Etwas weniger wäre manchmal etwas mehr
20.05.2025 Bezirk Sissach, Gesellschaft, Kultur, Gastronomie, SissachAuf unserem «Mega»-Schlemmerrundgang war das Bäuchlein viel zu rasch viel zu voll
Es heisst zwar Gewerbeschau, doch vom Schauen allein hat man bekanntlich noch nicht gelebt. An rund 30 Futtertrögen mit Essen und/oder Trinken zieht die riesige Besucherkarawane ...
Auf unserem «Mega»-Schlemmerrundgang war das Bäuchlein viel zu rasch viel zu voll
Es heisst zwar Gewerbeschau, doch vom Schauen allein hat man bekanntlich noch nicht gelebt. An rund 30 Futtertrögen mit Essen und/oder Trinken zieht die riesige Besucherkarawane entlang der «Mega»-Route durchs Sissacher Zentrum – die kulinarische Vielfalt ist gross, und die Vorfreude darauf ebenfalls!
Schon klar, dass man es nicht schaffen wird, von allem zu probieren. Trotzdem legen wir hungrig los! Ein Blick in den Menüplan in unserer «Mega»-Spezialzeitung vom vergangenen Donnerstag macht sofort Appetit: «Brathendl» muss es unbedingt sein, danach vielleicht eine schöne gebratene «Hax'n» oder eine «Weisswurscht»! Da werden Erinnerungen an einen München-Besuch wach – auch dort herrschte Volksfeststimmung, und das Essen zum Weissbier schmeckte vorzüglich.
Also nichts wie rein ins grosse Eventzelt und zum Buckter «Mond», der in Sissach bayrisch angehaucht aufgegangen ist. «Einmal Brathendl – und Bier!», sagen wir im Chor unser seit Donnerstag eingeübtes Sprüchlein auf – und schon kommen die halben «Hendl» angeflogen.
«Der liebe Gott hat bei der Schöpfung alles richtig gemacht», pflegte mein Grossvater einst zu sagen, «ausser, dass er den Poulets nur zwei Beine gegeben hat …» Das war zu Zeiten, als so ein Huhn sonntags viele hungrige Mäuler stopfen musste. Beim Blick auf das halbe Huhn auf meinem Teller und den Berg Kartoffelsalat denke ich hingegen: Ein halbes Mistkratzerli hätte es längst auch getan … Wie sich rasch zeigt, hatte das Poulet schon gar lange im Wärmeschrank gebrütet, und der Kartoffelsalat war – wie beim Italiener – ziemlich al dente. Deutschen soll al dente ja schmecken – gut war’s trotzdem. Aber: viel zu viel! Auf die Hax’n müssen wir verzichten, so gerne wir sie probiert hätten. Und auch auf die Pinsa neben dem «Mond» in der «Sonne», so sehr wir uns das vorgenommen hatten.
Dieses Muster zieht sich irgendwie durch die Ausstellung: Ein Redaktionskollege holt sich beim Sparkässeli-Walmer eine Portion Fish ’n’ Chips und meint: «Es ist sehr fein, aber die Portion ist riesig – und der Preis mit 27 Franken gesalzen! Da bleibt sonst Platz für nichts.» Ein zweiter Kollege: «Das sind Schwingerportionen – leider zu Zürcher Preisen.»
Immerhin stammte der Fisch aus der Nord- und nicht aus Übersee.
Ähnlich klingt es am nächsten Tag, nachdem ein Kollege bei «Oy‘s» Massam-Curry mit Reis, Kartoffeln, Zwiebeln und Rindfleisch zugeschlagen hat: «Oy‘s – auch sonst mit einem Stand in Sissach präsent – ist immer superfein, aber für einen solchen Anlass fast schon zu magenfüllend!»
Stimmt! An einer Gewerbeausstellung mit 130 Teilnehmern will man sich ja auch nicht schon nach dem ersten Stand sattgesehen haben. Wie wäre es bei der nächsten «Mega» mit einem Gourmet-Pass mit dem Namen «Schmatzen hoch vier»? Für 30 oder meinetwegen auch 40 Franken könnte man sich damit an vier Verpflegungsständen jeweils eine Viertelportion holen – und so die Vielfalt besser auskosten. Das wären dann an drei Tagen zwölf kleine Gerichte. Also ich hätte den Plausch daran …
Natürlich gibt es an der «Mega» auch kleinere Portionen: Churros zum Beispiel, die nicht zuletzt bei Kindern der Renner sind. Oder ausgezeichnete Änisbrötli bei Christen Gartenbau aus Itingen. Und bei den roten Amaretti («Amaroti») an der roten Bar in der «Alten Metzg» haben wir in Gesellschaft von alt Malermeister Thomas Kamber und den netten Leuten vom «Wohntip» zum roten «Megaspritz» ebenfalls herzhaft tief ins Glas gelangt. Wir überlegen uns eine Petition «Die Alte Metzg muss rot bleiben …»
Es gibt auch sonst Verpflegungsstände mit etwas homöopathischeren Portionen – etwa am Currywurst-Stand oder beim Musikverein mit Hotdogs und Würsten, oder aber bei Metzgermeister Häring, der mit seiner unverwüstlichen Militär-Feldküche angerückt ist. Ein anderer Redaktionskollege hat dort zugeschlagen und war des Lobes voll: «Hörnli mit Ghacktem aus der Gamelle – das hat geschmeckt wie bei Grossmutter, nämlich ausgezeichnet, und für 12 Franken absolut fair!» Da hatte es sogar noch Platz im Maul für Ochsenmaulsalat. Und für die Mutigeren gibt’s sogar Kutteln, was bei vielen Besucherinnen und Besuchern nostalgische Gefühle ausgelöst habe, wie Metzgermeister Häring versichert. Bei uns von der «Kutteln-wääck-Generation» irgendwie nicht.
