Die Kunst des qualvollen Tötens
01.07.2025 Bezirk Sissach, Region, Baselbiet, Kultur, SissachHenkermuseum erwirbt originales Richtrad
Das Henkermuseum verzeichnet einen bedeutenden Neuzugang: ein «Richtrad». Mit einem Crowdfunding hofft Museumsleiter Guido Varesi das historisch bedeutende Original finanzieren zu können.
Christian ...
Henkermuseum erwirbt originales Richtrad
Das Henkermuseum verzeichnet einen bedeutenden Neuzugang: ein «Richtrad». Mit einem Crowdfunding hofft Museumsleiter Guido Varesi das historisch bedeutende Original finanzieren zu können.
Christian Horisberger
Wer vom 16. bis ins 18. Jahrhundert mordete, brandschatzte oder Hochverrat beging, musste damit rechnen, dafür mit einer besonders grausamen Todesstrafe zur Rechenschaft gezogen zu werden: dem Rädern. Dabei wurden dem Verurteilten durch Schläge mit dem Richtrad die Armund Beinknochen zertrümmert, ehe er auf ein zweites, grösseres Rad gebunden oder geflochten wurde. Dieses Rad wurde auf einen Pfahl gesetzt und auf dem Richtplatz aufgestellt, bis der Delinquent seinen letzten Atemzug tat. War das Verbrechen weniger schlimm oder der Hinzurichtende von höherem Stand, konnte er hoffen, dass der Scharfrichter ihm durch seinen ersten Hieb mit dem Richtrad das Genick bricht und erst anschliessend Arme und Beine.
Jetzt oder nie
Für solche und viele andere Tötungsund Foltermethoden der mittelalterlichen und neuzeitlichen Justiz ist das Sissacher Henkermuseum das Schweizer Kompetenzzentrum schlechthin. Mit grossem Stolz kann dessen Gründer und Betreiber Guido Varesi jetzt einen bedeutenden Neuzugang verkünden: ein originales Richtrad.
«Es war eine einmalige Gelegenheit», sagt Varesi (61). Letztmals vor 30 Jahren habe er erlebt, dass ein Richtrad zum Verkauf stand. Jene Gelegenheit hat er nicht genutzt, und je mehr Jahre vergingen, desto geringer war seine Hoffnung, dass sich zu seinen Lebzeiten wieder eine bieten würde. Doch Varesi irrte sich. Ein befreundeter Sammler habe bei der Auflösung einer Sammlung in Belgien zwei solche «Räder» erworben und ihm eines angeboten. Der Baselbieter konnte nicht widerstehen und griff zu, obwohl das Museum alles andere als auf Rosen gebettet ist.
Auf der Plattform «Lokalhelden» hat der Tattoo-Künstler und Museumsleiter aus Gelterkinden nun ein Crowdfunding für den Kaufbetrag des Rads lanciert: 5000 Franken. Im besten Fall kommen 7000 Franken zusammen, dann könnte Varesi eine dem historischen Schatz angemessene Vitrine dazukaufen. Das Crowdfunding wurde Ende Mai gestartet und dauert noch bis zum 12. Juli. Bisher wurden erst rund 1200 Franken zugesichert.
Das Richtrad befindet sich bereits im Henkermuseum. Da Varesi nun über ein Original verfügt, wird er die zwei Kopien aus der Ausstellung nehmen. Was die Bedeutung des Neuzugangs für sein Museum anbelangt, nennt er ihn in einem Atemzug mit dem Schwert, mit dem der «letzten Hexe» Anna Göldi der Kopf abgeschlagen worden ist, oder der Guillotine, mit der Joseph Ignace Guillotine einst für das Gerät geworben hatte. «Henken, Köpfen und Rädern waren damals die wichtigsten Hinrichtungsmethoden», so der Museumsdirektor. Originale Richträder sind rar. Nur wenige Schweizer Museen verfügten ebenfalls über ein Exemplar, sagt Varesi: das Heimatmuseum Appenzell und Schloss Grandson, wobei er von der Echtheit des Exponats im Schloss am Neuenburgersee nicht restlos überzeugt sei.
Daran, dass seines echt ist, hegt der Spezialist für die Geschichte der Folter- und Tötungsinstrumente keinen Zweifel: Er habe schon einige Richträder gesehen – Originale wie Kopien – und dieses sei ein Original, er erkenne dies am verwendeten Holz und den Eisenteilen: «Ich weiss, worauf man achten muss.» Was Varesi nicht mit Bestimmtheit weiss, ist, wo und wann das Folterinstrument im Einsatz gestanden hat. Er geht davon aus, dass es sich um ein Exemplar aus Deutschland handelt, das eher spät, das heisst in den 1850er, -60er- oder -70er-Jahren verwendet worden ist.
Der Neuzugang kann neben den weiteren Exponaten des 1999 im einstigen Gefängnis eröffneten Henkermuseums jeden ersten und dritten Sonntag im Monat betrachtet werden, jeweils nachmittags von 14 bis 17 Uhr. Varesi ist jeweils anwesend und gibt über seine Sammlung und deren Herkunft und Verwendung Auskunft.