Ein Arboldswiler will die SVP einen
05.04.2024 Baselbiet, Parteien, Arboldswil, BaselbietJohannes Sutter: Vom Vermittler zum Hoffnungsträger – ein Porträt
Nach dem Verzicht von Dominik Straumann soll der Arboldswiler Gemeindepräsident Johannes Sutter in die Bresche springen und Präsident der Baselbieter SVP werden. Sutter sagt, die Partei müsse ...
Johannes Sutter: Vom Vermittler zum Hoffnungsträger – ein Porträt
Nach dem Verzicht von Dominik Straumann soll der Arboldswiler Gemeindepräsident Johannes Sutter in die Bresche springen und Präsident der Baselbieter SVP werden. Sutter sagt, die Partei müsse wieder zur Sachpolitik zurückkehren und sich weniger mit sich selbst beschäftigen.
Janis Erne
Die Nachricht kam überraschend: Am Dienstag wurde bekannt, dass SVP-Präsident Dominik Straumann aufgrund des parteiinternen Widerstands gegen seine Person auf eine weitere Amtszeit verzichtet. Dafür stellt sich mit Johannes Sutter sein Stellvertreter zur Wahl.
Überrascht ob seiner Kandidatur waren grosse Teile der Öffentlichkeit, nicht aber langjährige Mitglieder der Baselbieter SVP. Denn viele von ihnen erachten Sutter, der seit 2013 Vizepräsident der Partei ist, als bestens geeignet für das Präsidentenamt. «Er ist seit Jahren mein Wunschkandidat», sagt etwa Nationalrätin Sandra Sollberger.
Sie gehört zu Sutters 29-köpfigem Unterstützungskomitee – wie auch der ehemalige Regierungsrat Jörg Krähenbühl, die Alt-Parteipräsidenten Dieter Spiess und Dieter Völlmin oder 13 amtierende Landratsmitglieder. «Johannes Sutter ist zuverlässig, lebt die SVP-Werte und nimmt sich Zeit, die Argumente des Gegenübers anzuhören», sagt Sollberger weiter.
Diese Eigenschaften anerkennt auch Andi Trüssel, Vizepräsident der SVP-Fraktion im Landrat. Sutter sei ein umgänglicher Mensch. Trotzdem wird Trüssel an der Generalversammlung Ende April für Landrätin Caroline Mall votieren, die ebenfalls an die Spitze der Partei will. So auch Fraktionschef Peter Riebli, wie er auf Anfrage sagt. Zu Sutter und dessen Kandidatur will er sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht äussern.
Ein Grund dafür ist der Zwist innerhalb der SVP, der seit drei Jahren schwelt, sich bei der Nomination der Nationalratskandidaten zuspitzte und in den vergangenen Wochen eskaliert ist. Eine Gruppe um Peter Riebli, Andi Trüssel, Thomas de Courten, Caspar Baader und Hanspeter Weibel stellte sich – wie wir nun wissen: erfolgreich – gegen Präsident Dominik Straumann, da sie dessen Auftreten als zu zurückhaltend empfindet. Ihnen gegenüber stehen Kräfte, die Straumanns Stil verteidigen.
Mit seinem Rückzug haben die Spannungen nun etwas abgenommen, trotzdem dürften gewisse persönliche Animositäten innerhalb der Baselbieter SVP vorerst bestehen bleiben. Das weiss auch Johannes Sutter, der sich bei Streitigkeiten stets neutral verhalten habe, als Vermittler gilt und mit dem Ziel zur Präsidiumswahl antritt, «die Partei wieder zu einen».
Doch wie will er das bewerkstelligen?
Die Einigung – das ist für Sutter klar – könne nur gelingen, wenn alle Lager einbezogen werden: «Die Parteigremien müssen ausgewogen besetzt sein.» Hierfür will er auch mit Personen das Gespräch suchen, die seine Konkurrentin Caroline Mall unterstützen.
Zugleich betont Sutter: «‹Einen› bedeutet für mich nicht, dass alle gleicher Meinung sein müssen. Wir sind ja nicht die ‹Schweizer Einheitspartei›.» Sachliche Diskussionen seien erwünscht, um mit den bestmöglichen Argumenten die politische Auseinandersetzung mit den anderen Parteien aufnehmen zu können.
Es gehe jedoch nicht, dass sich die SVP so stark mit sich selbst beschäftige, wie sie das in den vergangenen Wochen und Monaten getan habe. «Wir müssen in den Gremien wieder mit Freude und Engagement politisieren, statt zu streiten. Denn wir haben eine Verantwortung gegenüber unseren Wählern, die immerhin rund ein Viertel der Stimmbevölkerung ausmachen», so Sutter.
Seine Kandidatur hat der 51-jährige Arboldswiler mit dem noch amtierenden Präsidenten Dominik Straumann abgesprochen. «Gegen ihn wäre ich nicht angetreten», stellt Sutter klar. Straumann wiederum hätte sich ohne Sutters Zusage, fürs Parteipräsidium zu kandidieren, nicht zurückgezogen. Er engagiert sich jetzt in dessen Unterstützungskomitee.
