Ab Sonnenkreuzung ostwärts
18.08.2022 Bezirk Sissach, Verkehr, Politik, SissachChristian Horisberger
Kurz vor den Sommerferien hat der Sissacher Gemeinderat an der Gemeindeversammlung angekündigt, nach weiteren Abklärungen einen Einbahn-Versuch in der Begegnungszone durchführen zu wollen. In gut zwei Wochen soll der Test nun starten: Vom 5. ...
Christian Horisberger
Kurz vor den Sommerferien hat der Sissacher Gemeinderat an der Gemeindeversammlung angekündigt, nach weiteren Abklärungen einen Einbahn-Versuch in der Begegnungszone durchführen zu wollen. In gut zwei Wochen soll der Test nun starten: Vom 5. September bis 4. November darf zwischen der Sonnenkreuzung und Coop nur noch in eine Richtung gefahren werden: ostwärts.
So hatte es der Gemeinderat in seinem Antrag an die Gemeindeversammlung vom Juni bereits vorgesehen, diesen aber von der Traktandenliste gestrichen, um ein Abstimmungschaos in Verbindung mit dem Antrag auf einen autofreien Samstag in der Begegnungszone zu vermeiden. Stattdessen werde er den Versuch überdenken und in eigener Kompetenz anordnen, so der Gemeinderat damals.
Die vom Gemeinderat gewählte Fahrtrichtung von der Sonnenkreuzung her war im Vorfeld der «Gmäini» umstritten: Damit werde unnötig Parkplatz-Suchverkehr verursacht, wurde kritisiert. Dennoch hält der Gemeinderat nun daran fest. Er sehe in dieser Verkehrsführung mehrere Vorteile gegenüber einem Betrieb in der Gegenrichtung, schreibt er in einer Mitteilung zum Einbahn-Versuch: 60 bis 70 Prozent des Zielverkehrs fahre von Westen her in die Begegnungszone. Dieser werde durch den Einbahnverkehr nicht behindert, wogegen der Durchgangsverkehr von Osten her eliminiert werde.
Der wegfallende Ausgangsverkehr werde die Sonnenkreuzung zusätzlich zur kürzlich umgesetzten Fahrbahnverbreiterung «merklich entlasten». Zudem müsse die heutige Parkordnung bei dieser Verkehrsführung nicht angepasst werden. Gemeint sind die schräg angeordneten Parkfelder bei der Papeterie Pfaff und beim «Cheesmeyer». Bei einem Einbahnverkehr in die entgegengesetzte Richtung wäre überdies eine Mehrbelastung der Postund der Rössligasse zu befürchten gewesen, hält der Gemeinderat zudem fest. Auch würde die Bahnhofstrasse zusätzlich belastet – mit negativen Auswirkungen auf den öffentlichen Verkehr.
Blick aufs Ganze fehlt
Ziel des Einbahnbetriebs sei eine Verkehrsberuhigung in der Begegnungszone. Insbesondere durch die Reduktion des Durchgangsverkehrs solle mehr Raum für den Fuss- und Langsamverkehr geschaffen werden, heisst es in der Mitteilung weiter. In diesem Punkt steht Oliver Biedert von der «Begegnungs AG», die sich seit Längerem für mehr Aufenthaltsqualität in der Begegnungszone stark macht, voll und ganz hinter dem Gemeinderat. Den 60-tägigen Einbahn-Versuch begrüsst der Verkehrsplaner denn auch. Was er am Vorgehen aber vermisse, sei der Blick aufs Ganze. Durch den Antrag von Urs Chrétien auf einen autofreien Samstag zwischen Sonnenkreuzung und Coop sei der Fokus nun nur auf diesen Abschnitt gerichtet. Biedert wünschte sich eine gesamthafte Betrachtung der Zentrumsachse von der Sonnenkreuzung bis hoch zum Polizeiposten. Auch müsse der Fächer weiter geöffnet werden, mit der Zielsetzung, möglichst viele Autos ohne unnötige Fahrten durchs Zentrum in Parkhäuser zu bringen. Dies losgelöst vom geplanten Parkleitsystem.
Auch wünschte sich der Verkehrsplaner nicht nur einen Test, sondern mehrere verschiedene, um deren Effekte miteinander vergleichen zu können. Bliebe es bei einem Versuch, könne man die Wirkung lediglich mit dem Ist-Zustand vergleichen, doch liesse sich nicht eruieren, ob es sich um die optimale Variante handelt. Ziel müsse sein, das gesamte Potenzial auszuschöpfen.
Zumindest einen zweiten Versuch – in die entgegengesetzte Fahrtrichtung – würde auch Andreas Müller, Geschäftsführer von Muff Haushalt, begrüssen. «Ich wünsche mir die beste Lösung», sagt er. Beide Varianten hätten ihre Vor- und Nachteile. Probiere man beide aus, könne man die Ergebnisse miteinander vergleichen. Müller hatte sich im Vorfeld der Gemeindeversammlung für einen Einbahn-Versuch und gegen ein Samstagsfahrverbot eingesetzt.
Nicht nur Kunden befragen
Der Gemeinderat schliesst einen weiteren Versuch nicht aus. «Sollte sich in der Auswertung zeigen, dass die gewünschte und erwartete Wirkung nicht eingetreten ist, wird der Gemeinderat einen zweiten Versuchsbetrieb in der entgegengesetzten Richtung prüfen und gegebenenfalls in die Wege leiten», heisst es in der Mitteilung. Als Basis für die Auswertung solle eine Verkehrszählung und eine Kundenumfrage des Gewerbes dienen.
Das ist für Biedert von der «Begegnungs AG» nicht genug: Seines Erachtens sollte auch die breite Bevölkerung in die Ergebnisanalyse einbezogen werden. Auch bei der Variantenwahl für den Versuch hätte es Biedert gerne gesehen, wenn diese statt nur in einer kleinen Gruppe in einem grösseren Kreis besprochen worden wäre. Laut Gemeinderat ist der Testbetrieb von der Gemeinde in Zusammenarbeit mit dem Kanton ausgearbeitet worden.