Des Lobes voll sind auch die Gäste im «Vitrum», wo amerikanische Hotdogs serviert werden: «Die sind einfach toll», schwärmt etwa die ehemalige Gewerbevereinspräsidentin Daniela Schneeberger, die schon etwas weiter oben bei Puvi in der «Wystube» (grosse Cordon bleus!) angekommen ist. Etwas leiser schiebt sie nach: «Die vegetarische Hot-Dog-Variante ist hingegen nicht so meins …» Und gleich wieder lauter: «Aber der Rosé dort ist himmlisch!» Ihr Partner Reto Rickenbacher hat derweil Besseres zu tun, als zu plaudern – auch er hat sich eine Gamelle Hörnli geholt: «Schuper», meint er kauend.
Wer anspruchsvoll bekocht werden will, muss in Sissach natürlich bei der «Krone» vorbeischauen. Rino Zumbrunn, der junge Meister seines Fachs, hält die Karte klein und einfach: «Frisches, knuspriges Brot, Fleischkäse, Cole Slaw und Cocktailsauce – sehr geil», kommentiert ein weiterer «Volksstimme»-Kollege. Dazu ein Gratis-Bier, von Roboterhand ausgeschenkt – sofern man den Lukas fest genug haut. Eine tolle Idee vom immer lächelnden Vater Zumbrunn von der gleichnamigen Carrosseriefirma.
Und wer für so ein Essen wie in der «Krone» nur zehn Franken hinblättern muss, kann sich auch anderswo noch etwas gönnen. Zum Beispiel einen Wasserbüffelburger, den sich unser unermüdlich filmender Kollege (die Video-Happen auf www.volksstimme.chlohnensich!)in einer kurzen Pause gönnt. Der am Stand hat sich dann aber wohl bei der Patty-Reihenfolge auf dem Grill vertan: «Das war eher Tatar als Burger – blutig wie ein Vampirfrühstück», meint der Mann von unserem Video-Team. Kann in der «Mega»-Hektik passieren. Perfekt muss an einem solchen Anlass ja auch nicht alles sein.
Unsere Madln (um im Bayrischen zu bleiben) zieht es in den neuen «Bloomell» im «Cheesmeyer». Eine sagt danach: «Ich gebe den Pancakes vom ‹Bloomell› 5 von 10 Punkten. Die drei kleinen Pancakes schmecken gut, die Portion ist nicht zu gross und nicht zu klein. 15 Franken finde ich persönlich aber zu viel – und die mache ich zu Hause mindestens gleich gut …» Die andere Kollegin sagt: «Die Kaiserschmarrn-Pancakes und der Cappuccino im ‹Bloomell Coffeehouse› sind sehr gut.» Bloss sei es bei ihrem Besuch recht ruhig gewesen im Lokal – aber das war wohl nur eine Momentaufnahme. Denn ruhig ist es an der «Mega» eigentlich nie. Und das viele Schauen und Plaudern wirkt zum Glück verdauungsfördernd: Das Brathendl ist nun runtergerutscht, und wir stellen uns endlich doch noch für die «Sonnen»- Pinsa an.
Besitzer Michele Linsalata himself steht hinter dem Tresen – und ist mit dem Andrang nicht vollends zufrieden. Im Eventzelt werde generell mehr Kultur als Essen genossen, sagt er etwas zermürbt. Dafür brumme abends während der Konzerte der Bierverkauf – meint er wieder lachend. Wir schauen auf seine Karte und entdecken – waseliwas? Eine Viertelportion Pinsa für 8 Franken! Michele, du Gedankenleser!
Bestellt und vertilgt. Die Pinsa war allerdings so knusprig und richtig gut, dass eine Viertelportion dann doch ein bisschen wenig war. Wir stehen wohl in ein paar Stunden nochmals an … oder bei der nächsten «Mega» – mit dem «Schmatzen-hoch-vier-Pass».
David Thommen