Aussprache soll Ruhe in die Partei bringen
30.04.2024 Baselbiet, Parteien, Wahlen, Abstimmungen, Gemeinden, Politik, GesellschaftZerstrittene SVP steht vor Herausforderungen, doch Mitglieder zeigen sich optimistisch
Mit Peter Riebli übernimmt einer die Baselbieter SVP-Parteileitung, der als «Hardliner» gilt. Nach den Vorwürfen an den Buckter aus den eigenen Reihen und dessen Absetzung als ...
Zerstrittene SVP steht vor Herausforderungen, doch Mitglieder zeigen sich optimistisch
Mit Peter Riebli übernimmt einer die Baselbieter SVP-Parteileitung, der als «Hardliner» gilt. Nach den Vorwürfen an den Buckter aus den eigenen Reihen und dessen Absetzung als Fraktionschef, scheint die Partei nun gespalten zu sein. Wie kann die SVP in diesem Zustand weiterfahren?
Luana Güntert
Nachdem die SVP-Landratsmitglieder vor etwas mehr als zwei Wochen ihren Fraktionschef Peter Riebli abgesetzt hatten, wurde dieser am Donnerstagabend von der Parteibasis an die Spitze der Baselbieter SVP gewählt (siehe Artikel unten). Auf die Frage, ob in ihm als neuem Parteipräsidenten nun Rachegefühle hochkommen, nachdem ihm kürzlich so viel Misstrauen entgegengebracht wurde, hat der Buckter eine klare Antwort: «Nein!» Er sei kein nachtragender Mensch und wolle die Zusammenarbeit «zurück auf Start» setzen. Zudem wolle er allen Mitgliedern die Chance geben, ihre Stärken einzubringen.
Das deutliche Abstimmungsresultat «von der Basis» habe Riebli, der am rechten Rand der SVP politisiert, die Bestätigung gegeben, welche Art von Politik sich die Mitglieder wünschen. Dennoch sei der parteiinterne Konflikt mit der Wahl nicht «gegessen». «Wir haben nochmals eine Aussprachesitzung geplant, um zu besprechen, wie wir in Zukunft konfliktfrei zusammenarbeiten können», so Riebli. Schon jetzt sei er der Meinung, dass die ganze Fraktion hinter den SVP-Grundwerten stehe und man als erwachsene Personen eigentlich einen professionellen Rahmen finden müsste, um trotz zwischenmenschlicher Differenzen anständig miteinander umzugehen. Des Weiteren erwarte er von seinen Mitgliedern Loyalität, sodass bei zukünftigen internen Problemen nichts mehr davon an die Öffentlichkeit durchsickert. «Wer das nicht kann, ist falsch in der SVP.»
Neue, breite Parteileitung
Neben Riebli als Präsident wurde am Donnerstag auch die erweiterte Parteileitung gewählt, die von Riebli vorgeschlagen wurde. Darunter sind bekannte und weniger bekannte Namen zu finden: Dominique Erhart, Thomas Kürsteiner, Caroline Mall, Daria Rieder, Matthias Ritter, Andreas Spindler, Heiko Steiner, Andi Trüssel, Thomas Weber und Raphael Wiesner. Erstaunlich auf dieser Liste ist vor allem der Name Dominique Erhart, da der Oberwiler einer der Landräte war, der für die Absetzung Rieblis als Fraktionschef gestimmt hatte. «In meinen Augen ist Dominique integer und loyal», sagt Riebli. Er habe jene Personen für die Leitung vorgeschlagen, die am besten für die Partei seien. «Ich habe bewusst eine breite Ausrichtung gewünscht. Auch wollte ich Männer und Frauen, Ältere und Jüngere sowie Vertretungen aus allen Kantonsteilen», sagt Riebli. Diese heterogene neue Leitung sei auch ein Zeichen von ihm, «dass ich alle mitnehmen will».
Eine, die sich vor der Generalversammlung (GV) gegen Riebli als Fraktionschef gestellt hat, war die Sissacher Landrätin Nicole Roth. Gemeinsam mit anderen Landräten warf sie Riebli vor, Parteikollegen unter Druck gesetzt und beleidigt zu haben sowie in der Fraktion autokratisch gehandelt zu haben. Trotz der Anschuldigungen akzeptiert sie das Resultat, da es ein demokratischer Entscheid von der Basis gewesen sei. «Wir werden uns jetzt wieder aufs Kerngeschäft konzentrieren, da für uns von Anfang an klar war, dass es nach den Wahlen nur noch nach vorne geht», sagt die Sissacherin.
