Gegangen, um zu bleiben
21.03.2025 Bezirk Sissach, Region, Baselbiet, Gastronomie, LäufelfingenWiedersehen mit Auswandererfamilie Kunz
2019 wanderte Familie Kunz nach Dorum an der Nordsee aus und betrieb dort einen Imbisswagen. Dabei liessen sie sich von der SRF-Sendung «Auf und davon» begleiten. Vor ein paar Tagen weilten sie wieder einmal in der alten Heimat und ...
Wiedersehen mit Auswandererfamilie Kunz
2019 wanderte Familie Kunz nach Dorum an der Nordsee aus und betrieb dort einen Imbisswagen. Dabei liessen sie sich von der SRF-Sendung «Auf und davon» begleiten. Vor ein paar Tagen weilten sie wieder einmal in der alten Heimat und erzählten der «Volksstimme», wie es ihnen geht und welche Änderungen bevorstehen.
Brigitte Keller
Die SRF-Serie «Auf und davon» ist eine der beliebtesten beim Fernsehpublikum in der Schweiz. Im Mittel schauen rund 600 000 Personen die Sendung. In jeder Staffel verfolgen wir drei Familien beim Start in ein neues Leben – gerade lief die 16. Staffel. Die Koffer gepackt hatte auch Familie Kunz aus Läufelfingen, die sich dabei von Fernsehkameras begleiten liess. Ihre Geschichte war Teil der 11. Staffel und wurde Anfang 2020 ausgestrahlt.
Sacha und Brigitte Kunz gaben damals der «Volksstimme» in einem Interview Auskunft zu ihren Beweggründen und Plänen. «Wir sind wirklich angekommen», lautete der Titel eines Folgebeitrages im Januar 2022. Wie es seither weiter gegangen ist mit dem Imbisswagen und im Leben der Auswanderer, erzählten sie kürzlich bei einem Besuch in der Schweiz.
«In den vergangenen drei Jahren ist viel gelaufen», erzählt Sacha Kunz. Es seien strenge Jahre gewesen, in vielerlei Hinsicht. Waren die ersten beiden Jahre noch geprägt gewesen von den Einschränkungen durch Corona, so lief das Geschäft mit dem Imbisswagen im Jahr darauf richtig gut. «8000 Kilogramm Pommes gingen bei uns im Jahr 2022 über die Theke», berichtet Sacha Kunz. Auch viele Gäste aus der Schweiz schauten beim Imbisswagen «auf der Platte» vorbei.
«Wir haben gestaunt, wie viele Schweizer Touristen extra bei uns vorbeigekommen sind.» Gerne erinnert sich Familie Kunz zum Beispiel an ein junges Paar aus Schaffhausen, das mit den Velos aus der Schweiz angereist ist. In Erinnerung geblieben ist auch ein Tag, an dem sämtliche Tische mit Gästen aus der Schweiz besetzt waren. «Es war aber so streng, dass wir leider gar keine Zeit hatten zum Plaudern.» Wofür dann – wie ein paar Kommentare im Nachhinein zeigten – nicht alle Verständnis aufgebracht hatten.
Auf und ab an der Nordseeküste
Im Jahr darauf fing die Inflation in Deutschland an, sich im Umsatz bemerkbar zu machen. «Das haben wir sehr stark zu spüren bekommen», erklärt Sacha Kunz. «Dauercamper von den beiden nahen Campingplätzen beispielsweise, die vorher ein- bis zweimal pro Woche bei uns gegessen hatten und damit wichtige Kunden für uns waren, kamen vielleicht noch zweimal pro Monat.»
«Ich wollte nicht mehr sieben Tage die Woche im Imbisswagen stehen, sondern gerne noch etwas anderes machen», erzählt Brigitte Kunz. Die gelernte Pflegefachfrau suchte sich in der Folge eine Anstellung in ihrem ursprünglichen Berufsumfeld und fand eine Anstellung als Arztsekretärin in einem Spital. 30 Stunden pro Woche arbeitet sie nun dort.
In der übrigen Zeit, insbesondere an den Wochenenden, stand sie aber trotzdem an der Seite ihres Mannes im Imbisswagen, denn jemanden zu finden, der sie hätte ersetzen können, sei nicht gelungen. «Aus dem weniger Arbeiten wurde also vorläufig nichts», bestätigt Brigitte Kunz mit Blick zurück. «Es wurden wieder 7-Tage-Arbeitswochen, was nicht Sinn und Zweck war.
«Gutes Personal zu finden war fast nicht möglich», erklärt Sacha Kunz, «zwischendurch fanden wir mal jemanden, der etwas geholfen hat.» Das meiste habe er gemacht mit der Hilfe seiner Schwiegermutter, die ebenfalls mit ausgewandert ist. Sohn Kevin hatte da schon seinen eigenen Verkaufswagen für Getränke und konnte nicht einspringen.
Langes Stehen fordert Tribut
«Und dann kamen meine Knie», sagt Sacha Kunz. Das ständige Stehen an Ort und Stelle forderte seinen Tribut. «Das vergangene Jahr war wirklich krass», fährt er fort, «abends konnte ich kaum noch laufen.» Zwangsläufig musste er einsehen, dass es so nicht weitergehen konnte. Daraus folgten zwei Entscheidungen: zwei künstliche Kniegelenke – und die Aufgabe des Imbisswagens.
Und so hatten sie sich entschieden, den Imbisswagen zu verkaufen. «Das haben wir jetzt auch gemacht, mit einem weinenden und einem lachenden Auge», fährt Sacha Kunz fort. «Ich möchte die Zeit im Imbisswagen nicht missen und ich werde auch weitermachen, das ist keine Frage. Aber halt in einer anderen Form.»
Den kleinen Imbisswagenanhänger, der auch für Anlässe gebucht werden kann, betreibt er weiter. Damit hat er mehr zeitliche und örtliche Freiheit. Mit einem Foodtruck unterwegs zu sein, könnte sich Sacha Kunz sehr gut vorstellen. Keine Option sei es, mit künstlichen Kniegelenken zukünftig bei der Arbeit lange zu stehen.
Auch kein Thema ist ein Wegzug aus Dorum. «Nein, wir alle, inklusive meiner Mutter, die uns die ganze Zeit eine grosse Hilfe war, haben hier Wurzeln geschlagen», sagt Brigitte Kunz. Tochter Noemi (18) ist momentan in der Ausbildung zur Pflegefachkraft in Bremen und ihr Zwillingsbruder Timo lernt Sanitär-Heizungsfachmann. Ihr 25-jähriger Bruder Kevin arbeitet in der kalten Jahreszeit in seinem angestammten Beruf als Elektriker und betreibt jeweils im Sommer bekanntlich schon seit ein paar Jahren seinen eigenen Getränkewagen namens «Zur blauen Robbe».
«Dieser steht ganz in der Nähe unseres bisherigen Standplatzes, und somit werden wir auch in Zukunft regelmässig dort anzutreffen sein», sagt Sacha Kunz. Besuchende aus der Schweiz werden also zukünftig darauf hoffen können, immer auf mindestens ein Mitglied aus der Familie Kunz zu treffen. Und vielleicht bleibt ja ab sofort sogar mehr Zeit für ein Schwätzchen, worüber sich Sacha Kunz ganz besonders freuen würde.
Zuerst steht nun aber in den kommenden Wochen die Knieoperation an. Und das Schweizer Fernsehen hat sich auch erneut angekündigt, um eine Folgesendung zu drehen. Fortsetzung folgt.