Aufbereiten statt deponieren
10.05.2022 Baselbiet, Energie/Umwelt, Reigoldswil, Wirtschaft, BauprojekteRB AG rezykliert Abbruch- und Aushubmaterial
Die RB AG in Reigoldswil ist einer der schweizweit führenden Betriebe für das Recycling von Baustoffen und Aushubmaterialien. Sie erfüllt damit eine wichtige Aufgabe, die im Massnahmenpaket zur Förderung des Baustoffkreislaufs in der Region ...
RB AG rezykliert Abbruch- und Aushubmaterial
Die RB AG in Reigoldswil ist einer der schweizweit führenden Betriebe für das Recycling von Baustoffen und Aushubmaterialien. Sie erfüllt damit eine wichtige Aufgabe, die im Massnahmenpaket zur Förderung des Baustoffkreislaufs in der Region Basel festgehalten ist.
Thomas Faulstich
Im Rahmen einer von Swiss Recycling – dem Dachverband der in der Recyclingbranche tätigen Organisationen und Firmen – organisierten Fachtagung haben rund 150 Fachleute aus der ganzen Schweiz die Anlagen der RB AG Reigoldswil besichtigt. Die AG wurde Anfang dieses Jahres offiziell gegründet. Geschäftsführer Samuel Zurfluh hat aber bereits unter dem Namen der elterlichen Baufirma Anton Zurfluh AG vor rund zehn Jahren begonnen, sich mit der Wiederverwertung von Aushubmaterial und Material aus dem Rückbau von Strassen und Gebäuden zu befassen.
Die RB AG rezykliert heute pro Jahr bis zu 60 000 Tonnen Material, was 2000 Lastwagenladungen entspricht. Die Anlagen des Unternehmens haben eine Kapazität für rund 77 000 Tonnen. Damit wird wertvoller Deponieraum gespart und der Abbau von Rohstoffen wie Sand und Kies reduziert.
Das Potenzial ist enorm: Gemäss der regierungsrätlichen Vorlage an den Landrat zum «Massnahmenpaket zur Förderung des Baustoffkreislaufs in der Region Basel» fallen allein im Baselbiet jährlich rund 1 Million Tonnen Material aus Aushüben und Rückbauten an, die nach wie vor zum grössten Teil deponiert werden.
Gemäss Samuel Zurfluh entfallen heute rund 60 Prozent der Tätigkeit seines Unternehmens auf die Trennung und Klassierung von Aushub- und Rückbaumaterial. Das angelieferte Material könne dabei je nach Herkunft und Beschaffenheit bis zu 98 Prozent wiederverwendet werden. Dabei wird das Material gewaschen, klassiert und nach Grösse sortiert. Von feinem Sand, über Kies in verschiedenen Körnungen bis zu groben Steinen wird das Material getrennt zwischengelagert. Wieder eingesetzt werden die einzelnen Fraktionen entweder als Unterlagsund Schüttmaterial beim Hoch- und Strassenbau oder finden in der Betonproduktion Verwendung.
Betonrecycling als neuer Bereich
Bereits seit einigen Jahren entwickelt sich im Beton-Recycling ein neues Geschäftsfeld. Samuel Zurfluh hat vorausschauend in die heutige Anlage investiert. In dieser werden die angelieferten Betonstücke aufgebrochen, von Armierungseisen getrennt, gewaschen und anschliessend zu den benötigten Korngrössen gemahlen. Je weniger Fremdstoffe mit angeliefert werden, desto einfacher und damit auch günstiger werde der Prozess.
Nicht möglich sei der Wiedereinsatz von Beton, der mit Gips verunreinigt ist. Solcher Beton würde später bei Feuchtigkeit aufquellen, was zu erheblichen Bauschäden führen würde, sagt Zurfluh.
Mit dem vom Landrat am 7. Januar verabschiedeten Massnahmenpaket wurden Änderungen des Raumplanungs- und Baugesetzes und des Gesetzes über den Denkmal- und Heimatschutz beschlossen. Durch diese Änderungen wird zum einen die Wiederverwertung von Materialien aus Rückbauten mittels einer neuen Rückbaubewilligung gefördert und zum andern mittels einer Selbstverpflichtung des Kantons die Verwendung von Recycling-Baustoffen bei eigenen Bauprojekten eingeführt. Die Gesetzesänderungen treten demnächst in Kraft. Für die RB AG sind diese Bestimmungen eine Bestätigung des eingeschlagenen Wegs.
Beton ist nicht gleich Beton. Dies gilt auch für den Recycling-Beton. Entsprechend dem Verwendungszweck kann neuem Material mehr oder weniger viel Recycling-Material beigemischt werden. Bei Betonböden und Ummantelungen ist reiner Beton mit bis zu 100 Prozent rezyklierten Zusatzstoffen wie Beton- und Mischgranulat möglich, erklärt der Fachmann. Muss Beton hingegen verschalt und vibriert werden, sinkt der Recycling-Anteil je nach Anforderungen auf bis zu 20 Prozent. Dies ist auch der Mindestanteil, der gemäss geltenden Normen nötig ist, damit Beton noch als Recycling-Baustoff bezeichnet werden kann.
Eigenes Wasser, eigener Strom
Für das Recycling werden erhebliche Mengen an Wasser und Energie benötigt. Die grossen Mengen an Brauchwasser für die Reinigung der angelieferten Materialien stammen heute vollständig aus gesammeltem Meteorwasser, das in eigenen Reservoiren mit einer Kapazität von 656 Kubikmetern gesammelt wird. Im Betrieb verwendetes Wasser wird aufgefangen, gereinigt und wieder in den Kreislauf zurückgeführt. Der ganze Betrieb läuft ohne Anschluss an die kommunale Wasserversorgung und kann damit ohne nennenswerte Probleme auch bei Wasserknappheit in trockenen Sommern betrieben werden.
Für die Stromversorgung ist eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 430 000 kWh geplant. Damit kann der Stromverbrauch theoretisch zu 50 bis 60 Prozent gedeckt werden. Wie allfällige Überschüsse in Randzeiten und an den Wochenenden eingesetzt werden, ist noch Gegenstand laufender Überlegungen. Dabei steht auch die Umwandlung zu Wasserstoff für den Betrieb der Fahrzeugflotte oder von Generatoren zur Rückgewinnung von Strom im Fokus. Neben ökologischen spielen hier stets auch ökonomische Überlegungen eine entscheidende Rolle.
Zurzeit sind die Kosten für das gewonnene Recycling-Material oft noch höher als diejenigen für Primärmaterialien. Der gemäss Kalkulation notwendige Verkaufspreis kann daher nicht immer erzielt werden. Um den Recycling-Baustoffen mehr Auftrieb zu verleihen, wünscht sich Zurfluh daher auch ein Umdenken bei Bauherren, Ingenieuren und Architekten.
Um die Prozesse bei der Wiederaufbereitung zu vereinfachen, wünscht sich Samuel Zurfluh zudem eine umfassendere Sichtweise bei der Gestaltung von Bauvorschriften, sodass der Einsatz gewisser Verbundstoffe, die eine Wiederverwendung teilweise verunmöglichen, grundsätzlich verboten werden.