli» das Restaurant Leue führt. Anstatt zu befürchten, dass er an eine zusätzliche Beiz Gäste und Umsatz verliert, verspricht er sich davon eine Belebung der Gastroszene im Ort: «Mehr Restaurants bedeuten mehr Betrieb im ‹Stedtli›, mehr Betrieb bringt mehr Menschen hierher und diese wiederum verschaffen den Gastrobetrieben mehr Umsatz», so Blättler.
Ist seit einigen Jahren immer wieder von einem krisengeschüttelten Waldenburg die Rede, so trifft dies für dessen Gastroszene nicht zu. Auf Waldenburger Boden können die Gäste aktuell in sieben Beizen einkehren. Die im Dorf derzeit bekannteste Adresse dürfte der «Leue» sein. Der Familienbetrieb vermag den zunehmend anforderungsreichen Bedingungen in der Branche, etwa dem Fachkräftemangel, standzuhalten, sagt der Wirt, und die Lage ganz hinten im Tal sei kein Handicap. Die Beizen an der Strasse, die über den Oberen Hauenstein führt, würden nicht zuletzt auch von Wanderern, sonstigen Ausflüglern und vom Durchgangsverkehr profitieren: «Es geht uns sehr gut.»
Ebenfalls im historischen «Stedtli» befinden sich das Restaurant Braui Pub, wo die Familie Dhingra indische Speisen serviert, sowie das von Freiwilligen geführte «Lädeli und Kaffi Alte Wacht». Hier gibt es neben Kaffee süsse und salzige Kleinigkeiten. Etwas unterhalb hat das Lokal Thai Supi, im ehemaligen «Pöstli», sein Domizil. Hier wird an Werktagen jeweils mittags ein thailändisches Buffet angeboten.
Ausserhalb des Dorfs, an der Hauptstrasse in Richtung Langenbruck, liegt das als «Pintli» bekannte Restaurant zum Obern Hauenstein, eine währschafte Beiz mit treuer Stammkundschaft. Ebenfalls auf Waldenburger Hoheitsgebiet befinden sich das bei Wanderern beliebte Bergrestaurant Waldweid sowie das «Heidi Stübli» bei der Bergstation der Wasserfallen-Luftseilbahn.
Mit dem Gasthof zum Schlüssel wären es dann acht Lokale auf Waldenburger Boden. Und es ist wahrscheinlich, dass sogar ein neuntes hinzukommt: Ende Februar wurde die Pizzeria Bella Sicilia gegenüber dem Bahnhof geschlossen. Die neue Eigentümerin, die auf die Sanierung alter Gebäude spezialisierte Nahbau AG, ist an der Weiterführung des Restaurants interessiert. Auf eine entsprechende Anfrage heisst es: «Wir möchten das Restaurant unbedingt erhalten und sind daran, die Möglichkeiten und Varianten zu prüfen.»
Schlüssel des «Schlüssels» geklaut
ch. Es fällt erst beim genauen Hinschauen auf: Der geschmiedete Schlüssel an der Fassade des Restaurants Schlüssel im Waldenburger «Stedtli» fehlt. Laut Hauseigentümer Thomas Christen wurde diese «wunderbare Schmiedearbeit» um die Weihnachtszeit vor zwei Jahren gestohlen: «Ich vermute, der Diebstahl war sehr gut und profimässig organisiert», sagt er. Da das Schild sehr hoch hing, sei es wohl mithilfe eines Autokrans von der Strasse her «fachmännisch demontiert worden», so seine Vermutung.
Den Verlust entdeckt hatte damals der «Leue»-Wirt Marcel Blättler. Er verständigte die Baselbieter Denkmalpflege, worauf diese den Eigentümer informierte, welcher Anzeige erstattete – jedoch ohne Erfolg, wie er sagt.
Laut Christen handelte es sich um eine Schmiedeisenarbeit aus der Zeit Napoleons, als der Gasthof «Les deux clès» hiess. Das Wirtshausschild sei kaum zu ersetzen: «Eine Rekonstruktion dieses Kunstwerks dürfte heute sehr schwierig sein – und teuer.»