Wer ist der beste Koch der Welt?
30.09.2022 Bezirk Sissach, Gastronomie, Sissach«Krone»-Wirt Rino Zumbrunn trainiert für die Berufs-WM
Der Sissacher Jungkoch Rino Zumbrunn bereitet sich auf die in drei Wochen stattfindenden Berufsweltmeisterschaften in Luzern vor. Dort möchte er seinen Bruder Heiko übertreffen. Dieser hatte 2017 WM-Silber ...
«Krone»-Wirt Rino Zumbrunn trainiert für die Berufs-WM
Der Sissacher Jungkoch Rino Zumbrunn bereitet sich auf die in drei Wochen stattfindenden Berufsweltmeisterschaften in Luzern vor. Dort möchte er seinen Bruder Heiko übertreffen. Dieser hatte 2017 WM-Silber gewonnen.
Christian Horisberger
Rino Zumbrunn übergiesst Hühnerschenkel mit einem Fond, flicht Miniaturzöpfe aus Semmelteig mit Basilikum und Parmesan und drapiert sie auf ein Backblech, während in einer Schüssel mit einer Marinade getrocknetes Soja-Geschnetzeltes quillt, um später weiterverarbeitet zu werden.
Der Sissacher Jungkoch ist in seinem Element. Nur kreiert er an diesem Morgen die Menüs nicht in der Küche seines Restaurants Krone. Stattdessen schnippelt, hackt und rührt er in der Küche des Ausbildungszentrums von Gastro Baselland in Liestal, und dabei wird ihm permanent auf die Finger geschaut. Zusammen mit seinem persönlichen Coach Daniel Inauen bereitet sich Rino Zumbrunn für die Berufsweltmeisterschaften vor, die vom 23. bis 26. Oktober in Luzern stattfinden werden.
Vor zwei Wochen hat der 23-jährige Gewinner der Berufs-Schweizermeisterschaft von 2020 die umfangreichen Unterlagen für die WM erhalten: Warenkörbe für Vorspeisen, Hauptgänge und Pâtisserie, Vorgaben, was zu kochen ist, Bewertungskriterien sowie Zeitvorgaben für den in drei Module aufgeteilten Wettbewerb. Die Aufgabenstellung für die zu kreierenden und zuzubereitenden Gerichte ist offen formuliert und lässt der Fantasie und dem Können der Köchinnen und Köche viel Freiraum. So wird von den 37 WM-Teilnehmenden beispielsweise zwar «Rösti mit Wachtelei» gefordert. Es bleibt ihnen aber überlassen, ob sie nur eine klassische Rösti mit Spiegelei auf den Teller bringen oder eine Interpretation davon, mit der sie ihre Kreativität und Technik unter Beweis stellen. Zumbrunns «Röstiteller» enthält drei Kartoffel- oder Kartoffel-Ei-Kreationen und eine Sauce. Die Details müssen geheim bleiben, denn die Konkurrenz könnte davon Wind bekommen, sagt Coach Inauen.
Cake backen ohne Ofen
Als weitere Aufgaben warten auf den Jungkoch beispielsweise ein Cake, der nicht im Ofen gebacken werden darf, oder ein vegetarisches Gericht auf der Basis von Linsen, Kichererbsen oder getrocknetem Soja-Geschnetzelten. Mit Soja sei er bislang nur in der Militärküche in Berührung gekommen, sagt Zumbrunn, «dort wurde es zu Tode gekocht». Zu seiner Vorbereitung gehört nun auch, sich mit der Zutat, ihren Eigenschaften und ihrem Kochverhalten auseinanderzusetzen, bevor er damit sein Gericht komponiert.
Der Kochwettbewerb wird sich über vier Tage hinziehen. Die Anforderungen an die Teilnehmer sind extrem hoch. Alle müssen unter Beweis stellen, dass sie nicht nur verführerische Gerichte auf den Teller bringen können, sondern auch in Organisation, Planung, Zeitmanagement, Wirtschaftlichkeit, Warenkunde, Hygiene oder in den verschiedenen Zubereitungsarten sattelfest sind. Grossen Stellenwert haben zudem die Flexibilität und Stressresistenz der Teilnehmenden. So werden 30 Prozent des Warenkorbs kurz vor dem Wettkampf ausgetauscht. Dann heisst es, die Nerven nicht zu verlieren und auf die veränderte Situation zu reagieren.
