Ein Bergkristall für Jang Zemin
18.11.2025 Bezirk Sissach, Gemeinden, Baselbiet, GelterkindenWenn «Aeschbi» Menschen befragt, wird es nie peinlich. Und die Zuhörenden erfahren Berührendes wie Lustiges aus dem Leben der prominenten Gäste. Dies war auch bei der dritten Durchführung der Gesprächsreihe «Aeschbacher z‘mittsdrin» nicht ...
Wenn «Aeschbi» Menschen befragt, wird es nie peinlich. Und die Zuhörenden erfahren Berührendes wie Lustiges aus dem Leben der prominenten Gäste. Dies war auch bei der dritten Durchführung der Gesprächsreihe «Aeschbacher z‘mittsdrin» nicht anders.
Thomas Immoos
Schon eine Viertelstunde vor Türöffnung stand das Publikum Schlange am Eingang des Altersheims zum Eibach in Gelterkinden. Angesagt war die Gesprächsreihe des früheren Fernsehmoderators Kurt Aeschbacher mit prominenten Gästen. Zum dritten Mal befragte er im Innenhof des Altersheims. 240 Personen hatten sich angemeldet, und es wurden kurz vor Beginn noch weitere Stühle aufgestellt.
In der Tat war es eine prominente Runde, die Aeschbacher in seiner ruhigen und einfühlsamen Art befragte. Dabei entlockte er ihnen ebenso amüsante wie intime Anekdoten. Die Zuhörerinnen und Zuhörer erhielten Einblick in das Leben und die Arbeit in der Politik, im Journalismus, in der Spitzengastronomie und im Fernsehen. Indem Aeschbacher mit den fünf Gästen per Du sprach, gelang es, Distanz zwischen den Gesprächspartnern zu vermeiden, die bei einem Gespräch per «Sie» wohl entstanden wäre.
Den Auftakt machte alt Regierungsrat Erich Straumann. Von ihm wollte Aeschbi wissen, wie er es als einfacher Bauer aus Wintersingen in die Regierung geschafft habe. Straumann berichtete von seiner Jugend als Bauernsohn, der sich schon früh im Dorf, erst im Musikverein, dann im Gemeinderat engagierte. «Es sollen nicht nur Studierte Politik machen», habe er sich gesagt. Und als er, gerade Landratspräsident geworden, zum SVP-Regierungsratskandidaten nominiert wurde, sei gar kein Rücktritt aus der Regierung angestanden. Als dann überraschend doch jemand zurücktrat, hätten sich wohl einige gesagt: «Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich selber kandidiert.» Nach seiner Wahl in die Regierung gab er seinen Hof auf. Es sei ihm schwergefallen, die Kühe zu verkaufen, bekannte Straumann.
Einblicke in die grosse Politik
Als Kind habe sie Hundetrainerin werden wollen, gestand die frühere Fernsehmoderatorin Monika Fasnacht. Sie erschien mit ihrem Hund Chico zur Talkrunde, der bei jedem Applaus die Ohren spitzte, sich erhob und aufmerksam ins Publikum schaute. Fasnacht berichtete von ihrer Ausbildung zur Hotelière an der Hotelfachschule in Luzern, ihrer Arbeit als Sportmoderatorin bei Lokalradios und ihrer Karriere beim Fernsehen, wo sie mehrere Jahre sehr erfolgreich durch Jass-Sendungen führte.
Leise Kritik übte sie an den Verantwortlichen des Fernsehens, die offenbar fanden, jemand Jüngeres müsse nun vor der Kamera stehen. Nachdem sie SRF verliess, hat Fasnacht sich dann ihren Kindheitstraum erfüllt und wurde Hundetrainerin. Aeschbi entlockte Fasnacht auch Privates, etwa die Tatsache, dass sie mit einem Mann liiert war, der ihr die Ehe versprochen hatte, obwohl er bereits verheiratet war – ohne, dass sie dies gewusst hatte.
Vom Druck, Spitzenkoch zu sein, berichtete Sven Wassmer, der mit drei Michelin-Sternen und 18 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnet wurde. «Wichtig ist, nicht die Bodenhaftung zu verlieren», hielt er fest. Ausserdem seien die Auszeichnungen nicht nur sein eigenes Verdienst, sondern das eines eingespielten Teams. Wichtig in seinem Beruf sei, den Gästen Freude und Genuss zu bereiten. Angeregt wurde er auf seinen Reisen: «Eine fremde Kultur lernt man am besten über die Küche kennen», bekannte Wassmer. Deshalb integriere er auch heute noch gerne fremdländische Elemente in seine Kochkunst.
Als Hans-Peter Hammel kennt ihn kaum jemand, als Journalisten und Kolumnisten «-minu» ist der Basler vielen bekannt. Aeschbi gelang es, -minu sehr private Details zu entlocken. So ist er vom Gym geflogen, weil er eine Beziehung mit dem Chemielehrer hatte. Ohne Matura konnte er aber nicht bei der (damaligen) «National-Zeitung» die Ausbildung machen, weshalb er persönlich beim Verleger vorsprach, der ihn dann auch einstellte.
-minu ist seinen Eltern dankbar, dass sie Verständnis zeigten für seine Homosexualität. Er schilderte mit Schmunzeln, wie er einst im Hotelzimmer des weltberühmten Tänzers Rudolf Nurejew in Basel gelandet war. Da der Mann aber zu stark dem Wodka zugesprochen hatte, habe er sich nur aufs Bett fallen lassen und sei sogleich eingeschlafen. Berührend schilderte -minu, wie sein inzwischen dementer Partner ihm seine Zuneigung bekundet. Angst vor dem Tod habe er keine: «Ich habe viele Menschen sterben sehen» – der Tod sei eine Erlösung, so -minu.
Alt Bundesrat Adolf Ogi bekannte, dass ihn nachdenklich stimme, was -minu über den Tod gesagt habe. Auch er, «als gläubiger Protestant», habe keine Angst vor dem Tod. Dass er gehadert habe, als sein Sohn mit 35 Jahren an einer Krebserkrankung starb, bekannte Ogi. Seine Frau, seine Tochter und er hätten danach lange gebraucht, «bis wir das Leben in den Griff bekamen».
Geholfen haben ihm Freunde seines Sohnes Matthias, mit deren Unterstützung er den Verein «Freude herrscht» gegründet hat, der Kinder und Jugendliche zu sportlicher Betätigung animieren will. Ogi gab auch einige Anekdoten aus seiner Bundesratszeit Preis und die Gäste erhielten so Einblick hinter die Kulissen der grossen Politik. So habe er den chinesischen Staatschef Jang Zemin daran gehindert, erbost ein Bankett zu verlassen, weil ihn die Rede von Ruth Dreifuss über Menschenrechte erbost hatten. «You are not leaving», habe er ihm gesagt und ihm einen Bergkristall in die Hand gedrückt.
Kurt Aeschbacher verstand es, seinen Gästen Intimes und Persönliches zu entlocken, ohne dass es peinlich wirkte. Das Publikum im Altersheim folgte mit gebannter Aufmerksamkeit. Auch für das Jahr 2026 sind weitere Gespräche im «Eibach» geplant, das erste am 23. April – mit noch unbekannten Gästen und Themen.

