Happiges Defizit auch mit Steuererhöhung
14.11.2025 Bezirk Sissach, Gemeinden, Finanzen, SissachInvestitionen sind nicht mehr wie geplant umsetzbar
Den Steuerfuss von 57 auf 59 Prozent der Staatssteuer anheben: Das schlägt der Sissacher Gemeinderat der Einwohnergemeindeversammlung vor. Und selbst damit rechnet das Budget bei Gesamtausgaben von 38 Millionen noch mit einem ...
Investitionen sind nicht mehr wie geplant umsetzbar
Den Steuerfuss von 57 auf 59 Prozent der Staatssteuer anheben: Das schlägt der Sissacher Gemeinderat der Einwohnergemeindeversammlung vor. Und selbst damit rechnet das Budget bei Gesamtausgaben von 38 Millionen noch mit einem Fehlbetrag von 1,6 Millionen Franken.
Peter Sennhauser
«Natürlich wäre eine noch deutlichere Steuererhöhung finanzpolitisch wünschenswert», sagt der Sissacher Finanzchef Dieter Stebler: Denn selbst wenn die Einwohnergemeindeversammlung im Dezember der Anhebung des Steuerfusses um 2 Prozent zustimmt, sieht das Budget der Einwohnergemeinde ein Defizit von 1,6 Millionen Franken vor. «Zwar sind wir der Ansicht, dass unsere Finanzen mit einer Eigenkapitalquote von 61 Prozent noch grundsätzlich gesund sind», sagt Stebler. Aber in den kommenden Jahren stehen gemäss Finanzplan Investitionen von gegen 30 Millionen Franken an, und der Selbstfinanzierungsgrad bleibt auf absehbare Zeit im tiefen zweistelligen Prozentbereich.
Anders gesagt: Die Neubauten, namentlich im Bereich Schule, liessen sich nur mit neuen Schulden realisieren. Und zwar mit einer Erhöhung des Fremdkapitals von 6 auf 19 Millionen Franken. Gleichzeitig enteilen die laufenden Kosten den Steuer- und sonstigen Einnahmen der Gemeinde: Im kommenden Jahr beträgt der budgetierte Selbstfinanzierungsgrad -2 Prozent, und das «entspricht nicht den mittelfristig angestrebten 100 Prozent», wie der Gemeinderat in der Vorlage für das Budgetgeschäft anmerkt.
Grund für die Ausgabensteigerung im 38-Millionen-Franken-Haushalt sind gemäss Gemeinderat vor allem die Ausgaben im Bereich der Beiträge an die Pflegefinanzierung in Alterseinrichtungen. Mit fast 1,2 Millionen mehr belasten sie die Gemeinderechnung – und die Bevölkerung wird auch in Sissach nicht jünger. Zum Vergleich: Die vorgeschlagene Steuererhöhung würde Mehreinnahmen von 580 000 Franken bringen.
«Der Anteil der älteren Menschen steigt, und sie bleiben länger gesund, was erfreulich ist», sagt Dieter Stebler. «Aber wenn sie in ein Heim eintreten, sorgt das für einen plötzlichen Kostensprung. Zusammen mit den grundsätzlich stetig steigenden Kosten im Heim- und Pflegebereich sorgt das für eine wahre Kostenexplosion.» Dagegen gebe es keine kurzfristig wirksamen Massnahmen, sagt Stebler. Die Zahl der über 80-Jährigen werde sich gemäss Prognosen des Bundes in den nächsten 25 Jahren verdoppeln, schreibt der Gemeinderat. Er weist darauf hin, dass nur mit einem gezielten Ausbau der Angebote und Dienstleistungen im Altersbereich einer unkontrollierten Kostensteigerung entgegengewirkt werden könne.
Pflegekosten unterschätzt
Dabei müssten politische Massnahmen und die vom Kanton geplante neue Ausrichtung der Versorgungsregion Entlastung bringen. In den vergangenen Jahren, sagt Dieter Stebler und verweist selbstkritisch auf sein eigenes Budget für 2025, seien die Ausgaben in diesem Bereich grundsätzlich zu tief veranschlagt worden. Das müsse jetzt korrigiert und transparent gemacht werden.
Was, wenn die Steuererhöhung nicht durchkommt? Stebler sieht auf Nachfrage der «Volksstimme» kaum Spielraum für die Gemeinde: «Auch mit der Steuererhöhung müssen wir weiteres Sparpotenzial suchen.» Die Investitionen könne sich die Gemeinde nicht im vorgesehenen Masse leisten. Der Gemeinderat will deshalb zwei Drittel des Volumens, also rund 10 Millionen, aus der Planungsspanne der nächsten 5 Jahre herausnehmen und weiter nach hinten verschieben.
Was das genau heisst und welche Vorhaben es betrifft, könne er derzeit nicht sagen, so Stebler. «Die Dreifachturnhalle ist gebaut und wird jetzt in Betrieb genommen – das heisst, sie verursacht Kosten. Und je mehr und je grösser wir bauen, desto mehr Kosten fallen in der Zukunft an.» Der Finanzplan sei ein gutes Instrument, sein Vorgänger habe einen super Job gemacht. Seine Pläne hätten die Verluste ab 2025 schon länger und klar aufgezeigt. «Aber in diesem Rahmen können wir uns die Investitionen nicht mehr leisten», sagt er. Ob und inwiefern die Schulhausbauten demnach hinausgeschoben werden müssen, will Stebler nicht sagen. Der Gemeinderat werde im ersten Quartal den Investitionsplan unter die Lupe nehmen und dann Verschiebungen oder andere Massnahmen entscheiden.
Darüber hinaus müssten aber auch Sparpotenziale im Betrieb gesucht werden, sagt Stebler. Im vergleich zum Budget 2025 steigt der Personalaufwand in der Verwaltung um 200 000 Franken, derjenige der Sachkosten um weitere 60 000 und die Kosten für das Lehrpersonal um 140 000 Franken. Zusammen mit den Mehrkosten der Kesb-Entschädigungen von 230 000 Franken ergeben sich Steigerungen von 600 000 Franken. Wenigstens darf Sissach davon ausgehen, im kommenden Jahr nochmals zu den Nehmergemeinden des Finanzausgleichs zu gehören und rund eine halbe Million aus diesem Topf zu bekommen. Aber schon im Folgejahr könnte sich das wieder umkehren. Und gemäss dem Volksmund bedeutet eine halbe Million bekommen oder eine halbe Million bezahlen einen Unterschied von einer ganzen Million – die 2027 zusätzlich fehlen könnte.

