Verse, Helgen und ein Abschied
02.03.2023 Bezirk Sissach, Fasnacht, SissachSchnitzelbänke – Dr Farblosi hört nach 33 Jahren auf
Der Schnitzelbank-Abend am Montag füllte die Sissacher Beizen. In der «Sonne» wurden die Waldenburgerbahn, das Esaf-Minus und die Zunzger auf die Schippe genommen. Zudem wurde der Abschied eines Urgesteins ...
Schnitzelbänke – Dr Farblosi hört nach 33 Jahren auf
Der Schnitzelbank-Abend am Montag füllte die Sissacher Beizen. In der «Sonne» wurden die Waldenburgerbahn, das Esaf-Minus und die Zunzger auf die Schippe genommen. Zudem wurde der Abschied eines Urgesteins verkündet.
Abstinenzler
Eingeläutet wurde der Schnitzelbank-Abend im Restaurant Sonne mit einer speziellen Darbietung: Um 19 Uhr traf nicht etwa der erste Schnitzelbank ein, sondern die Gugge der Fasnachtsgesellschaft Sissach. Sie gab den fast 100 Gästen ein ohrenbetäubendes Kurzkonzert. Auf jeden Fall war nun jede und jeder wach und die Vorfreude auf die Verse und Helgen geweckt.
Die 12 Schnitzelbänke, die am Montag durch weitere 12 Sissacher Beizen und Lokalitäten tourten, boten so einiges. Lokales wie der Sissacher Einbahnverkehr, die pannenanfällige Waldenburgerbahn (WB), das Esaf mit seinem Defizit oder Nicht-Regierungsrätin Sandra Sollberger wurde ebenso auf die Schippe genommen wie Nationales oder Internationales: der FCB, Roger Federer oder Gianni Infantino mit seiner Wüsten-WM gaben genügend Stoff her für sportliche Bänke; die Bundesratswahlen, Putin oder die aktivistischen Klimakleber solchen für politische Bänke.
Natürlich fehlten in Sissach auch die traditionellen Neckereien nicht: Die «Schwoben» wurden ebenso in die Tonne geworfen wie die Zürcher und die Zunzger. Ein Beispiel, dr Farblosi: Als Indianer, als Chines au als Eskimo
Mit Rastalocke oder schwarz darfsch nümm an d’Fasnecht go
Sig kulturelli Aeignig me übertriebts so meini
Sicherscht isch du gosch als Zunzger – Kultur hei die jo keini
Dr Farblosi – seit 1990 Stammgast am Schnitzelbank-Abend – brachte die Zuschauer mit seinen Wendungen und Pointen das eine oder andere Mal zum Grölen. Dieses verging ihnen zum Schluss seines Auftritts allerdings kurzzeitig. Ein Raunen ging durch den Saal, als dr Farblosi sein Ende bekannt gab: Nach 33 Johr gönge d’Idee langsam uss Drum dänki s’isch richtig i mach do inne Schluss Liebi Lüt das wärs gsi
härzligge Dank fürs do si Über all die ville Johr uf Ewig dr Farblosi
Das Ende eines Urgesteins? Es scheint wohl so … Doch springen die Jungen in die Breschen: Die Abgsaite, seit 2020 im breiten «Baseldytsch» unterwegs, warteten mit viel Kreativität auf. Peter Maffays «Über sieben Brücken musst Du geh’n» wandelten sie in eine Hommage an die Tennislegende Roger Federer um. Hier die letzte Strophe des rund dreiminütigen Stücks: Syt Joore hoggsch du uffem Tennisthron 20 Grand Slam Titel sind dr Lohn Alles perfekt bis uff die scheiss Idee Wieso e Hüsli baue am Zürisee
Die Lacher waren ihnen sicher. Die Abgsaite überzeugten das Publikum sogar ohne Pointe – mit einem Anti-Gianni-Infantino-Vers: Today I feel Corruption today I feel the Geld Today schwätz y viel Dünnschiss today do schmier y d’Wält
Today möchte mir euch sage und explizit erwähne
Today kriegt da Halbschueh sicher kai Pointe
Der Walliser (und bald Katarer?) Infantino war ein beliebtes Opfer. Leider kreuzte der Fifa-Chef nicht persönlich in der «Sonne» auf. Dafür stand WB-Vizedirektor Fredi Schödler mit Gattin seinen Mann. Einer der vielen Verse, welche die Pannen der WB zum Thema machten, von den Bänklischliffer:
Ä Grossboustell im Baselbiet es ganzes Tal ufgrissä Mit Stüürgäld hei sie für da Bou so richtig um sich gschmissä D’Spuur isch ä chli breiter süsch isch alles no bim Altä Wäg Unterbrüch und Pannä stosch au jetzt no duss im Chaltä
Auch Noch-Regierungsrat Thomas Weber bekam sein Fett weg – von Kaffi-Chrütter:
Vor Churzem bsuecht dr Wäber Thomi dr Magnus uf em Land
Dr Muni kennt en scho vo Witem was het er in dä Hand
S’isch öpis rots dr Magnus rennt er schnaubt und foht a strahle
Stopp!!! rüeft dr Thomi s’isch keis Tuech das si die rote Zahle
Nicht für rote Zahlen, sondern bei Nicht-Heimatschützern für rote Köpfe haben der gestoppte Abriss der Tschudy-Villa in Sissach und der gerichtlich verbotene Abriss des Cheddite-Gebäudes in Liestal gesorgt. Die Tunnelbouer nahmen es zum Anlass für einen Vers:
I ha by mir dehäi es alts morsches Gartehüsli, es verfalles, äis ohni Dach, ohni Liecht, ohni Wasser, ohni Schyssy, äifach ohni alles. Mi Nochbuur schreit: «Ruum ändlich das Ghütt, s macht mi hässig, gopfridstutz.» «… halt Klappe, du Duubel, das stoot dänk unter Dänkmolschutz.»
Auch die Gastgeber vom Restaurant Sonne blieben nicht verschont. Die Tunnelbouer in einem «Rundumschlag» über die Sissacher Beizen: «Do wer no d Sunne, die si froh wenn öpper chunnt
Do tönts immer glych:«Guten Tag, kommen Sie etwas später, Madame Linsasalata ist noch in der Zimmerstund.»
Das war am Montag zweifellos nicht so: Mit grossem Einsatz und vorzüglichem Essen versorgte das «Sonnen»-Team die Gäste, sodass alle gegen Mitternacht zufrieden nach Hause gehen konnten.
Videos von den Schnitzelbänken finden Sie auf unserem Youtube-Kanal: «Redaktion Volksstimme».