Ein Tag im Sissacher McDonald’s
28.05.2024 Bezirk Sissach, Gesellschaft, Bezirk Sissach, Sissach, BaselbietEine Reportage vom Braten, Bedienen und Servieren im beliebtesten Restaurant im Dorf
Heute ist der internationale Tag des Hamburgers. Deshalb die Frage: Wie entsteht eigentlich ein Burger? Die «Volksstimme» durfte beim beliebtesten Burger-Lokal im Oberbaselbiet, dem ...
Eine Reportage vom Braten, Bedienen und Servieren im beliebtesten Restaurant im Dorf
Heute ist der internationale Tag des Hamburgers. Deshalb die Frage: Wie entsteht eigentlich ein Burger? Die «Volksstimme» durfte beim beliebtesten Burger-Lokal im Oberbaselbiet, dem McDonald’s in Sissach, einen Tag mitarbeiten.
Luana Güntert
25 Jahre nachdem McDonald’s in Genf den ersten Fuss in die Schweiz setzte, erhielt 2001 auch Sissach eine Filiale. Heute ist dies das vermutlich bestbesuchte Restaurant im Bezirkshauptort. Wie viele Burger verkauft werden, bleibt jedoch ein Geschäftsgeheimnis. Jeder kennt McDonald’s als Kunde – so natürlich auch ich. Doch was spielt sich hinter der Theke ab? Ich durfte die Sissacher «Crew» während einer Schicht begleiten.
Die Räumlichkeiten
Ausgestattet werde ich mit einem eleganten McDonald’s-Poloshirt und Gummiüberziehern für die Schuhe gegen das Rutschen. Geschäftsführer Daniel Dumitra – oder Daniel, bei McDonald’s ist man direkt beim Du – nimmt mich zuerst mit auf einen Rundgang. Hinter der Kasse ist die Produktion in «Strassen» aufgeteilt, wo zu den Stosszeiten in Fliessband-Manier die Mahlzeiten zubereitet werden.
Angrenzend befinden sich die Fenster respektive Türen für den McDrive, der Hinterausgang für die Warenanlieferungen und das Lager – unterteilt in Trockenwaren, Kühlschrank und Tiefkühler. Im Obergeschoss hat es neben den Mitarbeitertoiletten und -garderoben, die mit Duschen ausgestattet sind, einen Pausenraum mit einer Terrasse.
Die Vorbereitung
Obwohl die Filiale erst um 10.30 Uhr öffnet, sind schon rund zwei Stunden vorher zwei Mitarbeitende mit den Vorbereitungen beschäftigt. Die kleinen Tiefkühler neben den Fritteusen werden aufgefüllt, damit in den stressigen Stunden keine Kartonschachteln geöffnet werden müssen und Wege in den begehbaren Tiefkühler vermieden werden können.
Die Schalen mit Salat und Käse und die Streuer mit Gewürzen und gehackten Zwiebeln müssen ebenfalls gefüllt werden, genauso wie die Stapel mit den unterschiedlichen Burger- und Snackverpackungen. Dass eine gute Vorbereitung die halbe Miete ist, wird sich später noch zeigen.
Der Grill
Es ist immer noch ruhig im McDonald’s und es sind noch keine Gäste da. Der perfekte Zeitpunkt also, dass mich Daniel in die Kunst des Burgerbratens einführt. Besser gesagt in das Braten der «Pattys», also der Frikadellen. Anders als die Poulet- oder Fisch-Frikadellen, die frittiert werden, kommt bei McDonald’s das Rindfleisch auf den Grill. Die Frikadellen bestehen aus 100 Prozent Rindfleisch, sind also (noch) nicht gewürzt.
Daniel zeigt mir den Bratablauf vor: Zuerst muss ein Haarnetz angezogen werden, danach Einweg-Handschuhe. Anschliessend öffnet er mit den Ellbogen das kleine Gefrierfach neben dem Grill und entnimmt das gewünschte «Patty», wovon es zwei Grössen gibt: ein kleines und ein grosses. Erstere sind für Burger mit einer kleineren Fläche, zum Beispiel Cheeseburger; Letztere für solche mit grösserer Fläche, zum Beispiel für den «Big Tasty».
Nach den ganzen Hygienemassnahmen geht es endlich ans Braten. Für beide «Patty»-Grössen stehen mehrere Grills bereit. Daniel legt das «Patty» auf den passenden Grill und schliesst danach die Klappe, sodass das Fleisch wie bei einem Waffeleisen von oben und unten gebraten wird. Die nötige Zeit, in unserem Fall 41 Sekunden, ist programmiert und die Klappe des Grills öffnet nach Ablauf dieser Zeit automatisch.
