Da waren’s nur noch acht Schnitzelbänke
04.03.2025 Bezirk Sissach, Kultur, Gemeinden, Fasnacht, SissachAn der Fasnacht sind in Sissach weniger Schnitzelbankgruppen unterwegs als 2024. Noch wird der Schnitzelbankabend in gewohntem Umfang durchgeführt. Der Fortbestand der Tradition ist aber wegen Nachwuchsmangels auf lange Sicht gefährdet.
Sander van ...
An der Fasnacht sind in Sissach weniger Schnitzelbankgruppen unterwegs als 2024. Noch wird der Schnitzelbankabend in gewohntem Umfang durchgeführt. Der Fortbestand der Tradition ist aber wegen Nachwuchsmangels auf lange Sicht gefährdet.
Sander van Riemsdijk
Schnitzelbänke sind ein fester Bestandteil der Baselbieter Fasnacht. Da aber viele die satirischen Verse nur noch hören, nicht aber selber schmieden wollen, steht die Tradition vor Herausforderungen. Am Fasnachtssonntag bzw. -montag haben die Schnitzelbankgruppen in Gelterkinden und Sissach ihren grossen Auftritt. Sie sorgen in fasnächtlich dekorierten Restaurants und sonstigen Lokalen für gute Stimmung.
Weniger zu lachen gibt es heuer am Sissacher Schnitzelbankabend: Im Vergleich zu früheren Jahren sind weniger Gruppen unterwegs. Während sich die Organisatoren 13 Gruppen wünschen, was in den Vorjahren üblich war, sind es heuer noch 8, wie Nadia Gysin, zuständiges Vorstandsmitglied der Fasnachtsgesellschaft Sissach (FGS), auf Anfrage sagt. «Es haben sich zwei Gruppen kurzfristig abgemeldet. Auf die Gründe kann ich nicht näher eingehen, da diese privater Natur sind.»
Auch in anderen deutschsprachigen Kantonen wird es zunehmend schwieriger, Schnitzelbankanlässe durchzuführen. Die Tradition verliert schleichend Interesse, da es offensichtlich immer weniger Leute gibt, die bereit sind, Mühe und Zeit in die – zugegeben nicht immer einfache – Versgestaltung zu investieren. Womöglich ist es der Respekt vor der Kunst, Verse zu schmieden, Helgen zu entwerfen und diese vor Publikum zu präsentieren. Kurse, in denen das «Schnitzelbankhandwerk» gelernt werden kann, sind Nadia Gysin nicht bekannt. Es bleibe in der Regel beim «Learning by doing».
Dies hat zur Folge, dass es immer schwieriger wird, in den Beizen ein abendfüllendes Programm zu organisieren. «Mit dem Problem von zu wenig Schnitzelbankgruppen sind wir im Ausmass wie dieses Jahr noch nicht konfrontiert worden», sagt Nadia Gysin. «Wir machen uns für die Zukunft der Schnitzelbänke durchaus Sorgen. Es gibt schlicht und einfach kaum neue ‹Bänk›.»
Aufruf ohne Erfolg
Es seien jahrein, jahraus die gleichen Gruppen in der fast immer gleichen Besetzung – mit meist älterem Jahrgang – unterwegs. Sollte diese Generation von «eingefleischten Schnitzelbänklern» sich langsam zurückziehen, könnte es prekär werden. Der Nachwuchs fehlt, und dies nicht erst seit Kurzem. Gründe dafür sieht Nadia Gysin primär in anderen Interessen, aber auch in der fehlenden Kreativität der Jungen.
Um dem drohenden Rückgang bei den Schnitzelbänken frühzeitig entgegenzuwirken, ist die FGS in die Offensive gegangen. Damit die Tradition auch in Zukunft ihren festen Platz im Fasnachtskalender behält, hatte sie einen Aufruf auf diversen Plattformen gestartet, der sich explizit an jüngere Fasnächtler mit einem Flair für literarische Kreativität richtete. Dies jedoch ohne eine einzige Rückmeldung, wie Nadia Gysin enttäuscht sagt.
Seit jeher ist der Schnitzelbankabend eine von Männern dominierte Domäne und mit Frauen chronisch unterbesetzt. So sind am kommenden Fasnachtsmontag in Sissach nur in zwei Gruppen Frauen vertreten. Über die Gründe, wieso so wenig Frauen Schnitzelbänke präsentieren möchten, kann FGS-Vorstandsmitglied Gysin nur rätseln: «Ich weiss es schlicht nicht.»
Noch kein Rückgang in «Gelti»
Noch vor wenigen Jahren war dies in Gelterkinden nicht anders, wie Mischa Meier, Präsident der Gelterkinder Fasnacht (Gefa), auf Anfrage sagt: «Das Bild hat sich bei uns mittlerweile geändert. Es machen dieses Jahr sechs bis sieben Frauen beim Schnitzelbanksingen mit.»
Sorgen um den Fortbestand der Schnitzelbänke gibt es aber auch in Gelterkinden. Meier: «Momentan verzeichnen wir zwar keinen Rückgang bei den Gruppen, die unterwegs sind. So wie es aussieht, werden wir dieses Jahr in etwa die gleiche Anzahl in unseren Beizen begrüssen dürfen wie 2024.» Er sei sich aber durchaus bewusst, dass sich dies in Zukunft aufgrund einer sichtbaren Überalterung bei den Schnitzelbankgruppen ändern könnte. «Wir sind von den Erfahrenen abhängig. Wenn diese einmal aufhören sollten, dann haben wir in Gelterkinden mit Sicherheit auch ein Problem.»
Neu drei Pausen
Die Fasnachtsgesellschaft Sissach hat den Veranstaltern eine einfache Lösung empfohlen, um die «leere Zeit» aufgrund von weniger Schnitzelbankgruppen zu überbrücken. «In den 13 Restaurants, die fast alle ausgebucht sind, gibt es dieses Jahr statt den üblichen zwei nun drei Pausen», sagt Nadia Gysin. «In den Auftrittspausen kann zum Beispiel einfacher serviert werden – oder die Pausen können für einen Toilettenbesuch oder eine Raucherpause genutzt werden. Dies hat zudem den Vorteil, dass so niemand während der Auftritte gestört wird.»
Damit die Gäste sich orientieren können, wird auf den Tischen das Programm mit den Pausen aufgelegt.
Auch wenn in Sissach der Schnitzelbankabend mit weniger Gruppen durchgeführt wird, kann die Tradition in der Oberbaselbieter Fasnachtsmetropole weiterhin am Leben gehalten werden. Die Frage bleibt aber: Wie lange noch?