Ihre Meinung zu den Vorwürfen, die Riebli im «Regionaljournal» als falsche Gerüchte dargestellt hat, wird Roth jedoch nicht ändern: «Das sind Fakten, die seit einem Vierteljahr der Fraktionsleitung aufgezeigt wurden.» Somit war schon vor der Generalversammlung klar, auf welcher Seite sie und diverse andere Landräte, die sich an der Absetzung Rieblis beteiligt haben, sich befinden. Trotzdem hat sich am Donnerstagabend fast niemand für Rieblis Gegenkandidaten Johannes Sutter am Rednerpult eingesetzt, auch Roth nicht. Warum? «Das ist eine gute Frage. Uns wurde kommuniziert, dass die Redner für Johannes Sutter organisiert seien. Somit gingen wir fälschlicherweise davon aus, es wären genug. Zudem war ich während der Veranstaltung für die Eingangskontrollen zuständig.»
Kritisch gegenüber der Wahl von Riebli zeigt sich dafür Stefan Meyer, SVP-Landrat aus Münchenstein, in seinem Leserbrief (siehe Seite 10). Er sagt, dass mit Rieblis Wahl der «braune Rand» des politischen Spektrums bedient und es somit für die SVP schwierig werde, mit anderen bürgerlichen Parteien zusammenzuarbeiten.
Es gibt keine «krassen Flügel»
Das alte Amt von Riebli – die Leitung der Fraktion – hat Reto Tschudin übernommen. Er sieht an der neuen Konstellation kein Problem und ist überzeugt, dass die Partei ihre Probleme in Zukunft überwinden kann. Sollte es irgendwann bei der Frage nach der politischen Ausrichtung der Kantonalpartei hart auf hart kommen, sei ihm wichtig, dass die Bereiche Fraktion und Parteileitung klar getrennt werden. Dies sei nicht immer der Fall gewesen. Er sei aber auch der Meinung, dass es diese «krassen Flügel», von denen immer gesprochen werde, in der Baselbieter SVP nicht gebe. «Die Unterschiede liegen eher in der Art der Kommunikation», so Tschudin.
Der nach der Absetzung der bisherigen Fraktionsleitung als zweiter Vizepräsident gewählte Markus Graf (Maisprach) hat seine Arbeit in der neuen Funktion bereits aufgenommen, wie er auf Anfrage sagt. Für ihn stehe bei der politischen Arbeit das Geschehen im Kanton im Vordergrund, die Dinge, die seine Wählerinnen und Wähler beschäftigen «und nicht das, was sich auf der nationalen Bühne abspielt». Mindestens bis Ende der Sommerferien wird Graf die Führungsaufgabe in der Landratsfraktion wahrnehmen. Dann sei vorgesehen, die Fraktionsleitung neu zu bestellen. «Alle Mitglieder der Fraktion können sich darum bewerben», sagt Graf. Ob er sich zur Wahl stellen wird, lässt er offen.
Nach den internen Reibereien und der Wahl des Hardliners Riebli stellt sich die Frage, ob sich ein Teil der Baselbieter SVP nun abspalten wird. «Die SVP ist eine wichtige Kraft im Kanton und das muss auch so bleiben», sagt Nicole Roth. Dies klappe nur unter zwei Bedingungen: Jene, die am Donnerstagabend verloren haben, dürften nun nicht beleidigt sein und eigene Wege gehen. Die andere Seite dürfe nun aber auch nicht jene abstrafen, die eine andere Haltung haben: «Wir müssen uns nun die Hände reichen.»
Auch die Oberbaselbieter SVP-Landräte Matthias Liechti (Rümlingen), Markus Meier (Ormalingen) und Matthias Ritter (Diegten), der neu auch in der Parteileitung sitzt, vermuten, dass es nicht zu einer Parteispaltung kommen wird. Liechti sieht auch in der Sissacher SVP-Sektion, der auch Roth und Riebli angehören, keine Probleme: «Riebli ist kürzlich als Präsident von der SVP Sissach zurückgetreten – jedoch unabhängig von den Streitereien. Ich denke nicht, dass sein neues Amt als Kantonalpräsident nun Auswirkungen auf die Ortssektion haben wird.»
Markus Meier hält es für wichtig, dass nun beide Seiten aufeinander zugehen, damit die SVP mit geeinten Kräften politisieren kann. Er halte es für «erwünscht», dass die Mitglieder verschiedene Meinungen hätten. Dennoch müsse man sich nun an das Gemeinsame erinnern und «den Graben überwinden». Auch Matthias Ritter sagt, dass nun alle an einem Strick ziehen müssten, da sonst keine Ruhe einkehren könne.