Kann und will sich Sutter von Straumanns Stil abgrenzen?
Sutter und Straumann gelten als ähnliche Typen: Sie sind keine Lautsprecher, die ihre Ansichten als unumstösslich erachten, sondern konsenssuchende Führungspersönlichkeiten. So zumindest werden sie von Personen beschrieben, die sie kennen.
«Mit Johannes Sutter kann man gut zusammenarbeiten, er drückt niemandem seine Meinung auf, sondern ist offen für den Dialog», sagt Verena Heid, die abseits der Parteipolitik und der SVP mit ihm zu tun hat. Heid ist Gemeindepräsidentin von Titterten und arbeitet in den verschiedensten Bereichen – von der Feuerwehr über den Zivilschutz bis zur Schule – mit ihrem Amtskollegen aus Arboldswil zusammen.
Auch wenn Sutter, der sich als Gemeindepräsident schon mehrfach vehement (und erfolgreich) gegen grosse Verbundprojekte des Kantons gewehrt hat, normalerweise kein Polterer ist, weiss er: Als Präsident der grössten Partei im Kanton müsste er «aktive Präsenz» markieren. «Wenn ein Thema wichtig ist, muss sich die SVP öffentlich dazu positionieren. Ich werde nicht zögern, dies zu tun», sagt Sutter. Dabei denkt er etwa an die jüngsten Auseinandersetzungen zwischen Eritreern in Gerlafingen (SO) und Grellingen (BL).
Sutter strebt eine «starke und pointierte, aber zugleich konstruktive SVP» an. Vom Parteipräsidenten werde ausserdem verlangt, politisch vorauszudenken und als Ideen- und Taktgeber zu wirken. In der Partei traut man dies Sutter zu. Er sei ein «gewiefter Stratege», heisst es.
Dominik Straumann wurde von seinen Gegnern nicht nur aufgrund seiner «fehlenden Medienpräsenz» kritisiert, auch die Sektionsarbeit sei vernachlässigt worden, wie zum Beispiel Nationalrat Thomas de Courten vorgestern in der «Volksstimme» sagte. Mit dieser Kritik geht Sutter insofern einig, als dass er Defizite bei den Sektionen nicht abstreitet. «Wir müssen tatsächlich näher an der Basis politisieren und die Sektionen besser einbeziehen», sagt Sutter. Als einer, der in einem 583-Einwohner-Dorf zu Hause ist, wisse er, «wie wichtig ehrenamtliche Arbeit ist».
Reichen diese Worte, um zum SVP-Präsidenten gewählt zu werden?
Die Unterstützer von Caroline Mall weisen – wie zuvor bei Straumann – auch bei Sutter auf dessen fehlende Bindung zum Landrat hin. Tatsächlich war Sutter nie Mitglied des Baselbieter Parlaments, seine politische Erfahrung beschränkt sich auf die Gemeindeexekutive. Trotzdem gilt er als gut vernetzt. Nicht nur innerhalb der SVP, sondern auch über die Parteigrenzen hinaus. So ist Sutter Vorstandsmitglied des Trägervereins Naturpark Baselbiet, wo er mit wichtigen Vertretern der Grünen, SP oder FDP zusammenarbeitet und sich für die Interessen von Tourismus und Landwirtschaft einsetzt.
Ein weiterer Kritikpunkt, der hinter vorgehaltener Hand vorgebracht wird: Sutter, der Gemeindepräsident, Geschäftsführer eines Ingenieurbüros mit 80 Angestellten und vierfacher Vater ist, fehle die Zeit. Dazu Sutter mit einem Schmunzeln: «Vizepräsident einer zerstrittenen Partei zu sein, ist deutlich anstrengender und zeitaufwendiger, als Präsident einer geeinten Partei zu sein.» Er wisse, wovon er spreche, denn immer, wenn es in den vergangenen Jahren «innerparteilich brannte oder der Präsident zu vertreten war», sei er zum Einsatz gekommen.
Für den studierten Juristen spricht zudem: Wenn er etwas anpackt, dann «mit Engagement und Überzeugung». Das zeigt auch sein Lebenslauf. Dieser enthält 9 Jahre Verwaltungsratspräsidium der NSNW AG, die für den Unterhalt der Nationalstrassen in der Nordwestschweiz verantwortlich ist, 10 Jahre Arboldswiler Gemeindepräsidium, 17 Jahre Mitgliedschaft im Stiftungsrat der Luftseilbahn Reigoldswil-Wasserfallen, dazu ist er seit 20 Jahren Inhaber des Ingenieurund Planungsbüros Sutter.
Zusammengefasst lässt sich sagen: Johannes Sutter und der ehemalige Landrat Ermando Imondi, der Vizepräsident bleiben möchte, haben gute Chancen, zum neuen SVP-Führungsduo gewählt zu werden. Entscheidet sich die Basis am 25. April für die beiden, müssen sie zeigen, ob sie die Partei tatsächlich einen können.