Finanzpolitiker sind «irritiert»
08.07.2025 BaselbietLandratskommission prüft Untersuchung wegen Radicant-Debakel
Mit ihrer Digitalbank Radicant hat die BLKB bisher mehr als 100 Millionen Franken verloren. Die landrätliche Finanzkommission stört sich an «widersprüchlichen» Informationen.
Janis ...
Landratskommission prüft Untersuchung wegen Radicant-Debakel
Mit ihrer Digitalbank Radicant hat die BLKB bisher mehr als 100 Millionen Franken verloren. Die landrätliche Finanzkommission stört sich an «widersprüchlichen» Informationen.
Janis Erne
Das Unverständnis in der Baselbieter Politik ist gross. Mitte Mai hatten CEO John Häfelfinger und Bankratspräsident Thomas Schneider der Finanzkommission des Landrats Einblick in das Geschäftsjahr 2024 der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB) gegeben. Damals war von einem getätigten Abschreiber in Höhe von 9 Millionen Franken bei der Radicant die Rede. Nur zweieinhalb Monate später – am vergangenen Donnerstag – korrigierte die BLKB den Wert ihrer digitalen Tochterbank erneut nach unten: um zusätzliche 105,5 Millionen Franken. Gleichzeitig kündigten Häfelfinger und Schneider ihren Rücktritt für das kommende Jahr an, ebenso der Verwaltungsratspräsident der Radicant Marco Primavesi (die «Volksstimme» berichtete).
Über diesen Vorgang zeigt sich die Finanzkommission «irritiert», wie sie in einer Mitteilung vom Freitag schreibt: «Aufgrund der Ausführungen von BLKB und Regierungsrat im Rahmen der Behandlung des Geschäftsberichts 2024 der BLKB ging die Kommission von einer ganz anderen Situation aus.» Die Bank-Spitze habe sich gegenüber der Kommission zuversichtlich gezeigt, die für die Radicant gesetzten Ziele zum geplanten Zeitpunkt einhalten zu können. Die nun kommunizierte Wertberichtigung widerspreche den Informationen, welche die Kommission erhalten hatte.
PUK als Ultima Ratio
Die Finanzkommission übt die parlamentarische Aufsicht über die BLKB-Beteiligung des Kantons aus. Sie kündigte an, sich mit den widersprüchlichen Informationen auseinandersetzen und über das weitere Vorgehen entscheiden zu wollen. Ob eine formelle Untersuchung eingeleitet wird, soll diskutiert werden. Allenfalls wird während der Sommerpause eine ausserordentliche Kommissionssitzung einberufen.
Fredy Dinkel, Grünen-Landrat und Mitglied der Finanzkommission, sagt: «Es ist richtig, dass die Kommission den Gründen nachgeht, die zum 100-Millionen-Abschreiber geführt haben.» Auch müsse die Verantwortung der zuständigen Personen geklärt werden. Eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) hält der Ziefner erst dann für ein valables Mittel, wenn bei der BLKB-Führung oder beim Regierungsrat, sprich Finanzdirektor Anton Lauber («Mitte»), kein Wille zur transparenten Aufarbeitung in der Finanzkommission erkennbar sei.
Dinkel kritisiert unter anderem die strategische Entscheidung, aus der Radicant eine Vollbank zu machen: «Dieser Schritt hat hohe Kosten verursacht.» Laut BLKB hat zudem die Integration eines Treuhandgeschäfts nicht wie gewünscht funktioniert und zu Mehraufwand geführt. Dennoch hält die Bank an ihrer Tochterfirma fest: Radicant soll nicht wie ursprünglich geplant 2027 oder 2028, sondern 2029 erstmals Gewinn erwirtschaften.
Auch wenn Fehler gemacht wurden, so ist Dinkel der Meinung, dass die BLKB und die Radicant nicht alles falsch gemacht haben: «Die Strategie der BLKB und der Radicant, auf nachhaltige Anlagen zu setzen, ist grundsätzlich richtig.» Für soziale und ökologische Nachhaltigkeit sei es entscheidend, in welche Unternehmen und Projekte Banken ihre Gelder investieren. «Gerade beim Klimaschutz kommt es uns später viel teurer zu stehen, wenn jetzt nichts getan wird», so Dinkel.
Ruhig wird es nicht
Andere Politiker sehen das anders: SVP-Präsident Peter Riebli kritisierte in einem Vorstoss im Landrat, die «starke Fokussierung» der BLKB auf Nachhaltigkeitskriterien und das Netto-Null-Ziel bis 2050 verdränge wirtschaftliche Aspekte und regionale Bedürfnisse. Zudem ist eine Initiative hängig, welche die Bank stärker an die Region binden will.
Die BLKB und die Radicant werden also Gegenstand politischer Diskussionen bleiben. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Politik am Ende Druck auf die Kantonalbank ausübt und ihr den Verkauf der Radicant nahelegt.