Jetzt muss es schnell gehen: Das «Patty» wird mit dem Streuer, der oberhalb des Grills steht, und den gehackten Zwiebeln gewürzt. Danach wird es in einen kleinen Behälter gelegt und in ein angeschriebenes Fach in der «Strasse» geschoben, wo es für den «Burger-Bau» verwendet wird.
Nach jedem Braten wird der Grill mit zwei Schabern abgekratzt, um die Fläche von Fleischresten und Öl zu befreien. Als ich mich dann selber im Braten übe, merke ich, wie wichtig die Routine ist. Jeder Handgriff muss sitzen. Zumal ich nur ein «Patty» auf einem Grill brate. Im Mittagsservice müssen gleich sechs Grills mit je mehreren «Pattys» bedient werden.
Der McDrive
Um 10.30 Uhr öffnet nicht nur das Restaurant, sondern auch der McDrive. Alexandru ist heute für die Bestellungen zuständig und hat schon sein Headset montiert. Bevor ich mich selber im Bedienen der Kunden mittels Kopfhörer übe, darf ich Alexandru mit einem zweiten Headset über die Schulter schauen. Am McDrive läuft noch nicht viel.
Doch nun, um kurz vor 11 Uhr, kommen die ersten Gäste angerollt. Auf einer Kamera sehen wir die Bestellenden – es sind zwei ältere Leute. Der Mann bestellt zuerst «Pommes frites, aber nur wenig». Ich muss schon schmunzeln. Alexandru fragt nach: «Wollen Sie Mini oder Small?» Der Mann scheint ihn weder inhaltlich noch akustisch verstanden zu haben. «Wie bitte?», fragt er. «Mini oder Small?», wiederholt Alexandru. «Ja, einfach wenig», sagt der Gast und Alexandru wählt die Mini-Portion. «Dann hätte ich gerne noch eine Glace», sagt der Gast. «Ein Mc-Flurry oder ein Sundae?», fragt Alexandru nach. «Mit Schokolade», so die Antwort. «Okay, aber McFlurry oder Sundae?» Der Gast antwortet wieder: «Eben, mit Schokolade.» Alexandru wählt einen McFlurry und sagt: «Vielen Dank, fahren Sie bitte nach vorne.»
Während der Bestellung hat Alexandru bereits alles an der Kasse eingetippt und fragt den Kunden, der mittlerweile am Fenster angekommen ist, ob er bar oder mit der Karte bezahlen möchte. Nach der Bezahlung heisst es: «Vielen Dank und ‹e Guete›, fahren Sie bitte zum nächsten Fenster.» Dort kann der Gast schon seine Tüte in Empfang nehmen.
Nach ein paar Runden darf ich Alexandru unterstützen. Ich spreche mit den Kunden und er gibt die Bestellung ein. Es erstaunt mich, wie gut man die Kunden versteht. Ich habe es, ehrlich gesagt, anders erwartet. Es kommen nun immer mehr Gäste, da es bereits 11.30 Uhr ist. Nach ein paar Kunden habe ich den Dreh raus und weiss, wie ich das Kartenlesegerät verstellen und was ich beim Bedienen sagen muss. Doch eins merke ich auch: An diesem Fenster ist es für zwei Personen – beziehungsweise drei, denn Daniel gesellt sich auch noch dazu – definitiv zu eng.
Der Service
Der Mittagsservice ist nun in vollem Gange. In wenigen Sekunden erkennt man, wie eingespielt das Team in den «Strassen» ist. Jeder hat seine Aufgabe: Burger braten, Saucen auf das Brot schmieren, Käse und Gemüse auf das Fleisch legen oder die Fritteuse bedienen und die Pommes frites abfüllen. Damit ich hier nicht im Weg stehe, darf ich Jamie beim Servieren helfen.
Seit einiger Zeit kann im McDonald’s nicht nur an der Theke, sondern auch am Automaten bestellt werden, was die meisten Kunden so handhaben. Nach dem Auswählen der Speisen nimmt man sich eines der Schilder, die am Automaten hängen, und gibt die Nummer, die darauf steht, zusätzlich zur Bestellung ein. Danach kann sich der Gast gemütlich an einen Tisch setzen; das Essen wird ihm an den Tisch gebracht.
Dabei muss das Servicepersonal die Kunden respektive die Nummernschilder nicht suchen gehen – was bei einer eher kleinen Filiale wie Sissach nicht allzu problematisch wäre. Die Schilder sind mit einem Peilsender ausgestattet, und sobald sie nicht mehr am Automaten hängen, wird ihr Standort auf einem kleinen Bildschirm bei der Ausgabe angezeigt.
So schnappe ich mir also ein Tableau nach dem anderen und serviere den Kunden Burger und Pommes. Doch ganz so einfach ist es nicht immer: Kunden können mit dem Schild in der Hand herumlaufen, während das Servicepersonal in die falsche Ecke des Lokals läuft. So habe ich mit gewissen Burgern mehrere Runden gedreht. Doch rechtzeitig angekommen sind sie und geschmeckt haben sie.