Noch aber befindet sich Zumbrunn in der Entwicklungsphase. Hat er sich auf alle Gerichte festgelegt, die er an der WM zubereiten will, wird er unter den Augen seines Coaches mehrere Probeläufe machen. Viereinhalb Stunden wird er fürs Zubereiten seiner Vorspeisen und Hauptgänge am Wettkampf Zeit haben. Überzieht er bei den Trainings, wird er die Gerichte vereinfachen, bleibt Zeit übrig, kann er sie noch etwas aufwendiger ausgestalten.
WM-Chefexperte als Trainer
Coach Inauen gibt seinem Schützling nicht vor, was er an der WM zu kochen hat. Stattdessen mahnt er ihn beispielsweise an mögliche Konsequenzen, die sich aus einem Entscheid ergeben, oder worin er sich verbessern kann. Insbesondere sagt der Coach, worauf Zumbrunn achten muss, damit die 30 internationalen Juroren auf ihrem Bewertungsbogen möglichst wenige Abzüge notieren. Keiner weiss besser als Inauen, worauf die Juroren achten: Der Appenzeller wirkt seit 2010 als Kochexperte bei den World Skills mit, für die diesjährige WM wurde er gar zum Chefexperten ernannt. Ansonsten ist der Appenzeller Geschäftsführer des Ausbildungszentrums Hotel & Gastro formation SG AR AI FL in St. Gallen.
Der fertige Teller – Präsentation und Geschmack – macht am Wettkampf lediglich ein Fünftel der Gesamtbewertung aus. Der Laie staunt, der Chefexperte klärt auf: Die Beurteilung von Optik und Geschmack sei subjektiv. Das umfangreiche und komplexe Bewertungssystem aber solle möglichst wenig Willkür zulassen und den komplettesten Koch unter allen Teilnehmenden hervorbringen. 100 Punkte sind zu vergeben, das Podest sei aufgrund der Ergebnisse zurückliegender Wettkämpfe mit 87 Punkten zu erreichen, sagt Inauen.
Mit dem Bruder gleichziehen
Der Aufwand, den Rino Zumbrunn für die Vorbereitung auf die Weltmeisterschaften betreibt, ist erheblich, wenn man bedenkt, dass er daneben ein Restaurant zu führen hat. Auf die Frage, weshalb er sich nicht voll auf die «Krone», sondern auf einen Wettbewerb konzentriert, antwortet er mit einem Zitat, das er von seinem Vater oft gehört habe: «Der Weg ist das Ziel.» Ihm gehe es bei der Teilnahme nicht primär um Edelmetall oder einen PR-Effekt für sein Restaurant, sondern um seine fachliche Weiterentwicklung.
Freilich tritt er an der WM nicht ohne Ambitionen an: Rino Zumbrunns Bruder Heiko hatte 2017 in Abu Dhabi bei den Carossiers Silber gewonnen. «Ich will mindestens so gut abschneiden wie Heiko», sagt der jüngere der Brüder mit einem spitzbübischen Lächeln. Und dann etwas ernsthafter: Durch das Führen eines eigenen Betriebs habe er sich in Bezug auf Flexibilität, Organisation und strukturiertes Arbeiten eine gute Basis geschaffen, was ihm im Wettkampf zugute kommen dürfte. Ausserdem habe er von Natur aus eine hohe Stressresistenz.
Gegen wen er in gut drei Wochen antreten wird, weiss der Sissacher nicht. Er habe nicht recherchiert, um herauszufinden, in welchen Lokalen die Konkurrentinnen und Konkurrenten bereits gearbeitet haben. Wozu auch: «Wichtig ist nicht, wo jemand gekocht hat, sondern wie gut er sein Handwerk beherrscht.»
13 Titel werden in der Schweiz vergeben
vs. Die Berufsweltmeisterschaften oder World Skills hätten ursprünglich 2021 in Shanghai stattfinden sollen. Wegen Corona wurde der Wettkampf in China abgesagt und findet stattdessen in diesem Herbst dezentral in 15 Nationen statt. Die Schweiz richtet mit 13 der insgesamt 60 Disziplinen das grösste Kontingent der Wettkämpfe aus. Austragungsorte sind Aarau (Drucktechnologe, Polygraf), Basel (Möbelschreiner, Bauschreiner und Zimmermann; vom 10. bis 14. Oktober im Rahmen der Fachmesse Holz in der Messe Basel), Bern (Formenbauer und Elektroniker), Genf (Goldschmied), Luzern (Bäckerei, Konditorei-Confiserie, Koch und Restaurant-Service) und Montreux (Hotel-Rezeption). Für die Schweiz sind 37 junge Berufsleute am Start.