Belastung sinkt – Sorgen bleiben
18.11.2025 Baselbiet, Bubendorf, Region, BaselbietMassnahmen, die der Bachem auferlegt wurden, zeigen Wirkung
Die Werte der möglicherweise gesundheitsschädlichen Ewigkeitschemikalie TFA sind im Raum Liestal zwar zurückgegangen. Doch Behörden und Landwirtschaft stellen sich auf strengere Grenzwerte und mögliche ...
Massnahmen, die der Bachem auferlegt wurden, zeigen Wirkung
Die Werte der möglicherweise gesundheitsschädlichen Ewigkeitschemikalie TFA sind im Raum Liestal zwar zurückgegangen. Doch Behörden und Landwirtschaft stellen sich auf strengere Grenzwerte und mögliche Folgen für Wasserversorgung und Lebensmittelproduktion ein.
Janis Erne
PFAS stehen für eine Problematik, die unser Leben in vielfältiger Weise betrifft – sei es beim Trinken, Essen, Kochen oder der Nutzung alltäglicher Gegenstände. Die per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen stecken beispielsweise in Regenjacken, Backpapier, Bratpfannen, Kosmetikprodukten und Elektronikgeräten. Da sie kaum abbaubar sind, werden sie auch «Ewigkeitschemikalien» genannt.
Untersuchungen zeigen, dass einige von ihnen in bestimmten Mengen gesundheits- und umweltschädlich sind. Entsprechend verlangen sie den Behörden bereits heute viel Aufmerksamkeit ab – und werden es künftig noch mehr tun. Denn der Begriff PFAS umfasst mehrere Tausend Chemikalien, die in vielen Produkten vorkommen, teils nur schwer ersetzbar sind und sich sowohl in der Umwelt als auch in unserem Körper anreichern.
Eine dieser Chemikalien ist die Trifluoressigsäure (TFA). Sie kommt in Pflanzenschutzmitteln, Kühlmitteln oder Medikamenten vor und wurde inzwischen flächendeckend im Grundwasser nachgewiesen, wie das Bundesamt für Umwelt mitteilte. Dabei stachen das obere und mittlere Baselbiet hervor. Im unteren Ergolztal, also im Raum Liestal, wurden landesweit einzigartig hohe Werte gemessen.
Das Chemieunternehmen Bachem in Bubendorf leitete TFA-Lösungen ins Abwasser und belastete so das Trink- und Grundwasser. Besonders betroffen waren die Gemeinden Augst, Füllinsdorf, Frenkendorf, Giebenach und Pratteln, in geringerem Ausmass auch Arisdorf, Bubendorf, Lausen, Liestal, Lupsingen und Seltisberg. Die TFA-Konzentrationen im unteren Ergolztal überstiegen die Schweizer Durchschnittswerte um das Drei- bis Zwanzigfache (die «Volksstimme» berichtete).
Kanton bleibt wachsam
Inzwischen hat sich die Lage beruhigt. Wie das Baselbieter Amt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (ALV) am vergangenen Freitag mitteilte, sind die TFA-Gehalte «erfreulicherweise zurückgegangen». Das zeigen «aktuelle Messungen» zwischen Bubendorf und Pratteln. Die Massnahmen, die Bachem auf Druck des Kantons umgesetzt hat, wirken also. Die mit TFA belastete wässrige Lösung, die für die hohen Messwerte verantwortlich war, wird nun dem Sonderabfall zugeführt und verbrannt. Im kommenden Jahr will Bachem «weitere Massnahmen umsetzen und die betrieblichen Abläufe optimieren, sodass es zu einer weiteren Abnahme von TFA im Abwasser kommen sollte», heisst es im Bericht des ALV.
Trotz der jüngsten Verbesserungen will der Kanton wachsam bleiben und seine Messtätigkeit ausbauen. So ist geplant, im nächsten Jahr nicht nur das Grundwasser und die Bäche zwischen Bubendorf und Pratteln intensiver zu untersuchen, sondern auch das Trinkwasser aller Wasserversorgungen im Baselbiet. So soll ein «aktueller Überblick» über die PFAS- und TFA-Belastung entstehen und den Wasserversorgern die Möglichkeit gegeben werden, «gegebenenfalls» Massnahmen zu ergreifen, bevor gesetzliche Höchstwerte festgelegt werden.
Auch die Landwirtschaft im Baselbiet verschafft sich derzeit einen Überblick. Sie lässt die von ihr produzierte Milch durch den Kanton untersuchen. Ziel ist es, «das Ausmass der PFAS-Belastung zu erfassen, bevor Grenzwerte für Milch festgelegt werden», wie es im Newsletter des Bauernverbands beider Basel heisst. Die Tests laufen anonymisiert. Im Kanton Zürich sind entsprechende Untersuchungen bereits fortgeschritten. Für Schlagzeilen sorgte zuletzt ein Fall aus dem Kanton St. Gallen, in dem stark mit PFAS belastetes Fleisch entdeckt wurde.
Fachpersonen warnen, Landwirtinnen und Landwirte könnten erhebliche Schwierigkeiten bekommen, ihre Produkte zu produzieren und zu verkaufen, wenn erst einmal PFAS-Höchstwerte gelten. Denn viel Kultur- und Weideland in der Schweiz ist vermutlich stark belastet, sei es durch das Grundwasser, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln oder den früher als Düngemittel ausgebrachten Klärschlamm. All dies sind potenzielle PFAS-Quellen.
Bundesrat prüft weitere Verbote
Die laufenden Untersuchungen stehen im Zusammenhang mit den politischen Entwicklungen. Der Bundesrat erarbeitet derzeit Vorschläge, wie mit der PFAS-Problematik umgegangen werden soll. Auch unter dem Druck der EU prüft er, ob Verbote bestimmter «Ewigkeitschemikalien» und Grenzwerte für Lebensmittel ausgeweitet werden sollen. Eine PFAS-Abgabe für Unternehmen, die solche Stoffe nutzen, lehnt der Bundesrat jedoch ab. Die von der Baselbieter Ständerätin Maya Graf (Grüne) geforderte Abgabe wird nun in der zuständigen Parlamentskommission beraten.
Auch der Landrat in Liestal befasst sich mit PFAS. Politikerinnen und Politiker der Grünen haben mehrfach auf die Problematik hingewiesen und den Regierungsrat zu seinem Vorgehen befragt. Doch auch der SVP-Landrat Peter Riebli erkundigte sich nach dem Umgang mit PFAS-Chemikalien. Denn diese werden nicht nur in der Industrie und der Landwirtschaft eingesetzt, sondern beispielsweise auch bei der Energiegewinnung, konkret bei der Beschichtung von Solarzellen. Das Problem ist also vielfältig und wird alle noch eine Weile beschäftigen.