Das McDonald’s-Imperium
Nach der strengen Mittagszeit muss das Personal die Küche wieder auf Vordermann bringen und bereits für den Abend vorbereiten. So bleibt Zeit für ein Mittagessen mit Daniel. Während ich mir einen Burger gönne, erzählt mir der Geschäftsführer, wie er sechs Filialen in den Kantonen Baselland und Aargau zusammen mit dem Franchise-Nehmer Johannes Hakkaart aufgebaut hat. Angefangen hat alles 1996, als die beiden die erste Filiale in der Region eröffneten: in Füllinsdorf.
Neben der Filiale in Sissach wurden weitere Standorte aufgebaut: Kaiseraugst, Liestal, Laufen, Münchenstein und Pratteln. Vor ein paar Jahren musste die Filiale beim Bahnhof Liestal schliessen. «Jeder Standort hat etwa 40 Mitarbeitende, Münchenstein aufgrund der Lage mehr», sagt Daniel.
Die Filiale in Münchenstein ist für das Duo das «Bijou» und ein Vorzeigemodell eines McDonald’s. Nachdem die Filiale, die sich direkt beim Kreisel neben der Motorfahrzeugkontrolle befindet, 2022 komplett abgerissen wurde, konnte sie nur vier Monate später frisch saniert wieder eröffnet werden – mit mehreren Stockwerken, grossem Aussenbereich und McCafé. Das Spezielle in Münchenstein: Der McDrive ist zweispurig, sodass die zahlreichen Kunden während der Stosszeiten an gleich zwei Stationen bestellen können.
Von Sportlern zu Unternehmern
Eigentlich würde dieser Teil der Geschichte einen eigenen Artikel verdienen, doch ich versuche, mich kurz zu fassen. Während meines Besuchs im Sissacher McDonald’s habe ich mich gefragt, wie man Geschäftsführer bei einer der grössten Fast-Food-Ketten der Welt wird. Die Antwort, die mir Daniel auf diese Frage liefert, ist so spannend, dass man sie kaum glauben kann.
Daniel wuchs in Rumänien auf, wo er als Knabe ein begnadeter Fussballer war. Als Jugendlicher kam er auf ein Fussball-Internat und absolvierte gleichzeitig eine Ausbildung zum Physiotherapeuten. «Zu dieser Zeit waren junge Rumänen auf dem Fussballmarkt sehr gefragt, da wir damals ein gutes Nationalteam hatten», erzählt Daniel. Er erhielt als junger Mann ein Angebot vom FC Sion, das er annahm.
Nach ein paar Jahren im Wallis entschied sich Daniel, in der Schweiz zu bleiben und wechselte zum FC Nordstern, der damals in der zweithöchsten Liga der Schweiz spielte, und ein paar Jahre später zum SV Muttenz in die dritthöchste Liga. Als er dann mit Anfang 30 seine Fussballerkarriere beendete, wollte er als Sporttherapeut in der Schweiz Fuss fassen.
«Das ging eine Zeit lang gut, doch irgendwann merkte ich, dass ich mit meinem Wissen nicht mehr auf dem neusten Stand war», so Daniel. Just zu diesem Zeitpunkt, als er merkte, dass er sich beruflich neu orientieren wollte, trifft er Johannes Hakkaart – einen ehemaligen Tennisprofi – der bereits Lizenznehmer von McDonald’s war. Er rekrutierte ihn als Geschäftsführer der neuen Filiale in Füllinsdorf. Der Rest ist Geschichte. Heute sind sie erfolgreiche Unternehmer und das «Imperium» wächst und wächst.
Auch privat fand Daniel sein Glück in der Schweiz, er hat eine Ehefrau und drei Kinder. Einst wollte er in Ramlinsburg ein Haus bauen. «Johannes hat mir Ramlinsburg gezeigt und ich habe mich direkt in das Dorf verliebt», sagt Daniel, der bis dahin in Basel gewohnt hatte. Da es aber in Ramlinsburg kein passendes Bauland gab, entschied er sich, im Nachbardorf Lampenberg zu bauen, wo er bis heute wohnt.
Internationaler Tag des Hamburgers
lug. Amerikaner feiern das ganze Jahr hindurch «kuriose» Feiertage: so heute den internationalen Tag des Hamburgers als Highlight des nationalen Burgermonats. Warum der Mai der Burgermonat ist, kann plausibel erklärt werden: Es ist angenehm warm und es herrscht Barbeque-Hochsaison. Es ist anzunehmen, dass in den 1990er-Jahren der 28. Mai aus Marketinggründen zum internationalen Tag des Hamburgers erklärt wurde und so bis heute hauptsächlich in den USA zelebriert wird.