Gefüllter Rucksack als Angebot an die Wähler
13.05.2022 Baselbiet, Parteien, Wahlen, Bubendorf, PolitikThomas Noack möchte Gemeinden und Kanton näher zusammenbringen
Der Bubendörfer Thomas Noack will für die SP in die Baselbieter Regierung. Das dafür nötige Rüstzeug hat der Stadtbaumeister von «Liestal», Landrat und frühere Gemeinderat zweifellos. Doch wie tickt der Mann, der ...
Thomas Noack möchte Gemeinden und Kanton näher zusammenbringen
Der Bubendörfer Thomas Noack will für die SP in die Baselbieter Regierung. Das dafür nötige Rüstzeug hat der Stadtbaumeister von «Liestal», Landrat und frühere Gemeinderat zweifellos. Doch wie tickt der Mann, der lieber rational argumentiert als laut poltert? Ein Porträt.
Tobias Gfeller
Auf einmal ging alles sehr schnell. Alle als verheissungsvoll geltenden potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten sagten ab. Übrig blieb Thomas Noack, der schon früh medienwirksam auf dem Gempen mit Blick aufs Unterbaselbiet in Richtung Basel seine Kandidatur bekannt gegeben hatte. Am Ende stand der Bubendörfer bei der SP alleine da. Nun greift der 60-Jährige nach einem Sitz in der Baselbieter Exekutive. Nicht alle in der SP freuten sich von Beginn weg über Noacks Kandidatur. Zu wenig links und zu alt, hiess es von Parteilinken, unter anderem von der Juso. Als klar wurde, dass Noack neben der amtierenden Kathrin Schweizer die zweite SP-Kandidatur sein würde, schlossen sich die Reihen in der SP – wenigstens gegen aussen.
Noack heftet das Attribut «pragmatisch» an. «Ich vertrete klassische Ansichten der Sozialdemokratie. Das Wohlergehen aller Menschen ist mir wichtig», sagt er über sich. Die Beschreibung «pragmatisch» komme daher, dass er bereit sei, auch mit Andersdenkenden um Inhalte zu feilschen, um an Ende mehrheitsfähige Lösungen zu erreichen. Er passe sich deshalb aber keineswegs den politischen Gegnerinnen und Gegnern an.
Liestaler «Stadtbaumeister»
Dass Politik nur funktionieren kann, wenn man miteinander spricht, weiss Noack spätestens seit seiner Tätigkeit als Gemeinderat von Bubendorf, wo er dem Ressort Finanzen, Wirtschaft, Tourismus und Bevölkerungsschutz vorstand. Das Ressort habe er bewusst gewählt, obschon es eigentlich nicht zu seinem beruflichen Hintergrund als Geophysiker, der zuvor unter anderem auch in der Erdbebenforschung arbeitete, passte. Mittlerweile hat Noack beruflich andere Wege eingeschlagen und leitet als Raumplaner seit einigen Jahren den Bereich Hochbau und Planung der Stadt Liestal, weshalb er als «Stadtbaumeister» bezeichnet wird. Zuvor arbeitete er unter anderem beim Amt für Raumplanung des Kantons Baselland. Raumplanung sei immer eine Interessensabwägung, die vom Blick in die Zukunft abhänge. Noack ist vom Gestalten für die Zukunft fasziniert.
Das Zusammenwirken von wissenschaftlichen Erkenntnissen und gesellschaftlichem Handeln hat den Naturwissenschaftler früh gepackt und in die Politik geführt. Seit 2018 sitzt der Bubendörfer im Baselbieter Landrat. Somit kennt er sämtliche drei Körperschaften, die in der Politik zusammenwirken: Die Exekutive vom Gemeinderatsmandat in Bubendorf, die Legislative von seiner Landratstätigkeit und die Verwaltung durch Führungspositionen beim Kanton und der Stadt Liestal. Den damit prall gefüllten Rucksack sieht Noack als sein Angebot an die Wählerinnen und Wähler.
