Teils lasche Kontrollen in Beizen
14.01.2022 Baselbiet, Gastronomie, Gesundheit
Janis Erne
«Zertifikat und Ausweis, bitte!» Freundlich, aber bestimmt wurden letzten Freitag alle Besuchenden der Sissacher Bar «Lounge 11» von einem Sicherheitsmann aufgefordert, ihr Covid-Zertifikat und einen Personalausweis vorzuweisen. Bekanntlich ...
Janis Erne
«Zertifikat und Ausweis, bitte!» Freundlich, aber bestimmt wurden letzten Freitag alle Besuchenden der Sissacher Bar «Lounge 11» von einem Sicherheitsmann aufgefordert, ihr Covid-Zertifikat und einen Personalausweis vorzuweisen. Bekanntlich müssen Gastrobetriebe auf Anordnung des Bundes seit dem 20. Dezember die 2G-Regel durchsetzen – Zutritt haben nur geimpfte und vom Virus genesene Personen. Für einige Gastrobetriebe bedeutet die Pflicht zur Zertifikatsüberprüfung einen erheblichen finanziellen Aufwand.
Ungefähr 5500 Franken pro Monat zahlt Alain Goepfert für das Sicherheitspersonal, das seine Gäste kontrolliert. Aktuell erhält der Geschäftsführer der «Lounge 11» für diese Mehrkosten, wie auch für die Umsatzeinbussen aufgrund der 2G-Regel, keine Entschädigung. Der Kanton beschäftige sich aber mit der Ausarbeitung einer neuen Härtefall-Regelung für die Gastrobetriebe, erklärt Fabienne Ballmer, Geschäftsführerin und Co-Präsidentin des Branchenverbands Gastro Baselland, auf Anfrage. Noch unklar seien die Modalitäten und der Zeitpunkt der Auszahlungen.
Ballmer findet, dass auch der Mehraufwand für die Kontrollen des Covid-Zertifikats entschädigt werden soll: «Wegen der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Massnahmen kämpft mehr als die Hälfte der Baselbieter Gastrobetriebe mit deutlichen Umsatzeinbussen.» In vielen Beizen blieben die Gäste weg. Entweder haben die Leute Angst, sich in Innenräumen zu infizieren, oder sie dürfen ein Restaurant aufgrund der 2G-Regel nicht besuchen. Probleme mit Gästen, die sich den Corona-Massnahmen widersetzen, hatte zumindest Alain Goepfert noch keine.
Im Visier der Behörden
In Goepferts «Lounge 11» scheint die 2G-Regel befolgt zu werden. Doch das ist längst nicht in allen Baselbieter Gastrobetrieben der Fall. Von mehreren Quellen wurde der «Volksstimme» zugetragen, dass gewisse Beizen das Zertifikat ihrer Gäste nicht oder nur ungenügend kontrollieren würden. Aufgrund dieser Meldungen unternahmen wir eine Beizentour in der Umgebung von Sissach. Besucht wurden insgesamt zwölf Betriebe, wobei sich darunter jeweils drei Restaurants, Schnellimbisse, Cafés und Bars befanden. Zudem wurden Gastronomiebetriebe unterschiedlicher Grösse und Preisklasse ausgewählt.
Die Bilanz fällt durchzogen aus: Zwar haben sieben Betriebe sowohl das Zertifikat als auch einen Ausweis kontrolliert. Doch drei Betriebe wollten den Ausweis und zwei Beizen das Zertifikat nicht sehen. Zu den fehlbaren Betrieben gehören Restaurants, Schnellimbisse, Cafés und Bars. Ein Imbiss kontrollierte trotz enger Platzverhältnisse und regen Gästeaufkommens über den Mittag weder das Zertifikat noch den Ausweis. Aufgrund monatelanger persönlicher Erfahrung des Autors kann gesagt werden, dass Bäckereien die Überprüfungen stets korrekt durchführen. Zudem lässt sich feststellen, dass die Corona-Massnahmen in Lokalen höherer Preissegmente konsequenter eingehalten werden.
Das Ergebnis, wonach das Zertifikat in zwei von zwölf besuchten Lokalen nicht kontrolliert worden sei, «erstaunt» Roman Häring vom Kantonalen Krisenstab: «Der Kanton hat in den vergangenen Monaten Kontrollen im knapp vierstelligen Bereich durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass sich das Gros der Gastrobetriebe an die geltenden Vorschriften bezüglich Zertifikatspflicht und der entsprechenden Kontrolle hält.» Gewillt zu handeln, erkundigten sich die Behörden bei der «Volksstimme» nach den fehlbaren Gastronomen (die Redaktion gab keine Namen heraus).
Eine Schliessung, drei Verzeigungen
Die zum Teil mangelhafte Zertifikatsüberprüfung ortet Fabienne Ballmer im Personalmangel, mit dem die Gastronomie zu kämpfen habe. Trotzdem rät sie ihren Mitgliedern nachdrücklich, die Corona-Massnahmen korrekt umzusetzen. Die Verantwortlichen der Gastrobetriebe sollten sich Ballmers Appell zu Herzen nehmen, denn eine ungenügende Zertifikatskontrolle kann zu einer Verzeigung durch den Kanton führen.
Gemäss Krisenstab-Sprecher Roman Häring sind im Baselbiet bislang drei Betriebe verzeigt worden.Beim nach mehrmaliger Rüge von den Behörden Anfang Dezember geschlossenen Sissacher Café Bistro «Cheesmeyer» handle es sich um einen Einzelfall im Baselbiet. Dass es bislang keine weiteren Schliessungen gegeben hat, ist laut Häring auf den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zurückzuführen: «Eine Betriebsschliessung als härteste Sanktion ist nur in Betracht zu ziehen, wenn sämtliche Ermahnungen fehlschlagen und der Betriebsverantwortliche sich in systematischer und fortgesetzter Weise weigert, die Covid-Regelungen ordnungsgemäss umzusetzen.» Die Devise lautet also: Kontrollieren statt Opponieren.