Naheliegend wäre aufgrund seines beruflichen Hintergrunds die Bau- und Umweltschutzdirektion. Doch Thomas Noack erläutert, dass er als Gemeinderat bewusst die Finanzen gewählt hat. In seiner Amtszeit habe die Gemeinde Bubendorf jeweils schwarze Zahlen geschrieben. Er spart demnach auch nicht mit Kritik am amtierenden Finanzdirektor Anton Lauber (Die Mitte). Dessen Streben nach tieferen Vermögenssteuern lehnt der SP-Kandidat dezidiert ab. «Gemäss Studien spielen Steuern bei der Attraktivität eines Wohnorts nur eine untergeordnete Rolle», sagt Noack.
Dank des Sparprogramms, dem Noack im vollzogenen Ausmass kritisch gegenüberstand, sei jetzt aber Spielraum im Baselbieter Finanzhaushalt vorhanden. Er will diesen gezielt für Verbesserungen, «die allen Menschen im Kanton zugutekommen», nutzen und nicht die Steuern für wenige senken. Der «bestehende Investitionsstau in wichtige Infrastrukturbauten» sei nicht zuletzt auch dem Abbau von Personal in der Verwaltung geschuldet. Der finanzielle Spielraum solle insbesondere genutzt werden, um zum Beispiel die familienergänzenden Strukturen «anders zu finanzieren», was nichts anderes heisst, als dass Kindertagesstätten gebührenfrei werden sollen, wie dies die SP in einer Initiative fordert.
«Jammern» im Oberbaselbiet
Organisatorisch will Noack die Zusammenarbeit zwischen Kanton und Gemeinden verbessern. Der Mangel diesbezüglich sei gross. Auch die Gemeinden untereinander – gerade auch im Oberbaselbiet – müssten noch enger zusammenarbeiten. Es werde zu viel gejammert, gerade auch im Oberbaselbiet, kritisiert Thomas Noack.
Will der 60-Jährige den Sprung in die Regierung schaffen, braucht er die Stimmen aus den grossen Gemeinden im Unterbaselbiet. Dafür habe er sich mit der Partei eine Strategie zurechtgelegt. Die Voraussetzungen dafür seien gut, weil er das Unterbaselbiet sehr gut kenne. «Ich bin in Binningen aufgewachsen und auch Bürger von Binningen. Ich wohnte längere Zeit in Ettingen und war Projektleiter der Arealentwicklung im Polyfeld in der Gemeinde Muttenz und Experte in der Regionalplanung der Birsstadt.»
Gefragt nach seinen Schwächen, sagt Thomas Noack zuerst, dass ihm eine Antwort schwerfalle. «Das tönt jetzt arrogant», merkt er mit einem Lächeln an. Doch er habe durchaus Schwächen. «Ich bin kein brillanter Redner, der die Leute einfach vom Hocker reisst.» Hingegen könne er gut erklären und argumentieren, was er als Gemeinderat an mehreren Bubendörfer Gemeindeversammlungen vor allem zu Finanzgeschäften unter Beweis gestellt habe.
Thomas Noack wirkt zumeist kontrolliert. Selber bezeichnet er sich als «rational». Das Poltern überlässt er lieber anderen. Doch wann kommt er aus sich heraus? Emotionen verspüre er beim Singen als Tenor im Kammerchor «SingBach». Der Chor, der in Liestal probt und Mitglieder aus der ganzen Region hat, singt ausschliesslich Werke von Johann Sebastian Bach. Noack kommt ins Schwärmen, wenn er an die zwei Konzerte um Ostern in Basel und Liestal zurückdenkt. «Die Matthäuspassion in der Passionszeit zu üben und zu singen war ein sehr spezielles Erlebnis.» Das Chorsingen sei für ihn «ein Abtauchen in eine ganz andere Welt».
Ähnlich viel Glück erlebt der SP-Landrat im eigenen Garten, wenn er die Wildhecke und den Teich pflegt und seine Frau sich um die 80 Rosenstöcke kümmert. Steht Noack politisch für ein modernes Rollenverständnis, geht es im Garten in Bubendorf noch traditionell zu. «Ich mache eher die schwereren Arbeiten, meine Frau schaut zu den Rosen.» Das Gemüse aus dem Garten essen sie aber beide gemeinsam, versichert Noack mit einem breiten Lachen. Das Glück, das ihm das Singen und der Garten bringt, ist dem möglichen künftigen Baselbieter Regierungsrat anzumerken.